Auch wenn Dekan Dr. Gerhard Hausmann sein Leben für recht normal hält, gab es doch allerlei Punkte, über die seine Zuhörer im Erzähl-Café nur staunen konnten. So hat er nie ein Predigerseminar von innen gesehen (war stattdessen wissenschaftlich tätig) und die Entscheidung, im Jahr 2001 als Dekan nach Bad Neustadt zu gehen, traf er blind – ohne seine künftige Wirkungsstätte vorher gesehen zu haben.
Damit wäre zumindest schon einmal geklärt, wie man aus Mittelfranken, dem Kernland der Reformation, in die Diaspora gelangt. Unter dieses Motto hatte Dekan Hausmann seine Erzählung gestellt. Seine Lebensgeschichte begann 1947 in Nürnberg, in einer Stadt mit großer Tradition. Das geschichtsträchtige Umfeld prägte den jungen Gerhard, gerne schaute er sich in den Museen um. Stark beeinflusst hat ihn auch der Großvater mit seinem großen Bücherschrank. So ging vor elf Jahren in Bad Neustadt das Gerücht um, der neue Dekan habe 20 Tonnen Bücher – tatsächlich waren es „nur“ zwei Lkw-Anhänger.
Ökumene lernte Gerhard Hausmann von Kindesbeinen an, der Vater war katholisch, die Mutter evangelisch, für den Sohn begann die kirchliche Sozialisation bereits im evangelischen Kindergarten, der in der Nachkriegszeit noch unter dem Dach des Pfarrhauses untergebracht war. Nachdem der Vater Diplom-Ingenieur bei Siemens war, fühlte sich Dekan Hausmann bei den Bad Neustädter Siemens-Nöten der vergangenen Jahre doppelt solidarisch.
Der Alternative Latein, Deutsch und Geschichte fürs Lehramt zu studieren zog Hausmann nach dem Abitur dann doch das Theologiestudium vor, das er an mehreren Orten betrieb, um möglichst viele verschiedene theologische Positionen kennenzulernen. So waren Neuendettelsau, Zürich, Tübingen, Göttingen – hier lernte er seine Frau kennen – und Erlangen seine Stationen. Das Examen legte er in Ansbach als Bester seines Jahrgangs ab.
Bevor Hausmann an der Augusta- na-Hochschule in Neuendettelsau für sieben Jahre theologischer Assistent wurde, hatte er für drei Monate Zeit in Sulzbach-Rosenberg Erfahrungen im Gemeindeleben zu sammeln. In Neuendettelsau kam 1978 der Sohn zur Welt, der so sehr zum Hochschul-Campus gehörte, dass er im zarten Alter von fünf Jahren zum „Mister Augustana“ gewählt wurde.
Die Möglichkeit Gemeindeleben und wissenschaftliche Arbeit miteinander zu verbinden bot sich Hausmann im mittelfränkischen Weidenbach, das zur Verwaltungsgemeinschaft Triesdorf gehört und stark landwirtschaftlich geprägt war. „Im September durfte niemand sterben, da war Apfelernte“, beschrieb Hausmann die Anforderungen, die sogar der Pfarrgarten bereithielt. Sehr persönlich war der Kontakt in der Gemeinde Weidenbach, zum Jahrespensum gehörten 300 Geburtstagsbesuche. Hausmanns Urlaubsprogramm sah vor, dass er Klausuren und Examensarbeiten korrigierte.
Obwohl sich Hausmann in 18 Jahren in Mittelfranken bestens etabliert hatte, ging er auf die Anfrage des Regionalbischofs ein und bewarb sich für das Dekanat Bad Neustadt, das auf einen Nachfolger für Siegfried Henkel wartete. Noch vor seinem Antrittsgottesdienst am 16. September 2001 bewogen ihn die Ereignisse des 11. September zwei Tage später einen Gedenkgottesdienst zu halten.
In der Diaspora angekommen bemühte sich Dekan Hausmann das ökumenische Klima mit gemeinsamen Gottesdiensten oder ökumenischen Wanderungen zu gestalten. Der alte Mensch im ländlichen Raum ist ein Thema, das Hausmann auch in den Kommissionen der Landeskirche beschäftigt. Zu seinem prall gefüllten Terminkalender tragen die Vorträge bei, die er auch bayernweit im Rahmen der Erwachsenenbildung hält und gerne mit Studienfahrten kombiniert.
Im Ruhestand, der für Hausmann am 1. Dezember beginnt, wird er der Region als Vorsitzender des Erwachsenenbildungswerks Bad Neustadt noch über zwei Jahre verbunden bleiben. Verstärkt möchte er sich mit ungarischer Kirchengeschichte beschäftigen, schließlich wird seine Frau weitere fünf Jahre Theologieprofessorin in Budapest sein.