Kann man ein Leben von 70 Jahren in ein paar Zeilen unterbringen? Bei Karl-Hermann Reich, der an diesem Dienstag seinen 70. Geburtstag feiert, fällt das schwer – gemäß dem Sprichwort: „Dem Jubilar recht getan, ist eine Kunst, die (fast) niemand kann“. Gemeint ist damit der Versuch, das Lebenswerk dieses Mannes nachzuzeichnen. Denn Karl-Hermann Reich wird als Vorzeigeunternehmer, als Förderer seiner Heimatstadt und als Mensch mit einem ausgeprägten sozialen Engagement gewiss viele Seiten in der Stadtgeschichte von Mellrichstadt füllen.
Als Fabrikantensohn am 6. Februar in Mellrichstadt geboren, hat sich der studierte Wirtschaftsingenieur 1976 im Familienunternehmen Reich ans Werk gemacht. Mit Weitblick, innovativen Ideen, Mut und Herz hat er es geschafft, dass sich die Reich GmbH als Premium-Lieferant einen exzellenten Ruf in der Automobilindustrie erworben hat. So profitieren von den positiven Impulsen, die vom Unternehmen Reich ausgehen, die Stadt Mellrichstadt (zum Beispiel durch die Gesamtarchitektur des Unternehmens im Stadtbild) wie auch die Menschen dieser Region (Reich ist einer der größten Arbeitgeber). Die Zahl der Mitarbeiter ist stetig gewachsen, die Reich-Gruppe hat die 1000er-Schwelle bei der Zahl der Beschäftigten übertroffen – zusammengerechnet an den beiden Standorten, dem Hauptsitz in Mellrichstadt und der Produktionsstätte Reich LLC in Asheville/North Carolina in den USA.
Die soziale Ader von Karl-Hermann Reich ist sprichwörtlich. Er greift Menschen unter die Arme, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Für das Modell-Projekt der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld, das Senioren-Wohnheim für Behinderte am Hainberg, hat er eine sechsstellige Summe beigesteuert. Darüber hinaus ist ihm die Karl-Reich-Stiftung eine Herzensangelegenheit, die Projekte wie Technik in den Schulen, Einrichtungen in Kindergärten oder kulturelle Initiativen unterstützt. Dabei soll es nicht bleiben: Denn Karl-Hermann Reich strebt heuer eine massive Aufstockung des Stiftungsvermögens an.
Der Freudentag wird für den Jubilar vollkommen sein, wenn das jüngste Mitglied der Reich-Familie, Enkelin Pauline, dem Großpapa ein Lächeln zum Geburtstag schenkt. Und er hat weiter Grund zur Freude beim Blick voraus: 2019 feiert das Familienunternehmen Reich das 100. Gründungsjubiläum. Zum 65. Geburtstag hatte Karl-Hermann Reich einen Traum, den er sich noch erfüllen wollte: Einmal die Welt von oben sehen. Wir fragen nach: Hat er sich erfüllt?
Frage: Die sieben Jahrzehnte sind voll – was macht Ihr Plan vom Ausflug ins Weltall?
Karl-Hermann Reich: Der Plan, ins Weltall zu fliegen, wurde bis jetzt von mir leider nicht umgesetzt. Aber „aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben“, und wenn es virtuell ist. Ins Weltall zu den Sternen blicke ich oft.
Gilt für Sie im Ruhestand das Motto: „Endlich tun, wovon ich immer geträumt habe?“ Oder anders gefragt: Was macht der geborene Unternehmer, wenn er nichts mehr zu leiten hat?
Reich: Ruhestand gibt es für mich als fast 40-jährigen Unternehmer eigentlich nicht. Ich habe mich zwar aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, stehe aber, wenn gewünscht, aufgrund meiner Erfahrung meinen Kindern und meinen leitenden Angestellten immer zur Verfügung.
Wöchentliche Treffen finden nicht statt, da ich es für Quatsch halte. Die leitenden Angestellten sollen ruhig auch mal leiden.
Wenn Sie im Rückblick auf Ihre unternehmerische Verantwortung in vier Jahrzehnten schauen, worauf sind Sie besonders stolz? Und an welche Momente denken Sie immer gerne zurück?
Reich: Ich blicke sehr gerne auf meine unternehmerische Verantwortung in vier Jahrzehnten zurück und bin stolz, mit meinen Mitarbeitern ein unangreifbares Unternehmen mit höchster Wertschöpfung, weltweit operierend, geschaffen zu haben. Außerdem bin ich als „Kampfsau“ bekannt, als einer, der eigentlich nie aufgibt. Sehr gerne denke ich auch an die vielen Qualitätsauszeichnungen, die wir von unseren großen Abnehmern immer wieder erhalten und auch nach meiner Tätigkeit wieder bekommen haben, zurück und bin sehr stolz darauf.
Karl-Hermann Reich hat immer was zu sagen, wenn es um die Große Politik, Wirtschaftsthemen oder Gesellschaftsfragen geht. Briefe und Mails an Regierungschefin Angela Merkel ebenso wie an Bayerische Staatsminister oder Staatssekretäre sind gar nicht selten. Gibt es Antworten aus dem Kanzleramt und den Ministerien?
Reich: Die Beteiligung an wirtschaftspolitischen Dingen der BRD werde ich nach wie vor wahrnehmen (ich war schließlich 18 Jahre im Stadtrat der Stadt Mellrichstadt). Unser Unternehmen betrachte ich auch als gesellschaftspolitisches Highlight für die Mitarbeiter und das Umfeld im nördlichen Unterfranken. Antworten von Bundeskanzlerin Merkel fehlen weitestgehend, was mich schon sehr enttäuscht. Aus bayrischen Ministerien beziehungsweise von Staatssekretären gibt es schriftliche Antworten sowie persönliche Begegnungen.
Donald Trump hat Twitter. Welches Medium nutzen Sie, um sich der Welt mitzuteilen?
Reich: Ich benutze heute noch den Stammtisch in verschiedenen Lokalitäten, wo ein persönliches Gespräch quasi mit allen Bevölkerungsschichten stattfindet. Diese Gespräche werden aber auch im Gegensatz zu Trump meist 1:1 umgesetzt und sind keine heiße Luft mit Kuchenkrümeln. Allerdings nutze ich auch sehr intensiv WhatsApp.
Zu guter Letzt eine einfache Frage: Wie oft, glauben Sie, Luft holen zu müssen, um die 70 Kerzen auf der Geburtstagstorte auszupusten?
Reich: 7 betrachte ich als meine Glückszahl, und ich glaube, dass ich es unter 7-mal Luftholen schaffen werde.
Zur Person: Karl-Hermann Reich
Der Mellrichstädter Unternehmer ist seit fast 40 Jahren mit seiner Frau Karin verheiratet und stolz auf seine Familie mit den drei Kindern. Der älteste Sohn Karl-André und die ältere Tochter Nina sind in seine Fußstapfen als Geschäftsführer der Firma Reich GmbH getreten und leiten sie in der vierten Generation. „Dies ist heutzutage nicht selbstverständlich“, sagt Karl-Hermann Reich zum geglückten Generationenwechsel.
Der Jubilar betrachtet sein Großvater Karl Reich sowie seinen Großonkel Franz Reich als seine großen Vorbilder. Sie haben die Firma im Jahr 1919 gegründet und praktisch nach dem Krieg mit seinem Vater Hans Reich und seinem Onkel Heinrich Reich wieder in alter Größe aufgebaut. „Als ich im Jahr 1976 in die Firma Reich eingetreten bin, habe ich sie mit meinen damaligen und heutigen Mitarbeitern zur heutigen bedeutenden Größe aufgebaut“, so Karl-Hermann Reich. Im Jahr 2010 wurde sogar ein Zweigwerk in den USA in Asheville, North Carolina, eröffnet. „Das Wachstum ist aber noch nicht zu Ende“, sagt der Seniorchef, und fügt an: „Ich bin da ein sehr realistischer Optimist.“
Anna-Lisa, die jüngste Tochter, hat in Freiburg Kindererziehung studiert und ist dort in ihrem erlernten Beruf noch tätig, wird aber in absehbarer Zeit nach Mellrichstadt zurückkehren.