
Einen ganz besonderen Anlass galt es heuer, bei der Höchheimer Kirmes zu feiern: Seit nunmehr 25 Jahren gehen die Feierlichkeiten im Bierzelt über die Bühne.
Bis 1986 feierten die Burschen und Mädchen im Tanzsaal des Gasthauses „Zur guten Quelle“. Nach der Schließung der traditionsreichen Gaststätte musste man sich nach neuen Räumlichkeiten umsehen. 1987 wurde daher erstmals eine „Zeltkirchweih“ gefeiert.
Zum silbernen Jubiläum der Zeltkirchweih hatten sich zahlreiche Burschenvereine und Kirmesgruppen aus dem fränkischen und thüringischen Grabfeld angesagt. Die Gratulantenschar formierte sich zu einem imposanten Festzug durch den Milzgrundort. Anschließend wurde im Festzelt das Jubiläum mit Musik und Tanz würdig gefeiert.
Nach dem Umzug am Kirchweihmontag wurde auf dem Festplatz die Kirmespredigt vorgetragen. Dabei werden heitere Episoden aus dem Dorfleben erzählt. Damit sich die im Dialekt vorgetragenen Verse auch reimen, und die Pointen gut „rauskommen“, wird auch mal was dazugedichtet, was vielleicht nicht ganz der Wahrheit entspricht. Hauptsache ist, dass das Publikum viel zu lachen hat und kräftig mit Applaus dankt.
Nicht alles aus der Predigt darf also streng beurteilt werden. „Nur Laien sind wir, keine Dichter, dazu fehlt uns die Muße, und sind die Verse schrecklich hier, dann sei so gut: Mach Du'se!“ Dies stellte vorab der diesjährige Kirmesprediger Jonas Werner klar. Ältere Dorfbewohner erzählen, dass die Kirmespredigt früher vom Bürgermeister im Vorfeld gelesen und auf unsachliche Äußerungen überprüft wurde. Heutzutage findet sich nur der Hinweis des Predigers: „Wir achten die Personen und wollen niemanden kränken und sagen wir die Wahrheit schon, wer wird uns Glauben schenken?“
Unter anderem wurde heuer von einem Mann erzählt, der zum ersten Mal in seinem Leben sich eine Fingernagelmaniküre gönnte. Durch ein Missverständnis ging der Gute davon aus, dass dies für fünf Euro zu haben sei. Er staunte dann nicht schlecht, als ihm die tatsächliche Rechnung präsentiert wurde. Der erste Termin des Mannes bei der Nagelpflege war sicher auch sein letzter....
Aber auch allgemeine Themen rund ums Dorf wurden durch den Kakao gezogen. Unter anderem bekamen die Flachwasserzone, das Höchheimer Burggut und der geplante Windpark ihren Senf ab.
Der Umzug durch das Dorf hat Symbolkraft. Dabei ziehen die Mädchen an einem Seil, an dessen Ende eine Schubkarre befestigt ist.
Der Karren wird von einem Burschen gelenkt. Dieser hat die Mädchen zu „bändigen“. Denn ihre Ausbrechversuche stellen der Überlieferung zufolge den Versuch dar, sich woanders einen Freund zu suchen. Diese Ausreißversuche will der Bursche am Schubkarren natürlich verhindern und stemmt sich mit aller Kraft dagegen. Christoph Balling hatte heuer diese Knochenarbeit zu bewältigen.
In die Rolle des Bojazz schlüpfte heuer Alexander Amthor. Seine Aufgabe ist es, Darsteller und Akteure aus der Kirmespredigt im Publikum aufzuspüren und „auszuklingeln“. Dies kann mitunter ganz schön peinlich sein, vor allem wenn man im gleichen Jahr zweimal drankommt. Die meisten „Ausgeklingelten“ betrachten dieses Ritual allerdings mit Humor und besitzen die Freiheit, über sich selbst lachen zu können.