Einen Beitrag zur Artenvielfalt kann jeder leisten. Biodiversität fängt auf dem eigenen Balkon, im eigenen Vor- und Hausgarten und bei der eigenen Kübelpflanze auf der Eingangstreppe an. Nur eine Unterschrift für das Volksbegehren "Rettet die Bienen" geleistet zu haben reiche nicht aus. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber, der im Rahmen eines "Rhön-Tages" auch das Biodiversität-Zentrum in Bischofsheim besuchte, fand deutliche Worte. Zahlreiche Möglichkeiten gebe es im privaten Umfeld, um einen persönlichen Beitrag zur Artenvielfalt zu leisten. Der Verzicht auf Pestizide sei dabei ein wesentlicher Beitrag.
Zwei Schwerpunkte hatte der Ministerbesuch in Bischofsheim: Die Vorstellung des 2019 eingerichteten Biodiversitätszentrums, das unter Leitung von Antje Voll steht, sowie die Präsentation der neuen Broschüre "Wildbienen in Dörfern – Lebensweise, Arten, Gefährdung". Sie ist begleitend zu dem aktuellen Projekt "Wildbienen in fränkischen Dörfern" erschienen und gilt als erstes Projekt des Biodiversitätszentrums, das in Kooperation mit der Universität Würzburg umgesetzt wird.
Einrichtung nahe am Menschen
Dr. Christian Mikulla, der Leiter des Landesamts für Umwelt, stellte das Biodiversitätszentrum als eine Einrichtung nahe am Menschen vor. "Wir haben den Anspruch, das Zentrum fest in der Rhön zu verankern", betonte er und dankte Antje Voll für den überaus gelungenen Aufbau. Dank ihrer Tatkraft, ihres Engagements und vor allem ihrer den Menschen zugewandten Art sei es in kurzer Zeit gelungen, Menschen für das Zentrum zu begeistern. Fünf Mitarbeitende sind derzeit im Biodiversitätszentrum beschäftigt, weitere drei Stellen werden in Kürze ausgeschrieben.
Bayerns Umweltminister bezeichnete das Biodiversitätszentrum als ein "Zentrum für das Leben". Im Herzen von Bischofsheim werde die biologische Vielfalt der Heimat erforscht, erhalten, gefördert und vermittelt. Es sei eine Ideenschmiede für die Rhön und ganz Bayern in Sachen Natur- und Artenschutz. Das Biodiversitätszentrum schlage eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis. "Um Artenschutz zu betreiben ist es wichtig, in die Fläche zu gehen. Artenschutz funktioniert nur mit den Menschen vor Ort, mit den Flächeneigentümern", betonte der Minister. Ein Ministerium alleine könne Artenschutz nicht betreiben. Dazu brauche es die Akteure vor Ort. Was derzeit mit dem Biodiversitätszentrum in Bischofsheim entstehe, könne eine Blaupause für alle Landesteile sein. Denn Ziel sei es, in allen Regierungsbezirken solche Außenstellen der Vielfalt zu installieren.
Gravierender Rückgang an Insekten
Prof. Ingolf Steffan-Dewenter von der Universität Würzburg berichtete über den derzeitigen Stand des Wildbienenprojektes, das als Pilotprojekt des Biodiversitätszentrums gilt. Allein in den vergangenen 15 Jahren sei ein gravierender Rückgang an Insekten festgestellt worden. Von einem "dramatischen Verlust der Artenvielfalt", sprach Steffan-Dewenter. Die Gründe seien nicht in Gänze bekannt. Vermutet werde der Strukturwandel in den früher landwirtschaftlich geprägten Dörfern, wodurch vielfältige Lebensräume verloren gehen. Das Wildbienenprojekt befasse sich zum einen mit der Lebensweise und den Lebensräumen der noch vorhanden Arten. Andererseits sei es Ziel, neben der wissenschaftlichen Bestandsaufnahme Handlungsvorschläge zu erarbeiten, wie Artenvielfalt in den Dörfern verbessert werden könne.
In 40 fränkischen Dörfern, in der Rhön und in der Weinbauregion, werden fünf unterschiedliche Lebensräume untersucht: Bauerngärten, Hausgärten, öffentliches Grün, Brachflächen und Friedhöfe. Als erstes Ergebnis könne gesagt werden, dass die Friedhöfe die artenreichsten Lebensräume sind, gefolgt von den Bauerngärten. Friedhöfe haben eine zehnprozentige Blütendeckung, Hausgärten oft nur fünf Prozent und öffentliche Flächen 2,5 Prozent. Da gebe es noch deutlich Potenzial nach oben, was allerdings ein Umdenken erfordere. Mähen um Ordnung zu halten, bringe keinen ökologischen Nutzen und sei ein falscher ästhetischer Ansatz. Vielfach herrsche die Meinung vor: Es muss grün sein und darf nicht bunt sein. Hier sei noch viel Öffentlichkeitsarbeit notwendig, um zu sensibilisieren und aufzuklären.
Mit lobenden Grußworten für Antje Voll und allgemeinen Statements zum Thema Biodiversität und der Notwendigkeit, sich dem Schutz der Arten anzunehmen, ergänzten Bürgermeister Georg Seiffert und die Landräte Thomas Habermann und Thomas Bold die Veranstaltung. Da aufgrund der aktuellen Situation kein Kreuzbergbier ausgeschenkt und gemütliches Beisammensein möglich war, spendierte der Bürgermeister allen Gästen zum Abschied ein Eis auf dem Bischofsheimer Marktplatz.