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Wollbach
Umweltfreundliche Landwirtschaft statt Exportsubventionen
Europaabgeordneter Martin Häusling referierte vor 70 Interessierten in der Wollbacher Halle über die europäische Landwirtschaftspolitik.
Foto: Lena Wietheger | Europaabgeordneter Martin Häusling referierte vor 70 Interessierten in der Wollbacher Halle über die europäische Landwirtschaftspolitik.
Pressemitteilung
 |  aktualisiert: 27.10.2019 02:10 Uhr

Europaabgeordneter Martin Häusling plädiert für regionale Landwirtschaft statt Exportorientierung auf Kosten der Umwelt. Wie sehr schadet das Mercosur-Abkommen?

Die EU-Agrarpolitik war das Thema eines Vortrags, zu dem die Arge Biobauern der Öko-Modellregion Rhön-Grabfeld den Europaabgeordneten und Biobauern aus Hessen, Martin Häusling, eingeladen hatte. Klaus Zimmer, Biolandwirt aus Wollbach, führte 70 Teilnehmer in das Thema ein und stellte den Referenten kurz vor, der in Brüssel für Bündnis 90/die Grünen sowohl im Agrar- als auch im Umweltausschuss sitzt.

Die Projektmanagerin der Öko-Modellregion, Corinna Ullrich, die den Vortrag und die anschließende Diskussion moderierte, betonte dabei, dass der Rahmen, der durch europäische Politik gesetzt werde, entscheidend sei. Das gelte für Ökolandbau, Naturschutzmaßnahmen und regionale Wertschöpfung. Der Großteil der Fördermittel und Subventionen komme schließlich von der EU. Um genau dieses Thema zu beleuchten, war Martin Häusling angereist. Er ging auf die Ausrichtung der neuen Förderperiode der GAP (gemeinsamen europäischen Agrarpolitik) und das Mercosur-Abkommen ein.

Wettbewerb nach unten

Rund 30 Milliarden Euro würden in der nächsten siebenjährigen Förderperiode der GAP insgesamt an Deutschland fließen. Dass die Bevölkerung den Wunsch habe, die Auszahlung dieser Gelder an bestimmte Leistungen im Bereich Umwelt- und Naturschutz zu binden, sei verständlich, so Häusling. In Deutschland komme etwa die Hälfte des Einkommens der Landwirte aus Subventionen. Doch den Landwirten wäre es eigentlich lieber, laut Häusling, einen höheren Preis für ihre Produkte zu erzielen als am „Tropf“ der Subventionen zu hängen.

Die Hoffnung, dass in der neuen Förderperiode der GAP vermehrt Umwelt- und Naturschutzleistungen der Landwirte honoriert würden, gehe wohl nicht auf. Im Gegenteil: So soll im neuen Modell der GAP bei der Gestaltung der an Umweltleistungen gebundenen Zahlungen mehr Entscheidungsfreiheit an die Mitgliedsstaaten zurückgegeben werden. Die Maßnahmen für die Landwirte sollen freiwillig werden, was dazu führen könnte, dass in sehr intensiv bewirtschaften Gebieten auch künftig kaum Maßnahmen für Natur und Umwelt umgesetzt würden. Aufgrund der Nichtverpflichtung könne ein „Wettbewerb“ nach unten, zu weniger Umweltleistungen stattfinden.

Häusling sprach sich dafür aus, von den Flächensubventionen wegzukommen. In Mecklenburg-Vorpommern würden inzwischen 40 Prozent der Zahlungen an Grundbesitzer gehen, die mit Landwirtschaft nichts zu tun haben. Die Folge seien steigende Pachtpreise und nicht höhere Umwelt- und Naturschutzleistungen. Flächenförderung, die nicht oder kaum an Umweltauflagen gebunden ist, sei im Grunde eine indirekte Exportförderung. Die EU und weitere große Agrar-Flächenländer subventionieren so die Landwirtschaft. Die billigen Produkte zerstörten dann die Märkte der Länder, die eine schwächere Finanzkraft haben. So sei unsere Subventionierung der Landwirtschaft indirekt mitverantwortlich für die Zerstörung der Lebensgrundlage der Kleinbauern in Entwicklungsländern. In diesem Zuge kritisierte Häusling auch den Bauernverband auf EU-Ebene, der in Brüssel vorwiegend die Interessen der Agrarindustrie, nicht der bäuerlichen Familienbetriebe vertrete.

Grundgerüst unverändert

Ein Lichtblick in Bezug auf die Gestaltung der nächsten Förderperiode der GAP sei, dass der neue Agrarkommissar aus Polen, Janusz Wojciechowski, den Ökolandbau für wichtig hält und fördern möchte. In ihrem Grundgerüst werde die Agrarreform für den kommenden Förderzeitraum allerdings kaum geändert werden.

In Bezug auf das Mercosur-Abkommen, dem Freihandelsabkommen mit Südamerika, sind sich alle Akteure der Landwirtschaft – auch der Bauernverband –  einig, dass es für die europäischen Landwirte nur Nachteile haben wird. 100 000 Tonnen Rindfleisch sollen künftig jährlich aus Südamerika in den europäischen Markt eingeführt werden. Dafür müssten 600 000 Tausend Hektar Land für die Viehhaltung bereitgestellt werden. Mit einem Programm der brasilianischen Regierung zur Landgewinnung werde gerade eine Landfläche von der doppelten Größe Deutschlands für die Viehhaltung vorbereitet. Es sei also, so Häusling, kein Wunder dass die Wälder brennen.

Für Rhön-Grabfeld wichtig

Auch die Behauptung, dass das Rindfleisch unseren Qualitätsstandards entspreche, sei unhaltbar. Immerhin sind in Brasilien kürzlich 30 Pestizide zugelassen worden, die bei uns unter absolutem Verbot stehen. Leider, so Häusling, sei dies auch im wirtschaftlichen Interesse unserer Industrie.Frankreich und Irland haben sich gegen das Mercosur-Abkommen ausgesprochen. Es bleibe zu hoffen, dass diese sich nicht durch eine finanzielle Entschädigung umstimmen lassen – und dass weitere Länder dem Abkommen ein Nein erteilen.

Nach einer intensiven Diskussion im Anschluss an den Vortrag, resümierte Corinna Ullrich, dass gerade für Rhön-Grabfeld eine gute Ausstattung der zweiten Säule mit Fördergeldern enorm wichtig sei, da der Landkreis schon jetzt bayernweit nahezu die meisten Gelder für Agrarumweltprogramme bezieht und an die Landwirte auszahlt.

 
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