Was Standorte für Freiflächen-Photovoltaikanlagen betrifft, hat sich die Stadt Mellrichstadt in der Vergangenheit recht zurückhaltend gezeigt. Laut Bürgermeister Michael Kraus war das Stadtgebiet für Investoren aufgrund des Abstands zur nächsten Hochspannungsleitung bislang auch wenig interessant. Nun planen die Energieallianz Bayern und das Überlandwerk (ÜW) Rhön zwei große Anlagen bei Roßrieth. In der Stadtratssitzung stellten die Geschäftsführer beider Unternehmen die Projekte vor.
Wie Joachim Schärtl informierte, sind die vorgesehenen Flächen im Bereich von Roßrieth sowie an der A 71 zwischen Sondheim/Grabfeld und Roßrieth bereits gesichert. Sprich: Die Pachtverträge sind abgeschlossen. "Planerisch ist also jetzt die Basis da, um die Projekte weiterzuentwickeln", so Schärtl, der gemeinsam mit Roland Göpfert die Geschäfte des kommunalen Energieversorgers führt.
Die Energieallianz ist Projektentwickler für das Überlandwerk
Hier kommt die Energieallianz Bayern ins Spiel. Das Überlandwerk Rhön ist an der Energieallianz beteiligt. Insgesamt sind 46 mittelständische Versorger und Stadtwerke in dem Zusammenschluss gebündelt, informierte Geschäftsführer Ulrich Geis die Stadtratsmitglieder. Die Kooperationsgesellschaft setzt Projekte rund um erneuerbare Energien für die Partner um. Die Freiflächen-Photovoltaikanlagen im Stadtgebiet von Mellrichstadt werden mit dem Überlandwerk entwickelt, die anderen Gesellschafter können hier investieren, zeigte er auf.
"Die Energieallianz ist unser hauseigener Projektentwickler", machte Joachim Schärtl deutlich. Bei der Planung und Umsetzung von Photovoltaikanlagen und Windparks sei die Allianz von der Entwicklung bis hin zum Betrieb der Anlagen federführend. "Wir arbeiten nicht für externe Investoren, sondern ausschließlich für unsere Gesellschafter", verdeutlichte Ulrich Geis.
Anlagen können zusammen 133 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen
Die Ausmaße der beiden geplanten Anlagen sind beträchtlich. Auf einer Fläche von 88 Hektar bei Roßrieth und weiteren 45 Hektar entlang der Autobahn zwischen Roßrieth und Sondheim/Grabfeld sollen Solarpanels aufgestellt werden. Damit können 133 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugt werden, hieß es vonseiten der Projektplaner. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Haushalt mit zwei bis drei Personen verbraucht etwa 3500 Kilowattstunden im Jahr, sagte ÜW-Geschäftsführer Roland Göpfert auf Anfrage dieser Redaktion.
Nach Absprache mit dem vorgelagerten Netzbetreiber – in dem Fall die Bayernwerk Netz GmbH oder die Thüringer Energienetze GmbH – soll an geeigneter Stelle ein Umspannwerk für den Anschluss an ein 110-kV-Netz errichtet werden, wenn die Stadt Mellrichstadt dem Vorhaben zustimmt und ein Bauleitverfahren initiiert. Die Flächen entlang der Autobahn sind privilegiert, das heißt, das Einverständnis der Kommune für den Standort ist nicht erforderlich.
Keine weiteren Entwicklungsflächen in Mellrichstadt im Blick
Weitere Flächen für Anlagen rund um Mellrichstadt bieten sich laut Überlandwerk Rhön nicht an. "Wir haben uns natürlich die Kommune im Ganzen angeschaut. Aber die Flächen im Westen sind Landschaftsschutzgebiet und fallen damit weg", erläuterte Joachim Schärtl. Zudem machen Regelungen in puncto Abstände zu den Ortschaften und FFH-Gebiete weitere Planungen schwierig. "Und zu guter Letzt müssen ja auch die Eigentümer mitspielen."
Auf Nachfrage von Evi Stäblein zeigte Ulrich Geis auf, dass die Energieallianz bei der Projekt-Umsetzung darauf achten will, dass keine sogenannten schwarzen Seen um Roßrieth entstehen sollen. Die Module auf den beiden vorgesehenen Flächen werden demnach nicht alle nach Süden ausgerichtet, sondern auch nach Osten und Westen, um einen gleichmäßigen Stromertrag zu gewährleisten.
Das Überlandwerk Rhön erschließt neue Geschäftsfelder
Mit den geplanten Anlagen macht das Überlandwerk Rhön einen weiteren Schritt hin zur Erschließung neuer Geschäftsfelder. "Bislang waren wir als Stromversorger, Netzbetreiber und Installationsbetrieb bekannt. Jetzt sind wir auch bei der E-Mobilität und der Erzeugung und Vermarktung von erneuerbaren Energien aktiv", so Schärtl. Für die Entwicklung von Projekten in diesen Bereichen wurde eigens die ÜW Naturstrom GmbH gegründet.
Als kommunales Unternehmen legt das Überlandwerk zudem Wert darauf, dass auch die Stadt und die Grundstückeigentümer an den Projekten teilhaben können. Und auch die örtlichen und regionalen Firmen können sich bei den geplanten Anlagen Erzeugungskapazitäten und damit einen stabilen Strompreis sichern. "Wir wollen die Wertschöpfung größtmöglich in der Region lassen", hieß es dazu in der Stadtratssitzung.
Der Stadtrat setzt auf Feedback aus der Bevölkerung
Bürgermeister Michael Kraus möchte vor der Abstimmung im Stadtrat zunächst einmal die Bevölkerung informiert wissen. "Bei Anlagen dieser Größe müssen die Bürger wissen, was geplant ist, und der Stadtrat kann sich Feedback einholen, wie die Projekte in Mellrichstadt bewertet werden", so Kraus. Aus diesem Grund wurde in der Sitzung am Donnerstagabend noch kein Aufstellungsbeschluss gefasst. Dies soll in der Stadtratssitzung im März diskutiert werden.
Bis die beiden Anlagen um Roßrieth und an der Autobahn überhaupt gebaut werden, könnten laut Ulrich Geis bis zu drei Jahre ins Land gehen. Joachim Schärtl informierte dazu, dass nach Möglichkeit beide Projekte gemeinsam umgesetzt werden, um Synergieeffekte zu nutzen.
Laut Bürgermeister sollen auch Bürgerbeteiligungen an den geplanten Anlagen möglich sein. "Wenn die Details feststehen, wird es dazu einen Infoabend geben", kündigte er an.