Am 27. Mai fuhr Udo Fischer noch alleine in seinem Bus mit 40 Sitzplätzen nach Berlin. Um auf die dramatische wirtschaftliche Lage der Branche aufmerksam zu machen, beteiligten sich rund 300 weitere Busse an der Protestaktion in der Bundeshauptstadt. Der 62-jährige Fischer leitet gemeinsam mit seiner Frau Andrea das Familien-Unternehmen Hippeli Reisen in Nordheim und bietet seit 35 Jahren Busreisen an. Der Corona-Lockdown Mitte März führte dazu, dass die schon geplanten Fahrten abgesagt werden mussten. Die zwei Busse wurden abgemeldet. Lediglich für die Fahrt nach Berlin war ein Bus für einen Tag angemeldet.
Ungefähr einen Monat später, am 30. Juni, ein ganz anderes Bild: Der Bus war voll besetzt, als eine "Tagesfahrt ins Blaue" auf dem Programm stand. Wenige Tage zuvor, vom 25. bis 28. Juni, wurde schon die erste Reise durchgeführt, noch im halb vollen Bus. Die Rahmenbedingungen in Bayern hatten sich grundlegend geändert. Eine ganze Branche atmete etwas auf.
Neben dem Busunternehmen freuen sich vor allem die Reisenden
Der 22. Juni war für Hippeli Reisen und die Bustouristiker ein guter Tag. Nach etwa drei Monaten ohne Reisen und demnach leeren Bussen ist es seitdem wieder möglich, alle Sitzplätze zu besetzen. Der Mindestabstand von 1,5 Metern wurde aufgehoben, Gruppenreisen wieder erlaubt. Hygienevorschriften wie das Tragen von Mund-Nase-Schutz, das Desinfizieren bei Einstieg und eine gründliche Desinfektion des Busses vor und nach der Reise müssen jedoch beachtet werden.
"Das war für alle gut", freut sich Fischer, obwohl der Bus seit 1. Juli wieder abgemeldet ist. Und meint damit neben dem Busunternehmen vor allem die Fahrgäste. Viele der Senioren seien sehr froh gewesen, einmal wieder "andere Luft" zu schnappen, sich mit anderen Leuten zu unterhalten und wieder etwas Spaß zu haben.
Nach Bekanntwerden der Lockerungen Stammkunden angerufen
Nach Bekanntwerden der Lockerungen meldete Fischer sich bei vielen Stammkunden, die sich an ihn mit "Ruf uns doch bitte an, wenn es wieder los geht" gewandt hatten. "Die Leute wollten einfach einmal wieder raus", registriert Fischer. Und konnte 22 Rhön-Grabfelder auf einer Viertagesfahrt nach Abtenau in Österreich begrüßen. Fischers Bilanz der Reise: "Das Wetter war gut, die Leute waren zufrieden. Und ich bin es auch."
Bereits am 30. Juni folgte die zweite Fahrt, zu den Mohnblütenfeldern bei Grandenborn in Hessen. Dieses Mal waren alle Plätze besetzt. Die Beteiligten zogen wiederum ein positives Fazit. Die Reise führte durch Thüringen. Fischer gewann den Eindruck, dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern hinsichtlich der Regelungen für Busse kleiner geworden seien, sie näherten sich an. "Informationen über die Bedingungen am Zielort holen wir uns schon im Voraus ein", erklärt er.
Fischer: Bis zur Normalität ist es noch ein langer Weg
Mit einer nächsten Fahrt und somit Bus-Anmeldung rechnet er nicht vor Mitte Juli. "Ich bin froh, dass der Anfang gemacht ist. Das Wichtigste ist, dass wir wieder fahren können", resümiert er. Er sei ein positiv denkender Mensch. Dennoch gehe er davon aus, dass es wohl noch lange dauern werde, bis wieder Normalität eingekehrt ist. Man könne vieles noch nicht absehen.
Das ursprünglich geplante Programm für das restliche Jahr habe aber weiterhin Bestand. "Sobald die Plätze zur Hälfte belegt sind, findet die Fahrt statt", betont Fischer. Lediglich die Veranstaltung "Schwedischer Inselzauber" vom 26. bis 31. Juli wurde bisher abgesagt. Und das trotz 32 Anmeldungen. "Aus Sicherheitsgründen für alle, vom Fahrer bis zum Teilnehmer", sagt Fischer. Derzeit müssen sich Schweden-Reisende nach der Rückkehr in Quarantäne begeben, da das Land über dem als kritisch angesehenen Wert von 50 Neuinfizierten pro 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen lag.
Fischer hofft auf sinkende Angstschwelle und steigende Reiselust
Wichtig sei jetzt stabiles Wetter. Und ebenso, dass diejenigen, die schon mitgefahren sind, bei anderen "Werbung machen", fügt er hinzu. "Wir hoffen, dass dadurch die Angstschwelle sinkt und die Leute bei schönem Wetter in den Sommermonaten wieder Lust aufs Reisen bekommen."
Damit die Busse wieder voll besetzt sind und Fischer nicht noch einmal aufgrund der dramatischen wirtschaftlichen Lage alleine eine Fahrt nach Berlin in seinem 40 Personen-Bus auf sich nehmen muss.