
Wenn das Fernsehen kommt, fällt das in der Regel auf. Der Bayerische Rundfunk (BR) fährt mit seinen weiß-blauen Autos mit BR-Logo vor, ein vielköpfiges TV-Team wuselt überall herum. Für einen Dreh zur Sendung "Lebenslinien" mit der aus der Ukraine stammenden Journalistin Ella Schindler hingegen fällt das Trio von Reporterin, Kameramann und Tontechniker fast nicht auf. Das Fernsehteam mitsamt Protagonistin kommt ganz unauffällig in einem schwarzen Auto angefahren – das Equipment im Kofferraum verstaut.
Drehort ist die Fachoberschule (FOS) in Bad Neustadt, denn dort ging die derzeit in Nürnberg lebende Ella Schindler in den 1990er Jahren zur Schule und machte ihr Fachabitur. Schindler ist in diesem Jahr Trägerin des "Nürnberger Frauenpreises" für ihr Engagement in der Stadtgesellschaft.
Für die 47-Jährige ist es eine Reise in die Vergangenheit: "Es war ein sehr wohliges Gefühl, in der vertrauten Umgebung zu sein. Und die Möglichkeit zu haben, für ein paar Stunden in die Jugend zurückzukehren", sagt die Hauptfigur dieser Lebenslinien-Folge. Schindler kam am 1. Oktober 1992 mit ihrer Familie nach Deutschland, genauer gesagt nach Schweinfurt. Ein Großteil der Angehörigen lebt auch heute noch nahe der Kugellagerstadt in Gochsheim.

Auf dem Schulhof der FOS wartet ihre alte Klassen- und Psychologielehrerin Hildegard Neumann auf sie. Das Wiedersehen ist herzlich, die beiden Frauen fallen sich in die Arme. Für das Kamera-Team ist es genau die Begrüßungsszene, die sie sehen wollen. Die zum Format passt. Schindler beschreibt das Treffen als "besondere Freude". Für die Sendung Lebenslinien begleitet die freie Journalistin Manuela Roppert ihre Berufsgenossin an etwa einem Dutzend Drehtagen durch Stationen ihres Lebens. Dabei soll der Film über Schindler von der Geburt in der Ukraine bis in die Jetztzeit handeln, beschreibt Roppert das Konzept.
Lebhafte Erinnerungen an die Schulzeit in Bad Neustadt
Das Kamerateam und Roppert folgen der Lehrerin und ihrer ehemaligen Schülerin vom Pausenhof über das Treppenhaus zum alten Klassenzimmer von Schindler. Auf dem Weg dorthin zeigt die 47-jährige Protagonistin auf eine Tür in dem Gang und berichtet, dass sie dort eine mündliche Prüfung hatte, in der sie eine 1+ erreichen musste, um noch eine Eins ins Zeugnis zu bekommen. Auch wenn Schindler ihr Fachabitur bereits im Juli 1997 absolviert hat, sprudeln die Erinnerungen aus ihr heraus. Lebhaft berichtet sie von den Jahren in Bad Neustadt – in der Schule, aber auch aus dem Wohnheim in Herschfeld, in dem die Schülerin damals gelebt hat.
"Es war ein Hauch von Kontinuität, die ich in diesen zwei Jahren damals erlebt habe", berichtet Schindler über die Schulzeit an der FOS. Denn davor habe sie jedes Jahr die Schule wechseln müssen. Jedes Mal eine neue Zusammensetzung der Klasse, neue Lehrkräfte. "In Bad Neustadt hatte ich wenigstens für zwei Jahre die Möglichkeit, an einem Ort, mit denselben Lehrkräften in derselben Klasse zu bleiben. Das war für mich viel wert", sagt sie. Die heute 47-Jährige habe sich an der FOS "immer sehr wertgeschätzt" gefühlt.

Ein Bild aus der Vergangenheit und Einzelinterviews
Im Klassenzimmer angekommen, nimmt das BR-Fernseh-Team ein weiteres Gespräch zwischen der mittlerweile pensionierten Neumann und der Journalistin aus Nürnberg auf. Beide schauen sich ein altes Klassenfoto aus der Zeit an und sprechen über ihre Erinnerungen, später führt Reporterin Roppert Einzelinterviews mit den beiden.

Hildegard Neumann berichtet dem Fernseh-Team, wie sie als Lehrerin Ella Schindler wahrgenommen hat: "Wenn ich zurückdenke, geht einem das Herz auf, weil sie so eine herzliche Art gehabt hat. Sie war ruhig und interessiert. Wie man sich Schüler wünscht." Sonst hätte sich der Kontakt, der zwischen den beiden bis heute besteht, auch nicht so gehalten, fügt sie an.
Nach den Szenen im Klassenzimmer geht es für Schindler und das Filmteam weiter, erst auf die Brücke über das Flüsschen Brend vor der FOS, dann noch kurz in die Innenstadt für einige Szenen. Hildegard Neumann hat hingegen ihren Filmdreh absolviert. Wie viel von den Aufnahmen aus Bad Neustadt im späteren Film zu sehen sein wird, ist noch offen. Eine Folge "Lebenslinien" dauert für gewöhnlich eine knappe Dreiviertelstunde. Der Beitrag "In Franken fand ich meine Sprache wieder" aus der Sendereihe "Lebenslinien" über die besondere FOS-Absolventin wird am 31. März, um 22 Uhr, im Bayerischen Rundfunk ausgestrahlt.
Ella Schindler: Von der Ukraine über Bad Neustadt zur preisgekrönten Bürgerin
Dieser Artikel wurde aktualisiert. Es wurden Informationen zur Ausstrahlung des Lebenslinien-Beitrags hinzugefügt.