zurück
Sandberg
Türchen 20 im Rhöner Adventskalender: Marianne Hillenbrand erinnert sich an das tragische Ende ihres Geschenks
Das himmelblaue Kaffeegeschirr aus dem Quelle-Katalog und die Vorfreude auf Weihnachten zeigen, wie einfach und doch bedeutungsvoll die Adventszeit früher war.
Türchen 20 im Rhöner Adventskalender: Marianne Hillenbrand erinnert sich an das tragische Ende ihres Geschenks
Bearbeitet von Julia Back Marianne Hillenbrand
 |  aktualisiert: 23.12.2024 02:30 Uhr

Wir verbrachten wunderschöne Adventszeiten, einfach, aber voller Vorfreude – ganz anders als heute. Da gab es ein großes Buch, namens Quelle-Katalog, das jeden Tag durchgeblättert wurde, um sich ein Geschenk zu Weihnachten auszusuchen.

Ich hatte bald mein Traumgeschenk gefunden: Ein himmelblaues Plastikkaffeegeschirr bestehend aus kleiner Kaffeekanne, Tässchen und Tellerchen für die Puppenküche. Jeden Tag hoffte ich inständig, mein Wunsch möge doch in Erfüllung gehen. Endlich war der Heiligabend da! Im Wohnzimmer stand der Christbaum, geschmückt mit ein paar Kugeln, Lametta und Kerzen. Unter dem Baum lagen eingewickelt in einfaches Weihnachtspapier die Päckchen.

Endlich hielt ich mein Geschenk in Händen. Vorsichtig und mit Bedacht packte ich aus, das Weihnachtspapier durfte ja nicht beschädigt werden – nächstes Weihnachten wurde es ja wieder verwendet. Ich konnte es kaum fassen: vor mir kam das heißersehnte Geschirr zum Vorschein. Ich freute mich riesig. Mein drei Jahre jüngerer Bruder hatte einen Holztraktor bekommen, schielte aber spitzbübisch auf mein himmelblaues Kaffeegeschirr.

Wir spielten mit unseren Sachen, es gab Plätzchen und Tee und schon war es Zeit für die Christmette. Wir stapften mit unserer Mama durch den hohen Schnee (ich höre heute noch das Knarzen des Schnees unter den Schuhen) und besuchten die Christmette in unserer Dorfkirche in Waldberg. Heimlich hoffte ich auf das baldige Ende der Mette, weil es in der Kirche eiskalt war. Todmüde fielen wir in unsere Betten und ich träumte von meinem himmelblauen Geschirr.

Am nächsten Morgen hatte unsere Mama, bevor sie in den Stall ging, den Küchenherd an geschürt. Ich schlief noch selig, aber mein Bruder hatte sich aus dem Wohnzimmer mein Kaffeegeschirr geholt, Kanne und Tässchen mit Wasser befüllt und auf die heiße Herdplatte gestellt.

Der beißende Geruch hatte sicherlich unsere Mama aufmerksam gemacht. In der Küche fand sie nur noch eine himmelblaue Lache auf dem Herd und einen plärrenden Bruder vor. Zwischenzeitlich war ich aufgewacht und fand weit und breit nichts mehr von meinem Geschenk vor. War es wirklich nur ein Traum gewesen?

In der Küche sah ich nur noch eine himmelblaue Herdplatte, die unsere Mama versuchte zu reinigen. Es war kein Leichtes, so eine Plastikmasse vom Herd zu bringen. Das Entsetzen war groß und ich weinte bitterlich. Mama versuchte, mich zu beruhigen, was ihr nicht so leicht gelang.

Es war einmal mein heiß ersehntes Weihnachtsgeschenk, das himmelblaue Kaffeegeschirr. Und da es nur ein Geschenk gab, konnte ich nur noch davon träumen.

Text: Marianne Hillenbrand

Foto: Michael Endres / Montage: Jessica Klement

Marianne Hillenbrand (72) ist 1. Vorsitzende vom Kath. Frauenbund (KDFB) Waldberg und Regionalvorsitzende des KDFB in der Region Rhön-Grabfeld.

In der Kolumne "Rhöner Adventskalender" schreiben Menschen aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Sandberg
Waldberg
Schmalwasser
Langenleiten
Kilianshof
Adventskalender
Adventskalender Rhön
Weihnachtsgeschenke
Weihnachtsmessen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top