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Bad Königshofen
Tünchen, malen und die Arbeitswelt kennen lernen
Praxis-Betrieb im Schulbetrieb: Wenn Meister, Geselle, Schülerinnen und Schüler gemeinsam anpacken.
Foto: Oliver Kröner | Praxis-Betrieb im Schulbetrieb: Wenn Meister, Geselle, Schülerinnen und Schüler gemeinsam anpacken.
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Rudi Dümpert
 |  aktualisiert: 21.07.2022 02:41 Uhr

Mittelschulen sind eine Schulart, in der Schülerinnen und Schüler in so genannten Regelklassen, in M-Klassen (7.-10.), die zur Mittleren Reife führen, in Inklusionsklassen und in Praxisklassen unterrichtet werden. Inklusionsklassen gibt es derzeit 432 in Bayern an Grund- und Mittelschulen, Realschulen, Gymnasien, beruflichen und Förderschulen, allerdings nicht in Bad Königshofen.

Sie werden besucht von Kindern mit irgendeiner Art von Behinderung gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung. Ein Spezifikum der Grabfeld-Mittelschule ist die Praxisklasse 8/9, die in der Regel zwei Jahre, in Ausnahmefällen auch drei Jahre besucht wird. Sie ist ein Modell der Förderung von Schülerinnen und Schülern mit großen Lern- und Leistungsrückständen, die durch die spezifische Förderung zu einer positiven Lern- und Arbeitshaltung geführt und durch die Kooperation mit der Wirtschaft und Betrieben in Form von Praktika in das Berufsleben begleitet werden.

Wille und Interesse des Schülers ist Grundvoraussetzung

Der Besuch der Praxisklasse ist freiwillig und bedarf der Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Grundvoraussetzung ist ein deutlicher Wille und Interesse des Schülers oder der Schülerin und des Elternhauses, die schulischen Leistungen zu verbessern. Solche Jugendliche hätten ohne diese Förderung absehbar größere Schwierigkeiten, einen Schulabschluss zu erreichen und einen geeigneten Platz in der Arbeitswelt zu bekommen.

Ein Vorzug bestehe auch darin, nicht ständig der Konkurrenz und dem Vergleich mit besseren Schülern ausgesetzt zu sein und in einer Art Schonraum die persönliche Entwicklung vollziehen zu können. An deren Ende kann in verschiedenen Fällen und mit zusätzlicher sozialpädagogischer Unterstützung doch ein Schulabschluss erreicht werden. Erziehungsschwierige, reine Schulverweigerer ohne Ansätze und Bereitschaft zur Veränderung werden nicht aufgenommen bzw. wieder aus ihr verwiesen.

Vom Tünchen zum kleinen Kunstwerk: Zwei Jugendliche der Praxisklasse bei der Gestaltung von Silhouetten auf den Bühnen-Schiebe-Elementen.
Foto: Oliver Kröner | Vom Tünchen zum kleinen Kunstwerk: Zwei Jugendliche der Praxisklasse bei der Gestaltung von Silhouetten auf den Bühnen-Schiebe-Elementen.

Selbstwertgefühl stärken und Grundwissen festigen

Der Lehrer Oliver Kröner ist an der Grabfeld-Mittelschule seit Jahren Klassenleiter einer solchen Praxisklasse, die in der Regel von mindestens zwölf Jugendlichen besucht wird. "In ihr liegt der Schwerpunkt darauf, das Selbstwertgefühl der Schülerinnen und Schüler zu stärken und sie durch einen auf die Leistungsmöglichkeiten abgestimmten Unterricht zu fördern, ihre Persönlichkeitsentwicklung zu stabilisieren, Defizite im Bereich der Kulturtechniken zu beheben und das Grundwissen und Grundfertigkeiten vor allem in Deutsch und Mathematik zu festigen. Hiermit wird ihnen geholfen, in eine Berufsausbildung zu gelangen."

Vor kurzem führte Kröner mit seiner Klasse, zusammen mit der Sozialpädagogin Katharina Treubert, in Kooperation mit dem Malermeister Stefan Neuhöfer eine Schulwoche lang ein Projekt durch, dessen Ziel die gemeinsame Um- und Neugestaltung des Musikzimmers der Schule war, das gleichzeitig als Bühnenraum für Veranstaltungen in der Aula dient. Kröner wie Treubert und Neuhöfer zeigten sich angetan davon, "mit welcher Disziplin und Engagement die Jugendlichen bei der Sache, bei der konkreten Umsetzung von der Theorie in die Praxis, waren." Neuhöfer "unterrichtete" nämlich zu Wochenbeginn die Klasse theoretisch zum Beispiel über Farbkreise und Mischverhältnisse von Farben, mit denen man danach in die Gestaltung überging. Bei der Ausführung kam dann noch sein Geselle Niklas Lurz zur Unterstützung der Jugendlichen hinzu.

Highlights waren, als das eigentliche Tünchen geschafft war, die gemeinsam erstellten Bilder an den Wänden und an den mobilen Bühnen-Schiebe-Elementen. Mittels Tageslichtprojektor wurden die Motive, mit verschiedenen Instrumenten musizierende Personen und Sänger, als Silhouetten oder Karikaturen an die Wand projiziert und mit Pinsel und Farbe nachgemalt.

"Zusammen waren sie ein starkes Team, die Klasse, der Meister und sein Geselle", war Kröner besonders angetan vom pädagogischen Geschick der externen Erwachsenen. Während diese umgedreht im Verlauf der Arbeit beobachteten, "dass ich mir durchaus vorstellen kann, jemanden von ihnen, wenn er oder sie will, nach Beendigung der Schulzeit auszubilden." Was natürlich ein Zusatzeffekt wäre, der in den Zielen von Praxisklassen verankert ist.

 
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