Wenn man von Notfallseelsorge spricht, denkt mancher zunächst an einen Pfarrer. Nur wenig bekannt ist, dass es von Seiten des Roten Kreuzes noch die Psychosoziale Notfallversorgung, kurz PSNV gibt.
Wer dort mitmacht, muss gut ausgebildet sein, denn diejenigen, die diesen Dienst übernehmen, haben keine leichte Aufgabe. Es geht darum Menschen in den schwersten Stunden ihres Lebens beizustehen. So nach einem Unfall, wenn eine Todesnachricht überbracht werden muss, bei Suizid oder beim plötzlichen Tod eines Familienmitglieds.
Seit vielen Jahren ist der Hollstädter Pfarrer Lorenz Maurer (73) in der Notfallseelsorge dabei. „Es gab schon ganz schwere Momente,“ sagt er im Gespräch und erinnert an einen Fall bei dem ein Mann gestorben ist, der kurz zuvor noch bei ihm im Gottesdienst war. Ein schlimmer Einsatz auch der Tod eines Mannes, „der sich vom Zug überrollen ließ.“ Für Pfarrer Maurer ist wichtig den Menschen beizustehen, Zeit für sie zu haben, so lange zu bleiben, bis sie weiter betreut werden. In dieser Woche hat Maurer den schwarzen Piepser bei sich, ebenso den Notfallseelsorge-Koffer. „Bis jetzt ist es ruhig geblieben, hoffen wir, dass es so bleibt.“
Gut ausgebildet
In Bad Königshofen ist Pfarrerin Tina Merten dabei. Von katholischer Seite kommen Diakon Rudolf Reuter und Pfarrer Karl Feser dazu. Im Bereich Bad Neustadt sind es Pfarrer Lorenz Maurer, Dekan Andreas Krefft oder der Bischofsheimer Pfarrer Manfred Endres. Er wurde zum Beispiel gerufen, als vor Jahren bei Wegfurt junge Menschen bei einem Autounfall ums Leben kamen. In Fladungen und Mellrichstadt gibt es ebenfalls Männer und Frauen, die in der Notfallseelsorge tätig sind. Alle haben eine Ausbildung, die auf evangelischer Seite am Benediktushof Retzbach stattfindet.
Was muss ein Notfallseelsorger wissen? Tina Mertten nennt als erstes das Drumherum zum Beispiel an einer Unfallstelle. Da geht es darum, wie und wo man sich vorstellt, sich informiert und wieder abmeldet. Lernen muss man, wie man mit Menschen in solch schlimmen Situationen umgeht und wann man Arzt oder Rettungsassistent hinzuziehen sollte.
Zur Ausbildung gehört ein Rollenspiel, wobei man den Betroffenen ebenso darstellt, wie denjenigen, der die Todesnachricht überbringt. Fragt man die Pfarrerin nach ihrem schlimmsten Erlebnis, nennt sie spontan den Tod eines Neugeborenen. „Das war schlimm, vor allem auch, weil ich die Eltern gekannt habe.“ Notfallseelsorger werden oft zu plötzlichen Todesfällen im häuslichen Bereich gerufen oder dann, wenn sie gemeinsam mit Polizei und Rettungskräften eine Todesnachricht überbringen müssen.
Jeder ist zwischen fünf und acht Wochen pro Jahr an der Reihe. Dann bekommt er nicht nur den Piepser, sondern auch den Notfallkoffer, der alles Notwendige enthält. Vom kirchlichen Ritual über einen Teddybär für Kinder oder auch Einmalhandschuhe, ja sogar Zigaretten und eine Flasche Wasser. Angefordert werden die Notfallseelsorger über die Integrierte Leitstelle in Schweinfurt.
Erst kürzlich hat der BRK-Bezirksverband Unterfranken zwölf Einsatzkräfte im überregionalen Fachlehrgang „Psychosoziale Notfallversorgung“ ausgebildet. 80 Unterrichtseinheiten absolvierten die Teilnehmer aus den BRK Kreisverbänden. Wesentlicher Bestandteil der Ausbildung war die Psychotraumatologie und die daraus entstehenden Folgen. Außerdem ging es um den Umgang mit Tod, Trauer, Psychiatrie, Psychotherapie, Rechtskunde und Religion. Der Ausbildung folgt ein einjähriges Praktikum, in dem die Auszubildenden von erfahrenen Kriseninterventionshelfern und Notfallseelsorgern begleitet werden. Erst dann können sie eigenständig in den Einsatz.
Bleiben, wenn die anderen gehen
In der Notfallseelsorge im Einsatz ist seit vielen Jahren auch Pfarrer Karl Feser (Bad Königshofen). Ihm ist wichtig, den Menschen beizustehen, wenn sie vor einer Situation stehen, die sie bewältigen müssen. „Dann ist es so, dass ich noch bleibe, auch wenn der Rettungsdienst bereits weg ist.“ Sein schlimmstes Erlebnis: „Das war als eine Frau sich mit dem Küchenmesser umgebracht hat und ich dann bei den Angehörigen war“.
Pfarrer Karl Feser war als Notfallseelsorger aber auch beim Unfall bei der Grabfeldrallye im vergangenen Jahr vor Ort um, den Hilfesuchenden beizustehen. „Das ist ganz wichtig und auch Aufgabe der Kirche und damit Aufgabe für uns als Seelsorger.“
Die Notfallseelsorge und die Psychosoziale Notfallversorgung
Die Psychosoziale Notfallversorgung ist ein junges Fachgebiet. Erstmals bekam das Thema größere Aufmerksamkeit 1998 nach dem Zugunglück in Eschede. Auch die Loveparade in Duisburg 2010 habe die Wichtigkeit des Themas aufgezeigt. Die Helfer der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) sind spezialisiert, Menschen, die mit dem plötzlichen Tod eines Angehörigen konfrontiert sind, in den ersten Stunden zu unterstützen. Sie leisten ehrenamtlich psychosoziale Akuthilfe und werden von der Rettungsleitstelle alarmiert. Konkret bedeutet dies, dass die Helfer zum Unfallort kommen, um Überlebende zu betreuen. Oder die Einsatzkräfte beim Überbringen der Todesnachricht zu begleiten. Ziel ist Spätfolgen wie Traumata vorzubeugen. Neben dem Bereich „PSNV für Betroffene“ gibt es spezielle PSNV-Kräfte, die als Ansprechpartner für die Einsatzkräfte nach belastenden Einsätzen zur Verfügung stehen. Bei der Arbeit mit den Einsatzkräften der Hilfsorganisationen (aber auch Polizei und Feuerwehr) hat die Prävention hohen Stellenwert. Traumatisierte Menschen reagieren unterschiedlich. Es kann zu Albträumen oder Depressionen kommen, die nach belastenden Ereignissen. Die Arbeit von Notfallseelsorge und BRK vor Ort sind identisch mit der kirchlichen Notfallseelsorge. Die Notfallseelsorge hat nur einen theologisch-philosophischen Hintergrund während der Fachdienst im BRK einen humanistisch-medizinischen Hintergrund hat. Das BRK Unterfranken hat es sich zur Aufgabe gemacht für diese wichtige und sensible Aufgabe, gut ausgebildete PSNV-Einsatzkräfte, die auch auf Ihre eigene psychische Gesundheit achten, zu haben.