„Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein“, heißt es in einem Volkslied. Der Bart war und ist bis heute der Inbegriff von Männlichkeit und Durchsetzungsvermögen, schließlich ist Testosteron der „Dünger“, der hier das Wachstum reguliert.
Bärte sind schon seit einiger Zeit wieder voll im Trend, aber so viele Bartträger im Stadtbild, unter den Arbeitskollegen, bei Politikern und Promis wie jetzt, gab es schon lange nicht mehr.
Wildwuchs ist verpönt
Wildwuchs ist allerdings verpönt, es sei denn, man ist überzeugter Anhänger des Dreitagebarts. „Die Männer wollen auch gepflegt sein“, weiß Michael Abschütz, Besitzer eines Barbershops in Bad Königshofen, der wegen des Zulaufs zusätzliche Mitarbeiterinnen eingestellt hat. Seit rund drei Jahren betreibt er sein Geschäft, seitdem hat die Nachfrage nach Bartschneiden und -pflegen stetig zugenommen.
Der Zeitaufwand für exakte Konturen bei Kreationen mit so interessanten Namen wie „Henriquatre“, benannt nach dem französischen König Heinrich IV, ein Barttyp, der laut Beschreibung seinen Träger maskulin-erotisch und zugleich smart wirken lässt, ist vergleichbar mit der täglichen Rasur. Beim Klassiker „Vollbart“, der dem modernen Mann die Aura des „wilden Holzfällers oder Jägers“ verleihen soll, ist der Aufwand etwas geringer.
Seine Frau findet es gut
Warum wechseln Männer von glattrasiert zu bärtig? „Obwohl ich schon 18 war, musste ich immer meinen Ausweis vorzeigen. Seit ich einen Bart trage, passiert das nicht mehr“, berichtet ein 20-Jähriger. „Bart finde ich cool“, sagt Matthias Fries aus Bad Königshofen-Aub, der aufgrund seines starken Haarwuchses seit seinem 14. Lebensjahr Bartträger ist, mit wechselnden Typen. Den neuen Hipster-Vollbart mag er allerdings nicht, schließlich will er keinem Trend nachjagen, sondern Individualität zeigen. „So wie Frauen sich schminken, tragen Männer einen Bart“, so Fries. Seine Frau findet das gut.
Es pikst beim Küssen
„Mit Bart sieht man männlicher aus“, bestätigt auch Dieter Esau, der aufgrund seines jugendlichen Aussehens auch mit 30 Jahren oft noch mit „Junge“ angesprochen wurde. Die Form des Barts sei eine ganz persönliche Sache, sie müsse zur Frisur und dem Typ passen, außerdem lege er Wert auf Pflege, berichtet der Bad Neustädter. Auf vier Millimeter schneidet er die Barthaare. Seine Freundin hat nichts gegen einen Bart, die Kinder protestieren allerdings, weil es beim Küssen pikst.
Dirk Dellert aus Sulzdorf an der Lederhecke kombiniert einen „Henriquatre“ mit dem Dreitagebart, das bedeutet, alle drei Tage schneidet er die Konturen nach. Nachteile sieht er für Bartträger keine, wenn die Haare an der Oberlippe so kurz geschnitten sind, dass beim Essen und Biertrinken nichts hängen bleibt. Auch für Feuerwehrleute mit Vollbart sieht er keine zusätzlichen Gefahren wegen des Funkenflugs. „Wer in ein brennendes Haus geht, trägt Atemschutz, da ist der Bart bedeckt“, erklärt er.
Mit etwas Spott muss man leben
Natürlich gibt es weiterhin überzeugte Glattrasierte, die es „sauber im Gesicht“ mögen und sich nur darüber streiten, ob eine Nass- oder Trockenrasur angenehmer ist. Während die Bart-Fanclubmitglieder überlegen, ob Schnurrbärte Pollen und Krankheitserreger beim Einatmen abfangen, haben die Bartlosen Namen wie „Krümelfänger“ und „Popelbremse“ für sie parat.
Ob sich der Trend zum Bart parallel zum Wunsch der Frauen nach einem „männlichen Mann“ – nach all den „Softis“ und „Frauenverstehern“ – entwickelt hat, ist wissenschaftlich nicht bewiesen. In einem sind sich jedoch Bartträger und Bartlose einig: Der zweifingerbreite Oberlippenbart ist definitiv tabu, er taucht auch in keiner Bartliste mehr auf.
Man kann Bärte mögen, muss man aber nicht. Mehr nicht.
Bärte haben auch bei uns eine lange Tradition. Nur in der Militarisierung des dritten Reiches waren sie verpönt, da hinderlich beim Kriegsdienst.
Oder wollen Sie behaupten, dass Pater Anselm Grün, der ehemalige Cellerar von Münsterschwarzach jemanden nachäfft.