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RHÖN
Tour zum Todesstreifen
Im Haus auf der Grenze können sich die Besucher in einer Ausstellung über die deutsch-deutsche Grenze und den Kalten Krieg informieren.FOTO: Thomas Pfeuffer
Foto: Thomas Pfeuffer | Im Haus auf der Grenze können sich die Besucher in einer Ausstellung über die deutsch-deutsche Grenze und den Kalten Krieg informieren.FOTO: Thomas Pfeuffer
Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:21 Uhr

Er war nicht nur einer der Punkte, an dem der eiserne Vorhang mit Stacheldraht, Wachtürmen und Todesstreifen das Land brutal durchschnitt und die Menschen voneinander trennte. Er war auch ein Punkt, an dem sich Nato und Warschauer Pakt direkt gegenüberstanden. Und er war der Punkt, an dem der Westen einen Angriff aus dem Osten erwartete. Point Alpha wäre der Ort gewesen, an dem ein Dritter Weltkrieg begonnen hätte. Und dieser Ort liegt inmitten der Rhön.

Es ist daher naheliegend, zum Tag der Deutschen Einheit hier eine Wandertour zu unternehmen. Zumal Point Alpha über eine Rhön Extratour zu erreichen ist. Schließlich bietet gerade das Wandern die Möglichkeit zum Nachdenken. Und Nachdenkenswertes gibt auf dieser Tour ausreichend.

Als Startpunkt bietet sich Geisa an. Man erreicht das Thüringer Rhönstädtchen von Bischofsheim aus direkt über die B 278. In Ermangelung von Ortskenntnis wird das Auto auf einem größeren Parkplatz am Stadtrand abgestellt. Der Startpunkt der Tour soll im Stadtzentrum sein, das gut zu erkennen auf einem Hügel liegt. Der schmucke Eindruck aus der Ferne verstärkt sich noch, erreicht man nach der Stadtpfarrkirche den Marktplatz. Hier findet sich der erste Wegweiser mit rotem P auf weißem Grund. Spontan fällt die Entscheidung, in Richtung des fünf Kilometer entfernten Ulsterblicks zu laufen, womit Point Alpha als Höhepunkt erst am Ende der Tour erreicht wird.

Schlangenpfad

Vorbei am Stadtmuseum ist der Schlossplatz erreicht. Der Weg führt um das Schlossensemble herum durch die Stadtmauer und eine Parkanlage und an einem Sportgelände vorbei aus dem Ort. Kurz nach dem Überqueren der Straße nach Schleid erreicht man einen – allerdings verschlossenen – jüdischen Friedhof. Nun geht es auf einem Wiesenweg leicht bergan bis zu einem Rastplatz. Das ist der Startpunkt für den „Schlangenpfad“. Der Ende des 19. Jahrhunderts vom Rhönklub Geisa angelegte Panoramaweg macht seinem Namen alle Ehre und schlängelt sich entlang einer steilen Hangkante durch Laubwald.

Ein breiter Waldweg wird im weiteren Verlauf zu einem schönen Pfad, an dem einige Aussichtspunkte weite Blicke ins Ulstertal und auf das Dörfchen Schleid ermöglichen. Nach einem weiteren Rastplatz, an dem die Sage vom Rockstuhl erzählt wird, geht es in einem etwas längeren, anstrengenden Anstieg den gleichnamigen Berg nach oben, bis das Kreuz der Geiserämter erreicht ist.

Neben einer Infotafel und einem Holzkreuz findet sich hier ein Basaltstein, auf dem die Form des „Geisaer Amtes“ und die darin befindlichen Ortschaften dargestellt sind – einschließlich der Orte, die vom DDR-Regime dem Erdboden gleich gemacht wurden.

Nach einer kurzen Rast mit Panoramablick auf das hessische Kegelspiel, kommt man auf einem schönen Waldweg gut voran. Meist bergab kann man hier eine gute halbe Stunde seinen Gedanken nachgehen, bis eine Wiesenlandschaft erreicht ist. Zahllose Zwetschgenbäume an Wiesenrändern prägen das Bild, während der Weg allmählich auf Wiesenfeld zuführt. Das Bächlein Geis wird überquert und einige Zwetschgenbäume später ist das Dorf mit einigen hübschen Fachwerkhäusern erreicht.

Weiter geht es durch Wiesen bergan. Ein Grenzturm macht deutlich, wie nahe der Todesstreifen hier war. Silberdisteln, Wacholder und Hagebutten begleiten uns durch eine schöne Trockenrasenlandschaft. Wenig später geht es in den Wald und erst allmählich, dann steiler bergan, bis ein offener Höhenzug erreicht ist. In der Ferne sind auf der Ebene seltsame, übergroße Figuren zu erkennen.

Beim Näherkommen erweisen sie sich als Metall-Skulpturen des „Weges der Hoffnung“. Entlang des Kolonnenwegs am Todesstreifen hat der Künstler Ulrich Barnickel in Anlehnung an den christlichen Kreuzweg hier 14 Stationen zur Erinnerung an die Opfer des Widerstands gegen die kommunistische Diktatur und als Ausdruck des Freiheitswillens des Menschen geschaffen.

Museum und amerikanischer Stützpunkt

Am Anfang des 1400 Meter langen Weges seht das „Haus auf der Grenze“ mit einem überdimensionalen Windspiel auf dem in Deutsch, Russisch und Englisch des Wort Frieden zu lesen ist. „Die Staatsgrenze der DDR im Kalten Krieg“, so der Name der Ausstellung darin, lädt besonders junge Besucher ein, sich mit dem Kalten Krieg und dem Leben an und mit der Grenze auseinanderzusetzen.

An ehemaligen Grenzanlagen vorbei, die auf Infotafeln erläutert werden, erreicht man den einstigen US-Beobachtungsstützpunkt Point Alpha. Hier erwartete die Nato im Ernstfall die Invasion der Truppen des Warschauer Pakts, weshalb Point Alpha als „heißester Punkt im Kalten Krieg" bezeichnet wurde.

Der amerikanische Stützpunkt wurde erhalten und ist samt einer Ausstellung zu besichtigen.

Nun sind es nur noch wenige hundert Meter, bis Geisa wieder erreicht ist. Über den Rasdorf Berg, der den schönsten Ausblick auf das Städtchen und das Ulstertal ermöglicht, geht es mit dem Gedanken, dass im Ernstfall von dieser Idylle nichts mehr geblieben wäre, steil bergab zum Ausgangspunkt.

Länge: 14,6 Kilometer Dauer für Interessierte: 5 Stunden Aufstiegshöhenmeter: 461 Meter Schwierigkeit: Mittel Höchster Punkt: 435 Meter Markierung: Rotes „P“ auf weißem Grund Startpunkte: Schlossplatz Geisa, Haus auf der Grenze, Point Alpha, Wiesenfeld. Gastronomie direkt am Weg: Verschiedene Gaststätten in Geisa. Tag der Tour: 28. September GPS-Track: www.wanderinstitut.de/premiumwege/thueringen/point-alpha-weg/

In diesem Herbst wird der Hochrhöner zehn Jahre alt. Grund, in einer Serie verschiedene Aspekte des Erfolgsprojekts zu beleuchten und verschiedene Extratouren, die um den Hochrhöner herum angelegt wurden, einmal kurz vorzustellen. Dabei werden Einstiegspunkte genannt, die natürlich beliebig ausgewählt sind. Auch die Richtung, in der die Rundwege begangen werden, ist natürlich umkehrbar.

Nach der Extratour Hochrhöner geht es nun nach Thüringen. Anlässlich des Tages der Deutschen Einheit am 3. Oktober stellen wir eine Tour an die ehemaligen Grenzanlagen des Eisernen Vorhangs und zu Point Alpha vor.

Eine handliche Zusammenfassung über alle 25 Extratouren hat der Dehler-Verlag Petersberg herausgebracht. Das 60 Seiten starke Heft „Extratouren“ ist für 4,80 Euro im Buchhandel und bei den Tourist-Informationen erhältlich.

Alle Touren zum Nachlesen unter www.mainpost.de/rhoenerwandertouren

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Foto: Thomas Pfeuffer
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Foto: Thomas Pfeuffer
Die Schrecken der deutschen Teilung werden beim Gang an der ehemaligen Grenze bei Point Alpha wieder greifbar.FOTO: Thomas Pfeuffer
Foto: Thomas Pfeuffer | Die Schrecken der deutschen Teilung werden beim Gang an der ehemaligen Grenze bei Point Alpha wieder greifbar.FOTO: Thomas Pfeuffer
Naturnahe Wege prägen die Extratour Point Alpha.FOTO: Thomas Pfeuffer
Foto: Thomas Pfeuffer | Naturnahe Wege prägen die Extratour Point Alpha.FOTO: Thomas Pfeuffer
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