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MÜHLFELD
Tödliche Liebe zur schönen Müllerin
Ließen sich feiern: Olaf Wallishauser, Dagmar Welsch und Peter Klier (von links) freuten sich über den Beifall des Publikums.
Foto: Fred Rautenberg | Ließen sich feiern: Olaf Wallishauser, Dagmar Welsch und Peter Klier (von links) freuten sich über den Beifall des Publikums.
Fred Rautenberg
 |  aktualisiert: 21.12.2015 13:47 Uhr

Wieder einmal hatten die Besucher im Schloss Wolzogen einen denkwürdigen Auftritt erlebt. Am vergangenen Sonntag sang Olaf Wallishauser den Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ von Franz Schubert, am Klavier begleitet von Dagmar Welsch und mit stimmungsvollen Bildern von Peter Klier unterlegt. Klier erläuterte eingangs, wie der Dichter Wilhelm Müller aus enttäuschter Liebe 25 Gedichte geschrieben hatte. Mit der Vertonung von 20 dieser Gedichte (Klier zeichnete deren Inhalt nach) habe Schubert das Genre des romantischen Kunstlieds entscheidend geprägt.

So grandios, wie Wallishauser am Sonntag sang, hatten ihn die wenigsten bisher gehört. Den Kunstlieder-Zyklus ohne Unterbrechung vorzutragen, war bei der flirrenden Sommerhitze schon physisch eine enorme Leistung. Aber was zählte die neben der künstlerischen! Jeder Nuance der Melodien, jedem Wechsel der Stimmungslage wurde Wallishauser gerecht, von fein abgestimmt bei den verschiedenen Tempi, bei den Piano-Passagen in Moll bis zu gewaltigem Fortissimo in Dur, wenn es der rote Faden der Handlung durch die 20 Einzellieder verlangte.

Denn „Die schöne Müllerin“ hat etwas Balladeskes an sich. Wilhelm Müller hatte eine Liebesgeschichte in Verse gefasst: Ein junger Müllerbursche zieht aus, um bei einem anderen Müller zu arbeiten. Ein Bach wird zu seinem Führer und wie ein Kamerad zu seinem Ansprechpartner. Er verliebt sich in die schöne Tochter des Müllers, aus schmachtender Liebessehnsucht wird kurze Seligkeit und abgrundtiefer Schmerz, als die Schöne ihm einen Jäger vorzieht. Der Schmerz wandelt sich in Todessehnsucht, und den Tod findet er in seinem Bach, der ihm ein Schlaf- und Todeslied singt. Das sind alles hochromantische Motive.

Wallishauser trug dies mit einer unglaublichen Inbrunst vor, mit einer Hingabe, die die Zuhörer bannte. Da war kein Ausrutscher in dem Vortrag, keine Störung des Wohlklangs dieser Baritonstimme, keine unangemessene Akzentuierung in der Interpretation. Von dieser Hingabe war auch Dagmar Welsch am Flügel erfasst. Pianistin und Sänger wurden zu einer musikalischen Einheit, zwei Künstler, die sich gegenseitig zur höchsten Entfaltung ihres künstlerischen Ausdrucks beflügelten.

In die verdunkelte Fensternische war eine Projektionsleinwand eingelassen. Dort zeigte Peter Klier Bilder, passend zu der jeweiligen gesungenen Textstelle. Wenn je ein Maler verstanden hat, was romantisch heißt, dann war das der als Mellrichstädter Karikaturist bekannt gewordene Klier. Mit kongenialem Einfühlungsvermögen hatte er über ein ganzes Jahr verteilt Fotos aus der Natur gemacht, diese zu Bildern komponiert, die an die Novellen von Joseph von Eichendorff erinnerten, an die Landschaftsbilder von Caspar David Friedrich oder von Philipp Otto Runge.

So fügte sich das Konzert zu einem rundum in sich geschlossenen Dreiklang, wo natürlich dem Sänger die größte Aufmerksamkeit zuteil wurde, wo aber die Wirkung seines Vortrags durch das Klavier und durch die Begleitbilder die höchstmögliche Steigerung erfuhr. Zu Recht empfingen die drei Künstler am Ende gemeinsam den Beifall des Publikums.

 
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