Die vom Rewe-Konzern beschlossene Standortverlagerung mit Neubau eines Lebensmittel- und Getränkemarktes in Nordheim erregt in Fladungen die Gemüter. Entsprechend großes Bürgerinteresse begleitete die aus gegebenem Anlass einberufene außerordentliche Sitzung des Stadtrates. Anfang 2018 soll der neue Markt in Nordheim schon seine Türen öffnen können.
Die öffentliche Sondersitzung in Fladungen fand auf Antrag der Stadträte Andreas Hoch, Fred Goldbach, Thilo Mann und Stefan Hippeli statt. „Wir haben bis zuletzt nichts davon gewusst“, wollten die Ratsleute die Bürger wissen lassen und dem Vorwurf entgegentreten, der Stadtrat habe nicht gehandelt.
Wie eine Bombe eingeschlagen
Die Nachricht, dass Rewe in die Nachbargemeinde umsiedelt, habe „wie eine Bombe eingeschlagen“, sagte Bürgermeisterin Agathe Heuser-Panten und erklärte, selbst erst am Donnerstag, 15. September, von der Entscheidung Rewes erfahren haben, die schon am 23. August gefällt worden sein soll.
Wie die Stadtchefin berichtete, war sie am 7. Juni bezüglich eines Rewe-Neubaus zu einem Gesprächstermin mit einem Projektanten gebeten worden.
Sie sei darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass der bisherige Pachtvertrag mit dem privaten Eigentümer nicht verlängert werden sollte und ein Neubau auf dem größeren Nachbargrundstück beabsichtigt sei. Eine Zufahrt von der B 285 würde benötigt, wofür von Heufurt kommend eine Linksabbiegespur einzurichten wäre, was im Zuge der aktuellen Straßenbauarbeiten vielleicht schon berücksichtigt werden könnte. Am 8. Juni habe es diesbezüglich schon einen Termin mit dem Staatlichen Bauamt gegeben. Das Planungsbüro Zehe sei daraufhin eingeschaltet worden und am 4. Juli habe sein Angebot vorgelegen.
Kurze Zeit später sei vom Projektanten die überraschende Nachricht gekommen, dass Rewe einen weiteren Planer eingeschaltet habe, der sich mit einem möglichen Neubau in Nordheim befassen soll. Die Bürgermeisterin habe deshalb die Regierung von Unterfranken kontaktiert und sich Stellungnahmen geholt von den Büros für das Gemeindeentwicklungskonzept sowie für die Streutalallianz und von Landrat Thomas Habermann. Alle hätten Fladungen als Standort befürwortet, auch um die Stadt als Kleinzentrum zu stärken.
Erst am 15. September habe sie von der gegenläufigen Entscheidung Rewes erfahren, und zwar von Nordheims Gemeindeoberhaupt Thomas Fischer. Auf Nachfrage sei dann Tags darauf die Bestätigung von Landrat Thomas Habermann gekommen. Am selben Tag noch hatte die Bürgermeisterin dann eine Zusammenkunft der Stadträte einberufen.
Und erst zu diesem Zeitpunkt hätten sie überhaupt etwas von der Rewe-Geschichte erfahren, klagten Ratsleute. In Nordheim seien die Verhandlungen schon länger gelaufen, ohne eine Nennung des Interessenten waren die Ratskollegen über die grundsätzliche Planung informiert. Hätte der Stadtrat früher von den Planungen gewusst, hätte man sich vielleicht bei Knackpunkten, wie den Grundstücksverhandlungen, einschalten können und sich auch mit Unterstützung der Bürger für den Erhalt des Standorts einsetzen können, sind sich einige Fladunger Ratsleute sicher.
Den Vorwurf, sie hätte früher informieren können, müsse sie sich gefallen lassen, wie Heuser-Panten einräumte. Sie bezweifelte, ob das etwas an der Sache geändert hätte. „Der Tumult wäre nur früher losgegangen“, so ihre Ansicht.
„Nach den ganzen Bestätigungen und dem ganzen Schriftverkehr hätte keiner ahnen können, dass der Markt nach Nordheim kommt“, so die Rechtfertigung der Bürgermeisterin. Die Regierung von Unterfranken habe sich für die Stärkung Fladungens als Kleinzentrum im Sinne des Regionalplans ausgesprochen. Es wird aber auch den Mitgliedern der Streutal-Allianz angeraten, sich bezüglich der Daseinsvorsorge abzustimmen.
Es zählen nur Zahlen
Ob die Entscheidung Rewes so klug war, wurde von Stadträten und Bürgern bei der Sitzung bezweifelt. „Die nackten Einwohnerzahlen zählten“, wusste Heuser-Panten. Bei den Markt-Analysen sehe man Nordheim mit einem Einzugsgebiet von 11 800 Einwohnern an der Spitze, eingerechnet haben die Planer dabei auch Ostheim. Und in Fladungen sei das Kundenklientel aus den angrenzenden thüringischen Orten nicht mitgezählt. Nicht eingeflossen seien auch Besucher des Freilandmuseums (63 500) oder die Übernachtungsgäste (45 500). Man habe lediglich die Zahl von 8500 Einwohnern im Umkreis von fünf Kilometern als Grundlage hergenommen.
Zur Geheimhaltung angewiesen
Nordheim und Fladungen bilden mit Hausen eine Verwaltungsgemeinschaft. Dass Fladungen keine Informationen über die Planungen in Nordheim erhalten hat, befanden Stadträte und Bürger als befremdlich. Conny Schmuck, der Geschäftsstellenleiter der VG, war informiert, wie er sagte, aber von Nordheims Bürgermeister Fischer zur Geheimhaltung angewiesen.
Harsche Kritik wurde am Verhalten des Nordheimer Ortsoberhauptes geübt. Von Vertrauensbruch war die Rede. Zweifel wurden in diesem Zusammenhang auch laut, ob eine Streutal-Allianz überhaupt Sinn mache, wenn offensichtlich schon auf VG-Ebene nicht miteinander kooperiert werde.
Aus den Zuhörerreihen meldete sich Altbürgermeister Raimund Goldbach zu Wort und appellierte an die Stadträte, die Streitereien der letzten Zeit beizulegen und für das Wohl von Fladungen gemeinsam an einem Strang zu ziehen.
Dass ein neuer Markt unbedingt her muss, darüber ist man sich in Fladungen einig. „Ich war nicht untätig“, versicherte derweil die Stadtchefin. Sie habe sogleich Kontakt zu anderen Anbietern aufgenommen. Nun bleibt zu hoffen, dass sich alsbald eine neue Einkaufsmöglichkeit auftut, um die Nahversorgung vor Ort zu sichern.
Die Herren Stadträte sollten eigentlich wissen, dass bei einer Verwaltungsgemeinschaft die selbständigen Gemeinden ihre "Verwaltung" gemeinsam erledigen - und mehr nicht.
Dass die Bürger das nicht wissen wundert mich gar nicht.
Dass man sich für Nordheim entschieden hat, kann ich nicht nachvollziehen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Ostheimer nach Nordheim zum Einkaufen fahren.
Und überhaupt: Es gibt bessere Märkte als REWE.