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Wechterswinkel
Theater-Open-Air im Kloster Wechterswinkel: Kein Sommer ohne Urlaub!
Giacinta (Julia Borgmeier, sitzend) hat noch kein schönes Kleid für die Sommerferien. Die Gesellschaft um sie ist besorgt. Szene aus dem Stück 'Ab in die Sommerfrische!' im Kloster Wechterswinkel.
Foto: Stefan Kritzer | Giacinta (Julia Borgmeier, sitzend) hat noch kein schönes Kleid für die Sommerferien. Die Gesellschaft um sie ist besorgt. Szene aus dem Stück "Ab in die Sommerfrische!" im Kloster Wechterswinkel.
Stefan Kritzer
 |  aktualisiert: 11.09.2021 03:04 Uhr

Seit der Zeit des italienischen Komödienautors Carlo Goldoni (1707 bis 1793) scheint sich bis heute wenig geändert zu haben. Ohne einen Urlaub in den Sommerferien fühlen sich viele Zeitgenossen um einen der wichtigsten Bestandteile ihres Lebens gebracht. Die zurückliegenden Pandemiemonate haben das offenkundig gemacht. Eine "Sommerfrische" passte deshalb perfekt in den Veranstaltungskalender der Kulturagentur. Mit Goldonis Stück "Ab in die Sommerfrische", dem ersten Teil einer Trilogie über diesen Stoff aus dem Jahre 1761, frei interpretiert vom Theater Poetenpack aus Potsdam, sollte somit ein topaktueller Stoff für gute Unterhaltung im Innenhof des Klosters Wechterswinkel sorgen.

Der laue Spätsommerabend war wie gemacht für eine Open Air-Veranstaltung. Knapp 200 Besucher durften es sich im Innenhof des Klosters gemütlich machen, darunter auch zahlreiche Sponsoren, die von Kulturmanager Dr. Guido Böhm mit einem besonderen Dankeschön bedacht wurden. Mit einem aktuellen Hygienekonzept konnten sogar Häppchen und ein Pausensekt endlich mal wieder genossen werden.

Egal ob Geld oder nicht, Urlaub muss sein

Beste Voraussetzungen für einen Theaterabend der heiteren Art, den das Theater Poetenpack unter der Regie von Kai Schubert wohltuend unterhaltsam auszukosten verstand. Und hierfür ein Stück auswählte, dass ein Vierteljahrtausend lang nichts, aber auch gar nichts von seiner Aktualität eingebüßt hatte.

Ohne einen opulenten und verschwenderischen Sommerurlaub, eine "Sommerfrische", geht im Bürgertum und dem Adel des 18. Jahrhunderts in Italien gar nichts. Ob Geld da ist oder nicht, in Urlaub wird gefahren, koste es, was es wolle. So planen Leonardo (Stephan Schill) und Filippo (André Kudella) ihre wohlverdiente Sommerfrische. Ersterer hat schon bei der Planung desselben überhaupt kein Geld dafür übrig, der zweite spekuliert darauf, dass seine Tochter Giacinta hoffentlich nicht in diesem Sommer heiraten möchte. Denn das Geld reicht auf keinen Fall für eine Sommerfrische und die mit der Hochzeit einhergehende Mitgift.

Diener sorgen zumindest für etwas Ruhe

Giacinta, wunderbar mal sehr bedacht, mal überdreht gespielt von Julia Borgmeier, ist die zentrale Gestalt in dem Tohuwabohu, dass die beiden Familien nebst Schnorrer Ferdinando (Reiner Gabriel) rund um die Sommerferien veranstalten. Da gilt es noch rechtzeitig vor der Abreise das neueste Kleid, ein "Feenrausch", für Leonardos Schwester Vittoria (Clara Schoeller), ihrerseits im heiratsfähigen Alter, fertig und vor allem bezahlt zu bekommen. Trüffel, Champagner und Bestecksilber in dutzendfacher Ausführung braucht es für die Sommerfrische natürlich ebenso. Alles natürlich auf Pump.

Als Giacinta Leonardos Wunsch nach einer Verlobung etwas zu voreilig nachkommt, sich kurz darauf aber in den Freund der Familie, den ebenso musikalisch wie introvertierten Guglielmo (Anatol Käbisch) verliebt und diese Liebe erwidert bekommt, Vittoria ebenfalls für selbigen Guglielmo schwärmt und so gar nicht weiß, wohin mit all der Lust, ist das Durcheinander dieser goldonischen Komödie im Stil der venezianischen Commedia dell'arte perfekt.

Für ein bisschen Ruhe und Ordnung in der ganzen Ferienvorfreude sorgen einzig die überlegt agierende Dienerin sowie die reichlich überforderten Diener, allesamt wunderbar gespielt von Georg Peetz. Viel Geld bringt Signora Sabina (Andrea Seitz) mit in die Gemengelage und trifft ihrerseits die (für sie!) richtigen Entscheidungen. Am Ende ist die Sommerfrische für alle gebucht, die dafür notwendigen Schuldscheine zahlen aber nicht die Wohlhabenden, sondern sie laden diese auf den mittellosen Ferdinando ab. Die klassische Kluft zwischen Arm und Reich wird somit in dem Stück ebenfalls bedient. Ist allen Beteiligten doch herzlich egal, woher das Geld kommt, Hauptsache Sommerurlaub.

 
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