Zu einem Tag unter dem Motto "Täuferisches Leben in Bayern" luden die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern und die Vereinigung Bayerischer Mennonitengemeinden am 21. September nach Bad Königshofen ein.
Die Täuferbewegung entstand im Zuge der Reformation. 1525 fand die erste täuferische Glaubenstaufe in Zürich statt. In nahezu 500 Jahren haben die Täufer die Geschichte der Regionen, in denen sie ansässig waren, intensiv mitgestaltet und geprägt. In Bayern gab und gibt es Täufergemeinden, auch in Bad Königshofen existiert noch heute eine kleine mennonitische Gemeinde, die auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Bei den Mennoniten handelt es sich keineswegs um eine Sekte, sondern eine evangelische Freikirche, die heute eng mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche zusammenarbeitet.
Prediger Hans Hut brachte die Bewegung in die Region
Aus ganz Deutschland kamen die Referenten und Gäste, auch die Königshöfer Gemeinde war vertreten. In drei Räumen fand die Begegnung statt, wodurch auch dem ökumenischen Gedanken Ausdruck verliehen wurde. Zur Buchvorstellung traf man sich im Gemeindehaus der katholischen Kirche, um dann zum gemeinsamen Essen sowie für Workshops ins evangelische Gemeindehaus umzuziehen, ein abschließendes Friedensgebet fand in der evangelischen Kirche statt.
Maria Stettner (Kirchenrätin, Referentin für Ökumene im Evangelischen Landesrat) und Lutz Heidebrecht (Pastor in Ingolstadt, Vorsitzender der Vereinigung Bayerischer Mennonitengemeinden) begrüßten die Gäste und gaben einen Einblick in die Idee und das Konzept des Tages.
Zentrales Thema war das Buch "Täuferisches Leben in Bayern – Eine Spurensuche", das kürzlich bei der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig erschienen ist. Einige der Autorinnen und Autoren lasen Auszüge daraus vor und kommentierten diese. Astrid von Schlachta (habilitierte Historikerin, Privatdozentin an den Universitäten Regensburg und Hamburg) zeigte auf, dass das Grabfeld bereits seit dem 16. Jahrhundert ein Hotspot täuferischer Bewegung war. Hans Hut, ein erfolgreicher Prediger und Missionar, wurde 1490 in Haina geboren und lebte ab 1515 in Bibra. Von hier aus brachte er die Bewegung über Königsberg nach Erlangen, Augsburg und Nürnberg, später auch nach Mähren, Schlesien und Österreich.
Nachweis mennonitischer Gemeinden im Grabfeld
Was bedeutet "Täufer" oder "Wiedertäufer" eigentlich? Kurz gesagt lehnen die Täufer die Säuglingstaufe ab. Sie taufen nur mündige Menschen, die sich bewusst der Gemeinde und dem Glauben zuwenden möchten. Sind diese vorher bereits als Säugling in einer christlichen Kirche getauft, spricht man von Wiedertaufe. Dass dies im 16. Jahrhundert empfindliche Strafen nach sich ziehen konnte und bis heute kontrovers diskutiert wird, darüber sprach Nicole Grochowina (habilitierte Historikerin, evangelische Ordensfrau und Privatdozentin an der Universität Erlangen-Nürnberg).
Hermann Hage (Historiker mit mennonitischen Wurzeln, ehemaliger Referent für Bildung der Stadt Regensburg) hat sich ausführlich mit der Geschichte der Mennoniten in Franken beschäftigt. Seit 1776 gab es nachweislich in vielen Orten im Grabfeld mennonitische Gemeinden, zum Beispiel in Trappstadt, Irmelshausen und Bildhausen. Sie hatten den Ruf, geschickte Landwirte zu sein, weshalb sie als Pächter gerne gesehen waren. Das Klostergut Bildhausen wurde 1817 von der mennonitischen Familie Muselmann erworben und bis 1893 bewirtschaftet, außerdem wurde dort eine Schule betrieben und ein Alterswohnsitz für Mennoniten eingerichtet.
Als Highlight legte Hage ein historisches Kassenbuch vor, das die Ein- und Ausgaben der mennonitischen Gemeinden im Grabfeld von 1833 bis 1914 belegt. Das meiste Geld wurde schon damals für die Unterstützung bedürftiger Menschen ausgegeben.
Langer Prozess der Annäherung zwischen Mennoniten und Lutheranern
Michael Martin (Mitglied des Landeskirchenrats der Evang.-Luth. Kirche in Bayern) sprach über den langen Prozess der Annäherung zwischen Mennoniten und Lutheranern, der darin gipfelte, dass auf der Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes 2010 in Stuttgart ein Akt der Versöhnung und Heilung stattfand, bei dem die mennonitischen Gläubigen offiziell um Vergebung für die Verfolgung von Täuferinnen und Täufern in der Vergangenheit gebeten wurden.
In drei Workshops wurden am Nachmittag einige der angesprochenen Themen in kleinen Gruppen vertieft. Zum abschließenden Friedensgebet kamen alle noch einmal in der evangelischen Kirche zusammen. Dieser Tag zeigte, wie vorbildlich man Ökumene leben kann. Das Treffen war gekennzeichnet von Toleranz, Weltoffenheit, durchaus auch einem kritischen Blick auf Teile der eigenen Geschichte und einer vorurteilslosen Annahme von Andersgläubigen.