Die Qualität des Öffentlichen Nahverkehrs gilt als Gradmesser für die Lebensqualität gerade auf dem Land. Konkret: Der ÖPNV muss attraktiv, verlässlich und bezahlbar sein. Werden diese Attribute im Streutal erfüllt? Nach wie vor gilt aber auch, dass der Schritt vom eigenen Auto in den Bus noch groß ist. Eine Sache der Akzeptanz also, sprich das Angebot zum Umsteigen muss von den Bürgern nachgefragt und angenommen werden.
Die Streutalallianz sieht sich in der Mittlerrolle, künftig den ÖPNV und sein Netz besser unter die Leute zu bringen, zugleich aber auch die Leistungen mehr als bisher ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken. Diesem Zweck diente die Sitzung in der Besengau-Scheuer in Bastheim. Die Runde der Bürgermeister und VG-Chefs aus den Allianz-Gemeinden komplettierten als Experten Sabrina Sum-Dietz als Verkehrsleiterin im elterlichen Betrieb, dem Omnibus-Service Mellrichstadt, sowie Ronald Ziegler, der Nahverkehrsbeauftragte in Landkreis Rhön-Grabfeld.
Verkehrslinien im Allianzgebiet verbessern
Allianzvorsitzender Bürgermeister Martin Link (Stockheim) hatte gut daran getan, die Situation des Öffentlichen Nahverkehrs zum Thema zu machen, Fachleute dazu zu hören und zu diskutieren. Mobil zu sein, wo und wann auch immer, erfordert vielfältige Angebote. Und was den öffentlichen Nahverkehr betrifft, gerne auch maßgeschneidert. Diesen Aspekt, das Streutal durch einen leistungsfähigen ÖPNV zu erschließen und somit attraktiver zu machen, beleuchtete Sum-Dietz detailliert anhand des Liniennetzes im Streutal (siehe dazu die nachfolgende Infobox). So liegen ihr als Vorsitzende der Verkehrsgemeinschaft Rhön-Grabfeld ganz klar Verbesserungen in den Verkehrslinien innerhalb der Streutalallianz wie auch des Landkreises am Herzen, was das Angebot und die zeitliche Taktung betrifft.
Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Zum Beispiel beim Motto „Auf Anruf Bus!“, das auf sogenannte Rufbusse gemünzt ist. So können Fahrgäste aus umliegenden Orten über Querverbindungen auf die Hauptstrecke umsteigen. Dazu werden diese Rufbusse eingesetzt, die jeweils am Vortag bis 15 Uhr angefordert werden können. Und zwar kostenlos unter der Telefonnummer (0800) 000 5645. Ganz gleich, ob ein Gast oder zehn Leute einsteigen, wie Sabrina Sum-Dietz erklärte. Ein Angebot, das leider in einigen Orten bislang noch kein Mal angefordert wurde, wie dies beispielsweise beim Samstags-Verkehr der Linie „Stadtteile Mellrichstadt und Hendungen mit Rappershausen“ der Fall ist.
Bonuspunkte für Busfahrten
Ein flächendeckendes und flexibles Verkehrssystem im Streutal und darüber hinaus ist das Ziel von Sabrina Sum-Dietz. Seit vier Jahren hegt sie den Wunsch, die Buslinie Mellrichstadt-Dreißigacker-Meiningen mit der Alt-Konzession ihres Großvaters Ludwig Mühlfeld zu reaktivieren und wieder aufzunehmen. Ein Angebot für Schüler, Klinik- und Arztbesucher mit wochentags bis zu sechs Verbindungen sowie an Samstagen mit zwei Verbindungen, wie es Sabrina Sum-Dietz vorschwebt. Für dieses Ziel strebt sie ein Treffen mit dem Nahverkehrsbeauftragten des Landkreises Schmalkalden-Meiningen an.
Zu wissen, wie gut und mobil das Streutal und der Landkreis schon aufgestellt sind, ist die positive Seite. Für die andere Seite, dass der öffentliche Nahverkehr „so schlecht geredet wird“, hat Sum-Dietz kein Verständnis. Stattdessen gilt es nach ihren Worten, die Werbetrommel zu rühren und den ÖPNV zu stärken. Dazu könnten auch die Kommunen beitragen, wenn sie beispielsweise Bonuspunkte für Busfahrten vergeben, die bei der Gemeinde oder – wie dies beim Aktiven Mellrichstadt der Fall ist – eingelöst werden können.
Gut geschnürtes Verkehrspaket
Das Konzept, den öffentlichen Nahverkehr durch einheimische Bus-Unternehmen zu bedienen, hat eingeschlagen. Für Ronald Ziegler ein erfolgreicher Weg, hat er doch ein funktionierendes Nahverkehrssystem zu seinem „persönlichen Steckenpferd“ gemacht. Ruf-Bus und Bus-Taxi sind laut dem Nahverkehrsbeauftragten im Landkreis Rhön-Grabfeld „Zusatzangebote, die uns einen Schritt nach vorne bringen“. Mit dem Azubi-Shuttle, der ab September für junge Menschen, die ins Berufsleben starten, zur Verfügung steht, und dem Senioren-Ticket, das in Kürze ausgegeben wird, wird das Verkehrspaket ergänzt. „Allesamt Angebote, um die uns andere Landkreise beneiden.“
Die Vorstellung von einem Verkehrsverbund, der den Fahrgast vom Domplatz in Würzburg bis zur Haltestelle nach Weimarschmieden bringt, fasziniert Ronald Ziegler. Da könnte zum Beispiel eine App im Onlinedienst hilfreich sein, die ähnlich wie bei der Deutschen Bahn über Start-Ziel-Zeiten sowie Kosten informiert, wie es Ostheims Bürgermeister Steffen Malzer angeregt hat.
Die Erkenntnis aus der Expertenrunde zum Thema ÖPNV im Prozess um das Integrierte Ländliche Entwicklungskonzept vor drei Jahren wiederholt sich aktuell: Der ÖPNV und sein Netz sind besser als der Ruf, der ihm in der breiten Öffentlichkeit vorausgeht. Sogar weit besser.