Einst war das Furnier- und Sägewerk Rothhaupt stolzes Vorzeigeobjekt der Gemeinde Stockheim. Doch nach dem Konkurs des Unternehmens Anfang der 1980-er Jahre war ein großer Teil des Geländes fast vier Jahrzehnte dem Verfall preisgegeben. Es verkam immer mehr zum „Schandfleck“ am östlichen Ortseingang. Das Bild mit den Ruinen in der Mellrichstädter Straße soll nun bald der Vergangenheit angehören. Nach jahrelangen Bemühungen ist es der Gemeinde gelungen, die betreffenden Grundstücke mit den maroden Gebäuden zu erwerben. Mit Hilfe der Städtebauförderung soll ein Rückbau erfolgen und das Areal renaturiert werden. So kann an der Stelle der Industriebrache ein schmucker Flecken Erde entstehen.
Bürgermeister Martin Link ist froh über die positive Entwicklung, geht doch für die Gemeinde ein langgehegter Wunsch in Erfüllung. Immerhin ist der Gemeindeführung schon seit rund 25 Jahren daran gelegen, den Zustand in der Mellrichstädter Straße zu verbessern. Das gestaltete sich schwierig, waren nach der Zerschlagung des Rothhaupt-Betriebes, der 1981 seine Pforten schloss, die Eigentumsverhältnisse äußerst schwierig. Nach und nach siedelten sich zwar mehrere neue Firmen an und investierten zum Teil massiv. Aber ein großer Bereich des ehemaligen Areals blieb sich selbst überlassen, da sich die neuen Eigentümer nicht darum kümmerten und auch nicht bereit waren, an die Gemeinde zu veräußern.
Die Streutalallianz macht die Neugestaltung möglich
Inzwischen ist es der Gemeinde gelungen, Grundstücke auf einer zusammenhängenden Fläche von rund 8000 Quadratmetern zu erwerben. Im Bereich zwischen dem Sportheim des Rhön-Grabfelder Taekwondo-Vereins und dem früheren Bürohaus kann man nun aktiv werden. Eine große Rolle spielt dabei die Streutalallianz, deren Vorsitzender Martin Link seit vergangenem Jahr ist. „Die Streutalallianz ist ein Segen“, sagt Link dankbar. Denn durch den Zusammenschluss der Gemeinden im Streutal eröffnet sich für Stockheim mit der Städtebauförderung ein wichtiger Fördertopf, ohne den das Vorhaben finanziell nicht denkbar wäre, macht er deutlich.
Als Pilotprojekt der Städtebauförderung ist beabsichtigt, die Gebäude abzureißen und das Areal als kleines Naherholungsgebiet herzurichten. Die Kosten werden auf grob eine Million Euro geschätzt, die Gemeinde kann nach den Worten des Bürgermeisters 60 bis 80 Prozent Zuschuss erwarten.
Geplant: ein Naherholungsgebiet mit viel Grün
Pflegeleicht, mit viel Grün und natürlichen Blühflächen – so soll das Areal werden. Es gibt schon einige Ideen. Eine Planung liegt aber noch nicht vor, denn in die könne man erst einsteigen, wenn der Förderbescheid eingetroffen ist, so Link. Er hofft, dass man dann noch in diesem Sommer mit der Ausschreibung der Abrissarbeiten und dann mit der konkreten Planung beginnen kann.
Die notwendigen Baumfällarbeiten wurden im Vorfeld genehmigt und konnten noch vor Beginn der neuen Vegetationsperiode erfolgen. Wenn die Gebäude zurückgebaut sind, dann könne man sich auch eher ein Bild von den topographischen Gegebenheiten machen und absehen, was sich aus der Hanglage der Grundstücke entwickeln lässt, eventuell durch Terrassierungen, sagt das Gemeindeoberhaupt.
Erinnerung an die erfolgreiche Firmengeschichte
Das Gelände soll sich dann schmuck in den Bereich zwischen Streuauen und Bahndamm einfügen und die Gebiete miteinander verbinden. An das einst so erfolgreiche Säge- und Furnierwerk Rothhaupt werden dann nur noch die wenigen in den letzten Jahren einer neuen Nutzung zugeführten Gebäude und die Heilmann-Villa erinnern. Wie in der Ortschronik von Kreisheimatpfleger Reinhold Albert aus dem Jahr 2002 nachzulesen ist, hatte Hermann Rothhaupt aus dem benachbarten Ostheim 1878 die Stockheimer Schneidmühle am unteren Tor an der Straße nach Mellrichstadt gekauft. Mit seiner Frau Emilie legte er den Grundstein für das Dampfsägewerk und einen rasch expandierenden Betrieb.
Gleich von Beginn an verfügte man über eine gute Infrastruktur mit dem Gleisanschluss an die Bahnstrecke Mellrichstadt-Fladungen. 1913 traten in die inzwischen gegründete offene Handelsgesellschaft Oskar und Erich Heilmann ein. Rothhaupt, der im selben Jahr von Prinzregent Luitpold von Bayern zum Kommerzienrat ernannt worden war, starb 1928. Nach seinem Tod befand sich das Werk im Besitz seines Neffen Erich Heilmann. Dieser übernahm nach dem Ausscheiden von Oskar Heilmann 1932 den Betrieb als Einzelkaufmann. 1948 wurde eine KG mit Erich Heilmann als Komplementär, seiner Frau Paula und den Söhnen Joachim und Wilhelm als Kommandantisten gegründet. Drei Jahre später erfolgte die Umwandlung in eine Familien-AG. Bis zu seinem Tod 1969 fungierte Erich Heilmann, der anlässlich seines 60. Geburtstages bereits 1950 zum Ehrenbürger Stockheims ernannt worden war, als Vorstand.
Einst profitables Unternehmen muss Konkurs anmelden
Das Unternehmen war stets auf Modernisierung ausgerichtet, von 1949 bis 1977 wurden rund 5,5 Millionen D-Mark investiert. „Drei Messermaschinen, eine Blockbandsäge, drei Portalkräne, vier Gabelstapler und sogar eine eigene Lokomotive für den Gleisanschluss zeugten von einer zeitgerechten Einrichtung des Furnier- und Sägewerkes“, heißt es in der Chronik. Die kleine Diesel-Lok gehört heute übrigens zum Fuhrpark der Museumsbahn des Fränkischen Freilandmuseums Fladungen, wie Martin Link berichtet.
Das auf europäische Eiche spezialisierte Unternehmen gehörte seinerzeit deutschlandweit zu den größten und besten Werken seiner Art und bechäftigte in seiner Blütezeit um die 150 Mitarbeiter. Es lieferte neben wertvollem Furnier auch Schnittholz für Möbel und Fertighausbau.
1978 konnte das Furnier- und Sägewerk Rothhaupt sein 100jähriges Bestehen feiern. Nur drei Jahre später musste das Unternehmen wegen der schlechten und vor allem veränderten Marktlage Konkurs anmelden, wie abschließend in der Gemeindechronik zu lesen ist.