"Mittelstandsbauch abschmelzen", "kalte Progression" abbauen, zwei politische Schlagworte, die sich in Zahlen fassen lassen: Rund 42,18 Millionen Steuerzahlende haben 318,30 Milliarden Euro über die Lohn- und Einkommensteuer bundesweit in die Staatskasse eingezahlt. Von denen kamen 40.255 Steuerzahlende aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld und füllten die Staatskasse mit 250,18 Millionen Euro.
So weit, so einfach, aber nur scheinbar: Denn es ist ja nicht so, dass alle Steuerzahlenden gleich sind. Sondern es herrscht das Prinzip "Starke Schultern sollen mehr tragen". Und "starke Schultern" haben aus Sicht der Steuerpolitik alle, die über 50.000 Euro Einkommen pro Jahr anmelden. Ihre Zahl beträgt in Rhön-Grabfeld 10.219 Steuerzahlende. Ihr Beitrag liegt bei 184,94 Millionen Euro.
Sie tragen 73 Prozent des Steueraufkommens
Damit haben diese Steuerzahlenden, einen Anteil von 25,39 Prozent an den Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen. Sie bezahlen aber 73,92 Prozent des Steueraufkommens. Wobei, wenn man es noch genauer aufschlüsselt, die Menschen und Familien mit 50.000 bis 125.000 Euro Einkommen in Rhön-Grabfeld 43,63 Prozent beitragen und die mit höheren Einkommen 30,29 Prozent.
Dass 25,39 Prozent der Steuerpflichtigen in Rhön-Grabfeld 73,92 Prozent des Steueraufkommens finanzieren, mag sich beeindruckend anhören. Dass es aber, wenn wir die Einkommensklasse 35.000 Euro bis 50.000 Euro dazu nehmen, dann schon nochmal plus 15,30 Prozent sind und damit alle Anteile zusammengerechnet 89,22 Prozent ergeben, macht die Dimension der Steuerbelastung für den Mittelstand noch deutlicher.
Basis dieser Aussage sind die Lohn- und Einkommenssteuerdaten von 2018. Das ist aber nicht vermeidbar, weil die Lohn- und Einkommensteuerfälle erst abgeschlossen sein müssen und nur dann eine bundesweite Vergleichbarkeit besteht. Und vier Jahre dauert ein strittiger Steuerfall schon mal, also gibt es erst dann verlässliche Zahlen.
Deswegen gibt es vorher auch immer nur die Werte der Steuerschätzungen. Was die endgültigen Daten in der Regionaldatenbank Genesis jetzt ermöglichen, ist beispielsweise die Aussage, dass der 'Gesamtbetrag der Einkünfte' der 40.255 Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen im Kreis Rhön-Grabfeld 2018 bei 1,61 Milliarden Euro lag, von denen insgesamt 250,18 Millionen Euro Steuern zu zahlen waren.
Die durchschnittlichen Einkünfte lagen 2018 bei 39.937 Euro. Die durchschnittliche Steuer pro Steuerzahlenden lag bei 6.215 Euro. Der durchschnittliche Steuersatz lag bei 15,56 Prozent. Die Durchschnittswerte sind mit Vorsicht zu genießen, weil sie die breite Spreizung der Einkommensklassen und die Entwicklung bei den Einkommen vernachlässigen. In Zahlen: In der Gruppe mit einem Einkommen bis 15.000 Euro, betrug die Zahl der Steuerpflichtigen damals 13.547. Dagegen waren es 2018 in dieser Gruppe noch 10.337 Steuerpflichtige, also weniger. Ihr Steueranteil lag bei 1,29 Millionen Euro (2010: 1,65 Millionen).
Die Zahl der Steuerzahlenden in der Einkommensklasse 15.000 bis 30.000 Euro wuchs im betrachteten Zeitraum von 6.608 Steuerpflichtigen um 41,71 Prozent auf 9.364. Ihre Steuern summierten sich auf 15,25 Millionen Euro. (2010: 17,33 Millionen Euro), lagen also niedriger. Hier macht es Sinn, den Betrag pro Steuerzahlenden zu errechnen, um beide Entwicklungen zu betrachten: 2010 lag der Durchschnittsbetrag je Steuerzahlenden bei 2.623 Euro, während der Betrag 2018 mit 1.628 Euro deutlich niedriger lag. Was darauf hinweist, dass in dieser Einkommensklasse schon in den letzten Jahren vorgenommenen Entlastungen wirksam wurden.
Zuwachs in der Einkommensklasse bis 125.000 Euro
In der Einkommensklasse 30.000 bis 125.000 Euro wuchs die Zahl der Steuerzahlenden im betrachteten Zeitraum von 13.710 Steuerpflichtigen um 41,67 Prozent auf 19.423. Ihre Steuerzahlungen ergaben insgesamt ein Aufkommen von 157,87 Millionen Euro. (2010: 98,65 Millionen Euro), wuchsen also parallel ebenfalls. 2010 betrug der Durchschnittsbetrag je Steuerzahlenden 7.196 Euro, während er 2018 auf 8.128 Euro kam.
Bleibt noch die Zahl derer, die im Kreis Rhön-Grabfeld über 125.000 Euro als Einkommen anmeldeten. Sie wuchs in dieser Zeit von 557 Steuerpflichtigen um 103,05 Prozent auf 1.131. In die Steuerkasse zahlte diese, vergleichsweise kleine Gruppe insgesamt 75,79 Millionen Euro ein. (2010: 46,34 Millionen Euro), Das ist ein Anstieg um 63,56 Prozent beziehungsweise 29,45 Millionen Euro. Diese Gruppe trug damit allein 30,29 Prozent der Steuerlast.2010 lag der Durchschnittsbetrag je Steuerzahlenden bei 83.190 Euro, während er bis 2018 auf 67.011 Euro anstieg.
Was ist mit den Spitzenverdienenden?
Und was ist mit den Spitzen-Spitzenverdienenden? Lässt sich mit den vorliegenden Daten nicht sagen. Mit Ü -125.000 Euro ist bei der offiziellen Aufgliederung in der Datenbank Schluss. Da sprechen auch Datenschutzgründe dafür, weil die Gruppe wird ja immer kleiner und damit auch schnell zu identifizieren ist.
Was sich sagen lässt, ist, dass ab 1. Januar 2023 neue Steuersätze gelten, weil das "Inflationsausgleichsgesetz" verabschiedet wurde. Das bringt als Entlastung eine Anhebung des Grundfreibetrags, bis zu dem keine Steuer zu zahlen sind, auf 10.908 Euro. Und die starken Schultern beginnen dann bei 62.810 Euro, mit einem weiteren Aufschlag bei 277.826 Euro. Wie sich das auswirkt, weiß man präzise erst 2027. Bis dahin gilt: In der Bundesliga der "starken Schultern" liegen die Einkommensbeziehenden in der Klasse Ü-125.000 Euro im Kreis Rhön-Grabfeld mit ihrem Steuer-Pro-Kopf-Betrag von 67.011 Euro auf Platz 241 von ausgewerteten 398 Stadtstaaten, Stadt- und Landkreisen.