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Stasi-Opfer kriegt manchmal soo einen Hals
Thomas Luckow2       -  Engagierter Mahner für die konsequente Aufarbeitung der DDR-Staatssicherheit: Thomas Lukow bei seinem Vortrag im Gemeindezentrum Salz.Foto: Stefan Kritzer
| Engagierter Mahner für die konsequente Aufarbeitung der DDR-Staatssicherheit: Thomas Lukow bei seinem Vortrag im Gemeindezentrum Salz.Foto: Stefan Kritzer
Stefan Kritzer
 |  aktualisiert: 17.10.2017 09:13 Uhr

Die Staatssicherheit der früheren Deutschen Demokratischen Republik hat nicht nur die eigenen Mitbürger ausspioniert, sondern auch in der Bundesrepublik massiv Einfluss genommen. Ein Faktum, das heute unumstritten ist. Wie sehr jedoch Politik und Wirtschaft in Westdeutschland von der Stasi unterwandert waren und welche Nachwirkungen das bis heute hat, das gerät mehr als ein Vierteljahrhundert nach der Wende zunehmend in Vergessenheit. Doch es gibt stetige Mahner wie Thomas Lukow.

Die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung hatte zu einem Vortragsabend über die Machenschaften der Stasi in das Gemeindezentrum geladen. Bürgermeister Martin Schmitt und Stiftungsvertreterin Rosi Hufnagel aus Hammelburg begrüßten eine stattliche Anzahl an Zuhörern. Gymnasiallehrer Hartmut Brunner aus Salz hatte die Idee zu dem Vortrag, ein Referat gleichen Themas hält Thomas Lukow in diesen Tagen auch im Rhön-Gymnasium vor Zehntklässlern.

Seit vielen Jahren engagiert sich Lukow in ganz Deutschland gegen das Vergessen und unter-den-Tisch-kehren der Stasi-Vergangenheit in Ostdeutschland. „Auch Westdeutschland war stark von der Stasi unterwandert“, sagt er, und schon sprudeln die Fakten aus ihm heraus. Mit einer immensen Zahl an Beispielen und historischen Gegebenheiten aus den Jahrzehnten des Bestehens der DDR und vor allem der Stasi, forderte Lukow die volle Konzentration seiner Zuhörer.

Haft in Bautzen

Thomas Lukow, Jahrgang 1959, stammt aus Potsdam. Bis zu seinem 18. Lebensjahr engagierte er sich in der FDJ; später war er in der Musik- und Kulturszene im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg aktiv. Wegen versuchter „Republikflucht“ wurde er 1981 zu 20 Monaten Gefängnis verurteilt. Er verbüßte seine Haftstrafe in Hohenschönhausen und Bautzen.

Nach der Entlassung engagierte er sich in der Kulturszene und in kirchlichen Friedenskreisen in Ost-Berlin. 1989 reiste er mit Ehefrau und Kindern nach West-Berlin aus. Seit 2000 arbeitet er freiberuflich in der politischen Bildungsarbeit, unter anderem im Stasi-Museum in der Gedenkstätte Normannenstraße in Berlin. Lukow ist Referent bei der Konrad-Adenauer-Stiftung und freiberuflicher Stadtführer in Berlin. Über Thomas Lukow hatte die Stasi eine 600 Seiten umfassende Akte angelegt.

In seinem Vortrag beeindruckte Lukow mit einem immensen Faktenwissen von Beginn der Staatssicherheit im Jahre 1950 bis zu deren Auflösung 1990. Sogar die Erstürmung des Berliner Hauptamtes nach der Wende durch erboste Bürger im Januar 1990 sei eine Inszenierung gewesen, behauptet er. In der langen Geschichte der Spitzelei waren auch immer wieder West-Politiker das Ziel der Stasi.

Politikergrößen wie Hans-Jürgen Wischnewski, Rainer Barzel oder Johannes Rau mussten in ihren Karrieren ein ums andere Mal erkennen, dass Stasi-Spitzel bis in ihr nächstes Umfeld vorgedrungen waren. Der bekannteste Stasi-Spion in der deutschen Politik war Günter Guillaume, der es bis zum Vertrauten des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt geschafft hatte. „Guillaume war der größte Sieg der Stasi in Westdeutschland“, sagt Thomas Lukow.

Nach Lukows Worten sind die Schandtaten der Stasi nach der Wende nicht genügend aufgearbeitet, die Lehren daraus nicht ausreichend gezogen worden. Was an den Nachwendekarrieren mancher einstiger DDR-Politiker deutlich werde. Kein gutes Haar lässt Lukow unter anderem an dem Linken-Politiker Gregor Gysi und bezeichnet ihn als eine der „amoralischsten Persönlichkeiten in Deutschland“. „In seiner Promotion legitimiert er alle Diktaturen der Welt“, sagt Lukow.

Unrechtsstaat

Doch trotz aller Bekenntnisse, sich der Geschichte zu stellen, gerate der Unrechtsstaat DDR immer mehr in Vergessenheit und werde stattdessen eher als sozial engagierterer Staat im Vergleich zur Bundesrepublik verklärt. „Wenn heute jemand sagt, in der DDR war alles viel sozialer, dann kriege ich so einen Hals“, schimpft Thomas Lukow. Irrwitzige Summen wurden von der SED-Parteiführung der DDR in die Staatssicherheit investiert. „Gleichzeitig verrotteten Städte wie Quedlinburg und Halle, und für Behinderte gab es noch nicht mal einen Rollstuhl.“

Lukow fordert von der Bundesregierung wie von jedem Bürger, die Geschichte der DDR und der Bundesrepublik genau im Auge zu behalten und gegebenenfalls aufzuarbeiten. „Das können Sie alles im Internet nachlesen“, sagt Lukow bezüglich seiner Äußerungen in seinem langen Vortrag. „Es interessiert aber leider keinen“, beklagt er und weiß doch zu genau: „Man muss die Vergangenheit kennen, um die Zukunft zu gestalten.“

 
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