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Bad Neustadt
Sprit teuer wie nie: Wie reagieren Pendler in Rhön-Grabfeld?
Die Preise an den Zapfsäulen steigen stetig weiter. In der  vergangenen Woche lagen die Kosten für eine Tankfüllung auf Rekord-Hoch. Wie gehen Rhöner Pendler damit um?
Die Benzinpreise klettern auch im Landkreis Rhön-Grabfeld nach oben. Pendlerinnen und Pendler müssen nun viel mehr Geld für ihre Fahrt auf die Arbeit aufwenden.
Foto: Gerhard Fischer | Die Benzinpreise klettern auch im Landkreis Rhön-Grabfeld nach oben. Pendlerinnen und Pendler müssen nun viel mehr Geld für ihre Fahrt auf die Arbeit aufwenden.
Franziska Sauer
 und  Michael Nöth
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:53 Uhr

Pro Liter E10 werden momentan durchschnittlich 1,669 Euro fällig. Der Benzinpreis ist auf dem höchsten Niveau seit 13. September 2012 (1,709 Euro). Auch Diesel lag im Oktober im bundesweiten Mittel bei 1,559 Euro pro Liter, was die Differenz zum Benzin weiter verkleinert und ein neues Rekordhoch bedeutet. Der bisherige Diesel-Höchststand betrug am 26. August 2012 1,554 Euro pro Liter.

Laut ADAC sei durch die fallenden Temperaturen und den nahenden Winter die Nachfrage nach Heizöl stark angestiegen. Ein Barrel der Sorte Brent kostet derzeit etwa 83 US-Dollar. Auch der ungünstige Wechselkurs zwischen Dollar und Euro sei ein Grund für steigende Benzin- und Dieselpreise, so der ADAC. Die Öl-Einfuhr nach Europa ist mittlerweile deutlich teurer als noch 2012. Besonders betroffen davon sind die Berufspendlerinnen- und -Pendler. Wir haben vier aus Rhön-Grabfeld befragt, wie sie auf die Teuerung reagieren. 

Ralf Seidling pendelt seit 38 Jahren zwischen Sulzdorf an der Lederhecke und seinem Arbeitsort Bamberg.
Foto: Julia Seidling | Ralf Seidling pendelt seit 38 Jahren zwischen Sulzdorf an der Lederhecke und seinem Arbeitsort Bamberg.

Ralf Seidling fährt von Sulzdorf nach Bamberg zur Arbeit: 108 Kilometer täglich

"Dieser Sprit-Preis ist ein Witz! Das ist für mich nicht nachzuvollziehen", schimpft der 58-jährige Systemauditor, der seit 38 Jahren von Sulzdorf an der Lederhecke nach Bamberg zu Bosch fährt. Über die Barrel-Kosten lasse sich die Teuerung nicht alleine erklären. "Das ist Abzocke!" Seidling ist auf das Auto angewiesen, der ÖPNV für ihn keine Alternative.

"Allein der Zeitaufwand ist nicht machbar", sagt er. Er müsste mit dem Bus nach Ermershausen, dort umsteigen in den Bus nach Ebern, von dort mit der Bahn zum Hauptbahnhof nach Bamberg und schließlich mit dem Stadtbus ins Industriegebiet zu Bosch: 3,5 Stunden Zeit bräuchte er dafür. "Da fahre ich mit meinem A3-Diesel deutlich wirtschaftlicher, zudem auch sauberer", erklärt Seidling. Eine Fahrgemeinschaft komme für ihn aufgrund seiner unterschiedlichen Arbeitszeiten nicht infrage.

Auch die Diskussion um alternative Antriebe findet er fadenscheinig. "Alles dreht sich um den E-Motor, Wasserstoff und E-Fuel werden nicht weitreichend genug vorwärtsgebracht", klagt der Sulzdorfer. Auf die Palme gebracht habe ihn aber eine Aussage von Grünen-Co-Chef Robert Habeck. "Der hat gesagt, dass es bei der Klima-Diskussion auch Verlierer geben muss. Und das ist die Landbevölkerung!" 

Mit Auto und Bahn zur Arbeit: Harry Ruck aus Saal.
Foto: Christian Ruck | Mit Auto und Bahn zur Arbeit: Harry Ruck aus Saal.

Harry Ruck aus Saal steigt vom Auto in die Bahn, um nach Würzburg zu kommen

Für den 64-jährigen Verwaltungsbeamten Harry Ruck aus Saal beginnt der Arbeitstag früh um 4.30 Uhr. Da fährt er vom Grabfeld mit seinem Corsa nach Schweinfurt zum Bahnhof, um in den Zug nach Würzburg zu steigen. Am dortigen Bahnhof  steht sein Rad, mit dem er in die Innenstadt zu seinem Arbeitgeber, der Berufsgenossenschaft, radelt. "Da bist du um 6 Uhr dann am Arbeitsplatz munter!", schmunzelt er. Ruck macht das mittlerweile seit 42 Jahren. "Ich beobachte eine stetige Teuerung. Diese Preise sind mittlerweile ein riesiger Kostenfaktor für uns Pendler!"

Und damit meint er nicht nur den Sprit. Auch die Bahn zieht zügig an. "Wenn man von Bad Neustadt nach Würzburg ein Ticket lösen will und über 20 Euro bezahlen muss, macht das kein Mensch mehr", weiß er. Außerdem würde die Bahn gerade in Bad Neustadt keinen ordentlichen Parkplatz vorhalten, das sei in Münnerstadt oder Mellrichstadt viel besser - für ihn aber als Pendler dorthin jeweils mit Mehrkosten verbunden. Deshalb fährt er weiter alleine nach Schweinfurt, eine Fahrgemeinschaft mit Menschen, die in der Industrie arbeiten, sei kein Thema. In der Früh braucht er 1,5 Stunden von Saal bis nach Würzburg, am Nachmittag eine bis nach Hause. "Ich muss das nur noch ein Jahr machen, dann gehe ich in Rente. Gott sei Dank."

Thorsten Ziegler pendelt von Waldberg nach Schweinfurt. Trotz  Autogas-Tank muss er erheblich tiefer in die Taschen greifen.
Foto: Gerhard Fischer | Thorsten Ziegler pendelt von Waldberg nach Schweinfurt. Trotz Autogas-Tank muss er erheblich tiefer in die Taschen greifen.

Thorsten Ziegler fährt mit Gas von Waldberg nach Schweinfurt

Die Wirtschaftlichkeit bei seinem Weg zur Arbeit war für den Waldberger Thorsten Ziegler schon von Anfang an ein Thema. Um nach Schweinfurt zur Fachhochschule zu kommen, hat sich der  Verwaltungsbeamte extra ein Auto mit Gasantrieb gekauft. "Als ich aber nun vollgetankt habe, musste ich so tief in die Tasche greifen wie noch nie. Über 27 Euro - das ist Rekord!", klagt  der 47-Jährige. Vorher zahlte er um die 20 Euro für eine Füllung.

"Ich glaube ja, dass sich der Staat oder die Unternehmen jetzt das wieder reinholen, was ihnen im Lockdown weggebrochen ist", so seine Mutmaßung. Seine Begründung: In Österreich und Tschechien ist der Sprit doch auch günstiger. Das zeigen doch die ganzen Berichte zum derzeitigen Tank-Tourismus.

Auch für ihn ist der ÖPNV keine Alternative. "Kurz nach 5 mit dem Bus nach Bad Neustadt, dann in den Zug und 27 Euro bezahlen, das rechnet sich nicht!" Auch eine Fahrgemeinschaft mit FH-Kollegen aus Rödelmaier und Ebenhausen habe sich zerschlagen, weil Schichtarbeit und Homeoffice nicht zu harmonisieren waren.

Ziegler nutzt seither vielfach das Homeoffice. "Aber ich muss trotzdem oft nach Schweinfurt. Denn alle Anliegen der Studenten kann man nicht über Zoom klären", so der Verwaltungsmann, der sich in Schweinfurt um die internationalen Studenten kümmert. 

Auto statt Bahn: Evamarie Wirth aus Leubach hat den längsten Weg der Befragten zur Arbeit.
Foto: Frank Wirth | Auto statt Bahn: Evamarie Wirth aus Leubach hat den längsten Weg der Befragten zur Arbeit.

Evamarie Wirth hat einen Arbeitsweg von 80 Kilometern einfach von Leubach nach Schweinfurt

Die Spritpreise haben für Evamarie Wirth aus Leubach schon lange die Schmerzgrenze erreicht. "Für eine junge Familie, die noch dazu ein eigenes Haus gebaut hat, ist das auf Dauer ein untragbarer Kostenfaktor. Wir sind auf das Auto angewiesen, ich fahre jeden Tag zur Arbeit. Auf dem Land geht es eben nicht anders."

Die junge Mutter eines zweijährigen Sohnes muss täglich 80 Kilometer zu ihrem Arbeitsplatz nach Schweinfurt fahren. "Ich plane immer eine gute Stunde Fahrzeit ein." Mit öffentlichem Nahverkehr von Leubach nach Schweinfurt? Aussichtslos, sagt Evamarie Wirth. Nur mit noch höherem Zeitaufwand möglich – und als Mutter ist die Zeit häufig sowieso schon viel zu knapp bemessen.

"Während meiner Ausbildung bin ich mit dem Zug gefahren, aber auch da musste ich erst einmal nach Mellrichstadt oder Bad Neustadt kommen. Busse fahren hier ja nicht im 15-Minuten-Takt und ich fange früh um sechs an, das macht es noch schwieriger." Außerdem hätte sie als Frau auch kein gutes Gefühl dabei, abends alleine am Bahnhof in Schweinfurt zu stehen, gibt die 26-Jährige offen zu.

Dann also doch lieber die hohen Spritkosten in Kauf nehmen? "Ich fahre schon vorausschauend und tanke nicht erst, wenn der Tank komplett leer gefahren ist." Dabei achte sie auch auf die Preisunterschiede und tanke erst, wenn es ihr günstig erscheine. "Meistens tanke ich in Bad Neustadt und Fladungen, in Schweinfurt ist es meinem Gefühl nach immer am teuersten."

Außerdem bildet die junge Leubacherin öfter mal Fahrgemeinschaften, sofern es sich mit den Arbeitszeiten der Kollegen vereinbaren lässt. "Das klappt nicht immer, aber praktischer ist es schon und eine echte Erleichterung."

 
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Kommentare
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  • seneca
    Gemäßigtes Fahren...
    Höchstgeschwindigkeit 130 auf BAB...
    Und moderates Fahren auf Landstraßen

    Mehrzeitaufwand zu vernachlässigen, dafür entspannteres Ankommen, Motor entstresster, Verbrauch niedriger
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  • chrihand
    @ Lebenhan1965
    mein Dieselfahrzeug hat sogar über 200PS und braucht bei normaler Autobahnfahrt trotzdem nur knapp über 5l / 100km. Über längere Distanzen auch mal unter 5l.
    Da kann man aber auch deutlich über 10l / 100km durchlaufen lassen.
    Der Motor ist verbaut, weil gelegentlich auch mal >1500kg am Haken hängen.
    Ansonsten: Jeder wie er mag. Wenn ich mir so einige Zeitgenossen in NES anschaue, die offenbar Befriedigung im Ampelsprint bis zur nächsten roten Ampel finden: Official Sponsor of BRD....
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  • chrihand
    wie ich als Vielfahrer reagiere?

    Zunächst einmal grundsätzlich nicht in Rhön-Grabfeld tanken. Teuerste Region überhaupt!

    Tempo 130 auf der BAB ist bei mir sowieso angesagt, auch ohne hohe Kraftstoffpreise.

    Aber viel wichtiger ist: sparen kann man an anderer Stelle. Ist zwar negativ für die einheimische Wirtschaft, aber was interessiert mich das?
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  • Andre010675
    @Lebenhan1965: Sehr gut auf den Punkt gebracht! Wenn der Sprit tatsächlich zu teuer wäre, würden nicht so viele Panzer rumfahren. Teilweise sind ja schon in der Golf-Klasse 19-20 Zoll Alus auf der Achse Pflicht. Definitiv selbst schuld. Wer "schön" sein will muss leiden. War schon immer so. zwinkern
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  • Andre010675
    Gibt doch günstige Alternativen von VW/Audi/Seat... Stichwort: Erdgas/CNG-Antrieb. 400 km=20 Eur. Gibt es halt nur mit 130 oder 170 PS. Somit "unfahrbar" für Viele.
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  • Lebenhan1965
    @ Andre...

    Ein Diesel, Effizienzklasse A+, mit 5 Liter auf 100km fährt bei einem Preis von 1,60 € pro Liter für 8 €/ 100km also 32 € für 400 km, wenn man nur den Treibstoff betrachtet.
    So ein Auto hat halt keine 170 PS. Aber wer braucht die schon?
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  • Lebenhan1965
    Wer das Wachstum

    der Fahrzeuge auf manchen Firmenparklplätze beobachtet kann nur feststellen: Selber schuld!

    Statt auf möglichst effiziente Fahrzeuge zu setzen haben viele SUVs gekauft im Vertrauen darauf, dass der Sprit immer so bleibt wie im letzten Jahr.

    Es wäre längst möglich Autos zu fahren, die nur noch 4 Liter auf 100 km verbrauchen, aber die wurden von den meisten Verbrauchern nie verlangt also hat die Industrie riesige Trümmer Auto fabriziert, die nachgefragt wurden.

    Der Fortschritt im Motorenbau wird konterkariert durch das Gewichtswachstum der Autos!
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  • henner59
    Pendlerpauschale auf 50cent pro Km.
    Sofort.
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  • popp.58
    Schon mal nachgedacht, was das einem Geringverdiener bringt?
    Wenig bis nichts
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  • Lebenhan1965
    @ henner59

    Bringt doch nur was, wenn Sie einen Grenzsteuersatz von 30% oder mehr haben.

    Sehr viele Arbeitnehmer haben wenig bis nichts davon.
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  • Andre010675
    Unsinn.
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  • jhuller@gmx.de
    Der Groll der oben erwähnten Personen ist verständlich. Alternativen gibt es kaum mehr.

    mMn ist die Situation nach das Ergebnis jahrzehntelang verfehlter Verkehrspolitik:

    Die Deutschen sind Pendlermeister. In keinem anderen Land in Europa werden im Schnitt mehr Kilometer zur Arbeit gependelt. Warum ist das so? Sind die Leute dümmer als woanders? Sicher nicht.

    Seit Jahrzehnten ist das Auto das alleinige politisch bevorzugte Verkehrsmittel. Nicht zuletzt durch die unselige Nähe der Politik zur Autoindustrie. Versüßt und weiter gefördert wurde das Ganze durch die Pendlerpauschale.

    Alternativen zum Auto wurden systematisch abgebaut. Die Busse und Bahnen bedienen nur noch die Hauptstrecken, der Rest wurde stillgelegt.

    Jetzt soll es wieder andersrum gehen, doch man fängt und Grund der Fehler der Vergangenheit beinahe wieder bei Null an. Nicht dumm gelaufen, sondern absichtlich dumm gemacht!
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