Gelächter und erwartungsfrohe Stimmung auf dem Pausenhof, zahlreiche Kinder warten darauf, dass sich die Schultür öffnet. Aber halt – sind jetzt nicht Ferien? Bad Königshofen fand einen besonderen Weg, die Forderung des bayerischen Kultusministers Michael Piazolo (Freie Wähler) nach einer "Sommerschule 21" zu erfüllen. Schulen sollten in der ersten und in der letzten Woche der Sommerferien qualifizierte Nachhilfe anbieten.
Gut gedacht, aber schwer umzusetzen ist die Aktion besonders auf dem Land, wo keine Studenten, kaum Pädagogen im Ruhestand oder anderes Personal bereit stehen, um hier mitzuwirken. Die Lehrkräfte der Schulen sollen nach Möglichkeit nicht eingesetzt werden. "Sie arbeiten seit längerer Zeit am Limit und brauchen dringend Erholung", sagt der Rektor der Mittelschule in Bad Königshofen, Jürgen Seidenzahl. Externes Personal hätte nur durch eine sehr aufwendige Beantragung für einen recht geringen Lohn kurzzeitig eingestellt werden können, was einige eventuell Interessierte abschreckte.
Schule mal anders
Seidenzahl besann sich auf das Jukunet (Netzwerk für Jugendkultur) und die Vhs Rhön und Grabfeld, für die Renate Knaut tätig ist. Sie kennt als pädagogische Leiterin diverse Dozenten und Leute, die für die Sommerschule in Frage kommen würden. Man setzte sich gemeinsam mit der Leiterin der Grundschule Kerstin Ebner und dem Museumsleiter Andreas Rottmann als logistischen Unterstützer zusammen und fand eine Lösung: "Lernen in den Ferien? Ja – aber mit Spaß" heißt nun das Angebot für Grundschüler und Mittelschüler bis zur 8. Klasse. "Wir waren uns schnell einig. Es sollte versäumter Schulstoff vermittelt werden und gleichzeitig ein kulturelles Angebot mit Gemeinschaftserlebnis geben", berichtet Renate Knaut.
63 Kinder aus Bad Königshofen und Aubstadt gingen schließlich freiwillig in die Schule, sie wollen ihre Lücken schließen, die der eingeschränkte Unterricht im letzten Schuljahr hinterlassen hat, aber gleichzeitig die Schule mal anders genießen, ohne Leistungsdruck und Zensuren. "Deutsch, Mathe, Englisch trifft Tanzen, Töpfern, Kunst und Kochen", heißt es im Untertitel in der Einladung.
Die Planung war eine Herausforderung
Beim talentCAMPus kompakt, einem Ferienbildungsprogramm des Deutschen Volkshochschulverbandes im Rahmen von "Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung", gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, ist die Teilnahme kostenfrei, auch für ein kostenloses Mittagessen ist gesorgt. Die Kinder haben am Vormittag in kleinen Gruppen Unterricht, am Nachmittag besuchen sie Kurse ihrer Wahl. Corona-Tests zweimal in der Woche waren für alle Pflicht. "Die Eltern wissen ihre Kinder gut betreut und gut aufgehoben", sagt Seidenzahl dazu.
Der Weg zum funktionierenden Ablauf war nicht einfach. Die Lehrer der Mittelschule haben im Vorfeld Lernstandserhebungen gemacht und für jeden Schüler Material über den nachzuholenden Stoff vorbereitet. Wie Renate Knaut berichtet, war die Planungsunsicherheit das größte Hindernis. Wie viele Kinder melden sich an? Wie viele Dozenten für welche Fächer werden gebraucht? Für welche Kurse interessieren sich die Teilnehmer? Schließlich gelang es in der Kürze der Zeit, verbindliche Zusagen von den Eltern zu erhalten und kleine Gruppen zusammenzustellen.
Für die Nachmittagskurse durften die Schülerinnen und Schüler einen Erst- und einen Zweitwunsch nennen. Dann kamen die Sonderwünsche dazu: Eine möchte mit ihrer Freundin zusammen sein, ein anderer mit seinem Klassenkameraden. Fast alle Wünsche konnten erfüllt werden. In der ersten Ferienwoche wurde als Kulturprogramm Hip Hop und Break Dance mit Thomas Bagdas, Töpfern und Dotting (Punktmalerei) mit Laila Matejka, Internationale Küche mit Ata Chaudhry und Karsten Müller sowie orientalische und kreative Tanzreise mit Christina Scheit angeboten. Die Räume stellen die Grabfeld Grund- und Mittelschule zur Verfügung, jugendliche Helfer unterstützen die Durchführung. In der letzten Ferienwoche findet ein ähnlicher talentCAMPus statt, mit teilweise den gleichen Dozenten (Anmeldungen sind noch möglich unter www.jukunet.de).