
Die Energiewende mit der Hinwendung zu erneuerbaren Energien ist schön. Schöner ist aber für manchen die Unversehrtheit einer intakten, von Windrädern oder Solarparks unverbauten Naturlandschaft wie den Höhenlagen der Rhön.
In diesem Spannungsfeld muss sich Politik, müssen sich Landesplaner und Praktiker vor Ort bewegen. Ob beziehungsweise wie gut das gelingt, dies war die Fragestellung eines hochrangig besetzten Dialogforums im Rhön-Park-Hotel bei Roth. Geladen hatte die Hochschule Weihenstephan in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium, dem Bundesamt für Naturschutz, dem Deutschen Tourismusverband und dem Biosphärenreservat Rhön.
Die Dialogforen sind Bestandteil der Nationalen Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung.
Bei einer Podiumsdiskussion am Montagnachmittag wurden die wesentlichen Problemfelder des Themas beackert. Dass es nicht leicht ist, das erklärte gesellschaftliche Ziel der Energiewende auch dort zu erreichen, wo sensible Natur- oder Erholungsräume betroffen sind, liegt eigentlich auf der Hand. Und dass die Berücksichtigung touristischer Gebiete „nicht ganz oben“ in der Reihenfolge steht, gab auch Anita Breyer zu. Sie leitet beim Bundesumweltministerium das Referat „Naturschutz und Energie“. Schon der Titel ihres Referats nennt eigentlich schon die „innere Zerrissenheit“, von der Breyer sprach, nämlich Naturschutz und Energiewende unter einen Hut zu bringen. Zwischen den Stühlen stünden wohl auch die Touristiker. „Aber der Tourismus ist auch da, wo Leben ist und somit Energiebedarf“, so Breyer. Eine Chance sieht auch sie darin, in ländlicheren, regionalen Strukturen den Energiebedarf zu decken. Für die Bundesbeamtin ist es deshalb wichtig, dass die Steuerung der Energiewende auch vor Ort erfolgt. Wolfgang Peters vom Planungsbüro Bosch & Partner, das sich mit Projekten der Natur- und Landschaftsverträglichkeit von erneuerbaren Energien befasst, wies darauf hin, dass es in den relevanten Planungen keine Kategorie für touristisch wertvolle Flächen gebe. Wenig kompromissbereit zeigte sich Michael Pfaff, Geschäftsführer der Tourismus GmbH Bayerisch Rhön in Bad Neustadt. Er wünscht sich, dass die obere Rhön als unverbaute Naherholungsregion zum Beispiel frei von Windrädern bleibt, weil dies ihr Alleinstellungsmerkmal sei, das die Erholungssuchenden aus den Ballungsräumen Frankfurt, Nürnberg und dem Thüringischen Städtegürtel in das Mittelgebirge zieht.
Laut einer Studie würden sich bis zu 25 Prozent von Erholungssuchenden aus einer Urlaubsregion abwenden, wenn die durch Windparks verbaut würde. Pfaff selbst schätzt die Zahl auf 15 Prozent. Das würde für die Rhön mit ihren rund 25 000 touristischen Arbeitsplätzen und einer Wertschöpfung von rund 140 Millionen Euro im Jahr aber erhebliche Verluste bedeuten, so Pfaff.
Er werde von Kollegen beneidet, die ihn fragten, wo denn seine Windräder in der Rhön stünden, so Pfaff weiter. Widerspruchslos blieb dieser Wunsch nach völlig unbelasteten Gebieten jedoch nicht. Es wurde zum Beispiel auf Straubing verwiesen, wo regenerative Energieprojekte dezidiert auch als Tourismusangebot genutzt werden. „In Tourismusregionen darf es nicht heißen, die Energiewende findet woanders statt“, sagte auch Anita Breyer vom Bundesumweltministerium. Auch aus dem nahen Steigerwald kam Kritik. Dort habe man auch 128 000 Hektar Naturparkfläche zu bieten, müsse sich aber mit dem Blick auf bestehende Windparke abfinden. Es gebe keinen Grund, weshalb man dort die Energiewende mittrage, die Rhön aber außen vor bleibe.
Zustimmung erhielten Beispiele einer regionalen Energieversorgung, die noch am ehesten ohne massive landschaftszerstörerische Eingriffe auskommen könne.
Regierungsdirektor Oliver Weidlich von der Regionalplanung bei der Regierung von Unterfranken befürwortete das derzeitige Modell, das eine Schonung der Höhenlagen der Rhön vorsieht. „Aber unsere Regionalpläne entwickeln wir für einen Zeitraum von zehn Jahren. Dann muss man weitersehen, ob der aktuelle Plan ausreicht“, so der Regierungsbeamte. Noch viel Diskussionsbedarf sah Podiumsleiter Professor Dr. Markus Reinke, Leiter des Instituts für Landschaftsarchitektur in Weihenstephan-Triesdorf.