Seit dem 2. März 2020 zeichnet das "Covid-19-Dashboard" des Robert Koch-Instituts (RKI) Tag für Tag die Corona-Fallzahlen für alle Landkreise auf. Nicht nur für Medienschaffende dieser Redaktion, sondern auch für viele Bürger ist der morgendliche Blick auf dieses neben der ersten Tasse Kaffee zur Routine im besonderen Jahr 2020 geworden. Aber wie hat sich die Pandemielage in Rhön-Grabfeld seit März eigentlich entwickelt?
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Die "Stunde Null" in Rhön-Grabfeld ist laut RKI der 12. März. An jenem Donnerstag erreicht das Coronavirus mit dem ersten nachgewiesenen Fall den Landkreis. Eine männliche Person im Alter von 27 Jahren sei zu Hause in Quarantäne und zeige lediglich eine milde Symptomatik, heißt es damals vom Landratsamt. Da der Infizierte in keinem Zusammenhang mit Schulen oder Kindertagesstätten steht, sieht sich der Anfang März einberufene Krisenstab zu diesem Zeitpunkt noch nicht gezwungen, einschneidende Maßnahmen zu beschließen.
Mittlerweile über 170 Status-Updates
An jenem 12. März beginnt auch der Landkreis, die Medien und die Bevölkerung in Form eines Status-Updates über die aktuelle Corona-Situation in Rhön und Grabfeld zu informieren - mittlerweile sind es über 170.
"Das ist zu unserem täglichen Begleiter geworden, unser Hauptschwerpunkt", erklärt Julia Weber vom Presseteam des Landratsamtes. Nach der morgendlichen Überprüfung der RKI-Zahlen findet im Laufe des Tages unter anderem der Austausch mit dem Gesundheitsamtstatt, welches neben den aktuellen Corona-Zahlen auch besondere Ereignisse, wie beispielsweise besondere Ausbruchsgeschehen, für das Statusupdate mitteilt.
Mitte März: Rasanter und dynamischer Verlauf
Am 19. März berichtet das Landratsamt von einem "rasanten und dynamischen Verlauf",der erste Corona-Patient befindet sich da in stationärer Behandlung. Auch deshalb bittet Landrat Thomas Habermann dringend darum, "Sozialkontakte auf das absolute Mindestmaß zu begrenzen".
Kurz nach Verkündung der Ausgangsbeschränkung im sogenannten "Frühjahrs-Lockdown" bereitet der Landkreis eine "Drive-Through-Teststation" auf dem Sportgelände in Heustreu vor,die am 30. März offiziell in Betrieb genommen wird. Nach einem zwischenzeitlichen Umzug in den Wirtschaftshof der ehemaligen Kreisklinik in Bad Neustadt im Sommer werden dort noch heute Personen nach einer amtlichen Aufforderung durch das Gesundheitsamt auf das Virus getestet.
Anfang April: Viele Anzeigen wegen Corona-Verstößen
Nach positiven Corona-Fällen von Patienten und Mitarbeitern wird Anfang April das Klinikgebäude der kardiologischen Rehabilitation in Bad Neustadt, die "Frankenklinik", vollständig geräumt. Unterdessen berichtet die Polizei von bis dato 91 Anzeigen wegen Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz, 60 Bußgeldbescheide werden erlassen.
Am 10. April bestätigt der Landkreis zwei Todesfälle in Zusammenhang mit Covid-19, beide Verstorbene hatten erhebliche Vor- bzw. Begleiterkrankungen. Bis heute (Stand 1. Januar 2021, 0 Uhr) sind in Rhön-Grabfeld 22 Todesopfer zu beklagen.
Ende April macht Rhön-Klinikum Gründer Eugen Münch mit einer äußerst großzügigen Spende auf sich aufmerksam. Er spendet Schutzausrüstung im Wert von über 200 000 Euro an Landkreis-Einrichtungen und gibt darüber hinaus aufgrund der herrschenden Knappheit die Produktion von 80 000 Mund-Nasen-Masken für die Bürgerinnen und Bürger in Rhön-Grabfeld in Auftrag. Viele Vereine und Ehrenamtliche aus dem gesamten Landkreis sorgen für die Verteilung der kostenlosen Masken an alle Haushalte.
Ende Juni: Corona-Bürgerhotline wird eingestellt
Dass sich die Corona-Lage etwas stabilisiert hat, zeigt sich Mitte Mai auch an der zurückgehenden Nachfrage der Bürgertelefon-Hotline. Diese ist daher fortan auch nicht mehr an Wochenenden und Feiertagen besetzt, Ende Juni wird sie ganz eingestellt.
Nach einer ruhigeren Zeit in den Sommermonaten - zum Stand 27. Juli gibt es in Rhön-Grabfeld keinen einzigen aktiv mit Corona Infizierten - zeigen sich Anfang September die Mitglieder des Corona-Krisenstabs dennoch beunruhigt. Es wird von Fällen berichtet, in denen Betroffene "unverantwortlich und leichtfertig mit Quarantänebestimmungen umgehen", heißt es. Zudem gehe von Feiern - mitunter auch im nicht rein privaten Bereich - ein hohes Infektionsrisiko aus.
Am 20. September bestätigt das Landratsamt denn auch ein größeres Infektionsgeschehen nach einer Hochzeitsfeier im Raum Bad Königshofen, auf der sich zunächst 17 Gäste infiziert haben sollen. Aufgrund von weiteren positiven Tests werden kurz darauf alle Schulen und Kitas in Bad Königshofen geschlossen, in dortigen Alten- und Pflegeheimen besteht Besuchsverbot.
Ende September: Inzidenzwert über der kritischen Marke von 50
Im Hinblick auf den 7-Tage-Inzidenzwert überschreitet Rhön-Grabfeld kurz darauf erstmals den kritischen Wert von 50 Fällen je 100 000 Einwohner. Eine Allgemeinverfügung mit Einschränkungen für den Aufenthalt im öffentlichen Raum und in Bezug auf die maximale Teilnehmeranzahl bei Feiern wird erlassen.
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In einer Wohnstätte der Lebenshilfe Rhön-Grabfeld in Mellrichstadt breitet sich Anfang Oktober das Coronavirus innerhalb weniger Tage rasant aus. Nahezu alle der 25 Bewohner und einige Mitarbeiter werden positiv getestet.
Anfang November: Inzidenz erstmals über 100
In der Folgezeit müssen im gesamten Landkreis immer mehr Kindergärten oder Kitas zeitweise geschlossen werden, für einzelne Gruppen oder Schulklassen wird Quarantäne angeordnet. Am 5. November liegt der Inzidenzwert mit 118 erstmals im dreistelligen Bereich. Das Virus macht auch vor Mitarbeitern des Gesundheitsamtes und Bürgermeistern nicht Halt. Sechs der sieben Bürgermeister der VG Bad Neustadt müssen Ende November in Quarantäne.
Unterdessen steigen die Fallzahlen immer rasanter an. Neben einem Inzidenzwert von über 200 am 25. November sind in der Folge auch wieder einige Todesfälle zu beklagen. Am 8. Dezember meldet das RKI den insgesamt 1000-ten Corona-Fall in Rhön-Grabfeld. Pünktlich zum Stichtag 15. Dezember ist das Impfzentrum des Landkreises im ehemaligen Kreiskrankenhaus Bad Neustadt startklar, am 27. Dezember werden die ersten Impfungen durchgeführt. Kurz vor dem Jahreswechsel (30. Dezember) registriert das RKI 80 Neuinfektionen aus Rhön-Grabfeld - so viele wie noch nie an einem einzigen Tag. Am 23. Dezember bedeuten noch 67 neue Fälle einen Negativ-Höchstwert.
Hochzeit nur mit Brautpaar und Standesbeamten
"Die Pandemie hat Regierung, Verwaltung und Bürger vor völlig neue Herausforderungen gestellt", bilanziert Landrat Thomas Habermann kurz vor Ende des Jahres. Ein Beispiel habe es auch in seiner Familie gegeben. Bei der Hochzeit des Sohnes war neben der Braut nur noch der Standesbeamte dabei. Das sei natürlich harmlos im Vergleich zu den Tragödien, von denen andere Familien betroffen waren, so der Landrat.
Die entscheidende Herausforderung sei es, die Balance zwischen Infektionsschutz und dem Erhalt des öffentlichen Lebens herzustellen. Es galt und gelte, sie jeden Tag neu auszutarieren.
Landrat ist stolz, im Landkreis zu leben
Auch wenn es natürlich Fehler und Schwierigkeiten gegeben habe, habe man das Beste aus der Situation gemacht, sagt Habermann. Er lobt unter anderem die "grandiose Arbeit" und das Engagement der Mitarbeiter im Landratsamt sowie das in großen Teilen hervorragende Verhalten der Bürger. Das mache ihn stolz, in diesem Landkreis zu leben.
Für die Zukunft setzt er seine Hoffnung auf die Impfungen. Dann werde es 2021 wieder mehr Freiheiten und weniger Furcht geben, hofft er.