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BAD KÖNIGSHOFEN
So spannend ist der Wald: Kampf um Licht und Wasser
Blick zu den Baumwipfeln: Wer gewinnt den Kampf ums Licht – Buche oder Eiche?
Foto: Regina Vossenkaul | Blick zu den Baumwipfeln: Wer gewinnt den Kampf ums Licht – Buche oder Eiche?
Regina Vossenkaul
Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 22.10.2016 03:35 Uhr

Fünf Vorträge und eine Exkursion bietet das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Bad Neustadt in Zusammenarbeit mit der vhs Rhön und Grabfeld noch bis zum Ende Oktober an.

Am Samstag trafen sich 20 Teilnehmer am Sambach zu einem Rundgang zu mehreren Stationen im Stadtwald gemeinsam mit dem zuständigen Förster Herbert Geßner sowie Wilhelm Schmalen, Abteilungsleiter im AELF Bad Neustadt.

Der 1300 Hektar große Stadtwald erstreckt sich über mehrere Stadtteile und bietet in Eyershausen mit seiner Mittelwaldbewirtschaftung etwas Besonderes, eine historisch bedingte Nutzung des Waldes, die auch in der Vortragsreihe vorgestellt wurde.

Wie viele Aspekte der verantwortliche Förster bedenken muss, wie er plant und den Spagat zwischen Waldumbau, wirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz schafft, davon erhielten die Teilnehmer einen kleinen Eindruck.

8721 Festmeter Zuwachs

Drei Forstwirte und eine Hilfskraft arbeiten im städtischen Wald, bei Bedarf wird auch eine Firma hinzugezogen, die Durchforstungen vornimmt und Stämme für den Verkauf entnimmt. Wie Geßner erklärte, gibt es im städtischen Wald einen jährlichen durchschnittlichen Zuwachs von 8721 fm (Festmeter) im Jahr, der Hiebsatz liegt aber nur bei 5300 fm, das bedeutet, es werden „Vorräte“ angelegt.

Was ein Forstwirtschaftsplan ist, lernten die Teilnehmer, und, dass er für 20 Jahre aufgestellt wird und nach zehn Jahren überprüft wird. Schnell wurde klar, dass es nicht einfach „den Wald“ gibt, sondern viele Abteilungen mit unterschiedlichem Bewuchs, in denen beispielsweise nach Sturm- und Schneebruch aufgeforstet wird, alte oder mittelalte Fichtenbestände stehen, oder die gerade in klima-resistentere Laubwälder umgebaut werden. Wie der Förster beurteilt, welcher Baum besonders hochwertig wird und deshalb gefördert werden sollte – was meistens bedeutet, dass Konkurrenzbäume in der Nähe weichen müssen – wer das Zeug zum Zukunftsbaum oder zum Biotopbaum hat, erfuhren die Teilnehmer. „Der kennt jeden Baum mit Namen“, sagte eine Frau, dass so eine genaue Planung dahintersteht, hatte sie nicht erwartet.

„Wir wollen Qualität“, sagte Geßner, der weiß, dass die Eichen-Furnierhölzer gut bezahlt werden. Man brauche auch Erträge, um die Umbaumaßnahmen, Aufforstungen, Personalkosten und den Wegebau bezahlen zu können. Der Wald bringt der Stadt momentan aufgrund der hohen Holzpreise ein Plus in die Haushaltskasse – das war viele Jahre lang ganz anders. Den Wald einfach „stilllegen, weil er zu viel kostet, das geht auch nicht, machte Geßner klar. Es gibt ein Waldgesetz, das von den Kommunen eingehalten werden muss.

Dazu gehört, dass der Wald erhalten bleiben und vor Schädlingen geschützt werden muss, dass die Jungbestandspflege durchgeführt wird, dass die Wege gepflegt werden und der Wald als Naherholungsgebiet zur Verfügung steht. Der Waldbesitzer hat auch eine Verkehrssicherungspflicht und soll die Bevölkerung mit Brennholz versorgen. Staatliche Zuschüsse unterstützen bei Aufforstungen und es gibt Geld für den Nutzungsausfall, wenn in einem Gebiet auf die Nutzung verzichtet wird, zugunsten von Biotopbäumen und Totholz, das stehen bleibt, weil es für eine Reihe von Tieren und Insekten wichtig ist.

19 Prozent des städtischen Waldes besteht aus Fichten, die aber momentan 60 Prozent der Holzeinnahmen liefern. Das macht klar, warum die Fichte als „Brotbaum“ bezeichnet wird. Viele Fragen beantworteten die Forstleute den interessierten Teilnehmern, die auch wissen wollten, ob es den „sauren Regen“ noch gibt (seit den Entschwefelungsanlagen der Kraftwerke nicht mehr) und ob sich ein Baum aus einem Stockaustrieb genauso gut entwickeln kann wie ein Setzling (ist möglich, aber er ist empfindlich für Rotfäule).

Natur bedeutet Konkurrenz – hier ist es der Kampf um Licht und Wasser, den die Buche oft gewinnt. „Egoistisch“ nennt der Förster die Baumart, die die Äste so nach oben reckt, dass der Regen an ihnen und am Stamm zugunsten der eigenen Wurzeln herunterläuft. Der Nachwuchs kommt mit schattigen Standorten bestens zurecht und leidet weniger unter Wildverbiss als die Eiche, die ohne Unterstützung durch die Forstleute von der Buche unterdrückt werden würde.

Die Eiche bietet aber rund 300 Insektenarten Lebensraum, darunter auch dem seltenen Hirschkäfer, dessen Geweih Geßner zeigte.

Ein gesunder Mischwald soll entstehen, der nicht anfällig ist für Schädlinge. Bei Eichenbeständen, deren Holz für den Besitzer lukrativer ist als bei der Buche, lauern Eichenwickler und Schwammspinner. Die Fichten sind anfällig für den Borkenkäfer, dessen erwartete Massenvermehrung in diesem Jahr zum Glück ausgeblieben ist.

Die Highlights der dreieinhalbstündigen Exkursion hatte sich Geßner bis zum Schluss aufgehoben. Das Biotop „Sandgrube“ und die Aufforstungsfläche, die mit Hüllen geschützt ist, waren interessant. Großen Eindruck besonders auf die Kinder und alle, die das noch nicht erlebt hatten, machte der von Heinrich Weinberger geführte Harvester, der in Aktion zu sehen war. „Wie langsam ein Baum wächst und wie schnell er geerntet ist“, kommentierte eine der Anwesenden.

Viel gelernt haben die Teilnehmer während der Exkursion und es war allen klar, dass längst nicht alle Themenbereiche angesprochen werden konnten.

Weitere interessante Vorträge werden am Donnerstag, 20. Oktober, mit dem Thema „Palmen im Stadtwald?“ und Donnerstag, 27. Oktober, zum Thema „Wald und Naturschutz – Waldnaturschutz“, jeweils um 19.30 Uhr in der Schranne, Hofeingang Kellereistraße 42, kostenfrei angeboten.

Zartes Pflänzchen als Stockausschlag: Aber auch daraus wird mal ein Baum.
Foto: Regina Vossenkaul | Zartes Pflänzchen als Stockausschlag: Aber auch daraus wird mal ein Baum.
 
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