Vor zehn Jahren hat der Trappstädter Mathias Gerstner das alte Handwerk seines Urgroßonkels wiederbelebt: Er reaktivierte dessen Schnapsbrennerei und hat mit den seitdem produzierten Destillaten schon zahlreiche Preise einheimsen können. Nun kam eine weitere Auszeichnung dazu, mit der Gerstner nicht unbedingt gerechnet hatte. Zu ersten Mal hatte der geprüfte Edelbrandsommelier einen Gin für die diesjährige Bayerische Edelbrandprämierung in München eingereicht, den er zusammen mit Jörg Geier kreiert hat.
Vor zwei Wochen dann das Ergebnis: Der Gin von Gerstner und Geier wurde auf Anhieb mit der Silbermedaille ausgezeichnet – für die beiden der Beweis dafür, dass sie bei der Zusammenstellung der Rezeptur das richtige Händchen bewiesen haben. Im ersten Brennvorgang wurden von dem prämierten Gin 70 Halbliterflaschen hergestellt, drei bis vier weitere Tranchen in ähnlicher Größenordnung werden in den nächsten Wochen folgen und dann über Geschäfte in der Region vermarktet.
Planungen begannen 2018
Die Initiative für das „Gin-Projekt“ ging von Jörg Geier aus. „Seit einigen Jahren schon ist das etwas in Vergessenheit geratene Wacholderdestillat auch in Deutschland wieder beliebt und findet auch in Franken immer mehr Freunde“, weiß der Ginliebhaber aus Bad Neustadt. Vor knapp drei Jahren nahm er deshalb Kontakt mit Mathias Gerstner auf, im Januar 2018 begannen dann die ersten Planungen. Dabei war von Anfang an klar: Es sollte ein unverwechselbarer und regionaler Gin werden, mit Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau. Monatelang wurde experimentiert, bevor Gerstner und Geier Mitte 2018 die Rezeptur festlegten.
Nicht weniger als 22 Botanicals, also Kräuter, Gewürze, Wurzeln und Beeren, finden sich im Destillat mit dem offiziellen Namen „Dandelion Dust – franconia dry Gin“ wieder. „Elf dieser Zutaten sind auch in der Rhön und dem Grabfeld heimisch“, so Mathias Gerstner und nennt als Beispiele die Löwenzahn- und Holunderblüte, die Schafgarbe und das Waldmeisterkraut. Für die gintypische Aromatik kämen dann noch Wacholderbeeren, Zimtrinde, Sternanis, Koriander, Piment und weitere Zutaten hinzu. „Wir verwenden bewusst keine fertigen Mischungen, um sicher zu sein, dass nur unbehandelte Kräuter für unseren Gin zur Verwendung kommen.“
Originelles „Tastinghouse“
Für Liebhaber hochprozentiger Brände hat Mathias Gerstner am Rand seiner Heimatgemeinde ein so genanntes „Tastinghouse“ errichtet, in dem bis zum Ausbruch der Corona-Krise regelmäßig Whisky- und Gintastings oder Edelbrand-Verkostungen für größere Gruppen stattfanden. Für den Bau des originellen Gebäudes von der Größe eines voluminösen Gartenhauses wurden viele recycelte Materialien und Bauteile aus Abrisshäusern verwendet. So wurde zum Beispiel eine alte Holztür zu einer Halterung für die Deckenbeleuchtung umfunktioniert oder ein uralter Holzbalken als Dachträger in die Konstruktion integriert.
Wegen der Pandemie musste Mitte März auch das „Tastinghouse“ schließen. Mittlerweile hat es unter Einhaltung der geltenden Hygiene- und Abstandsregeln für kleinere Gruppen von bis zu zwölf Personen wieder geöffnet.