Sollen sie, seine Freunde, sich freuen oder traurig sein? Siegfried Hornung, im ganzen Landkreis bekannter Liedersänger, hat seine Abschiedsvorstellung im Schloss Wolzogen gegeben – glücklicherweise aber mit einer Einschränkung: Er spüre inzwischen das Alter, sagte er, ein volles Programm über zwei Stunden strenge ihn nun doch sehr an. Aber zusammen mit einem Partner, der die Hälfte des Programms übernimmt, das würde er gern noch weitermachen.
Was die Freunde liedhaften Gesangs verlören, wenn Hornung ganz aufhören würde, das konnten sie im Konzertsaal des Schlosses hören und sehen. Denn Hornung fuhr wieder zu einer grandiosen Leistung auf, gesanglich mit seinem warmen Tenorbariton wie auch durch die Art seiner Darbietung. Er hat das, was man vielleicht als Wiener Charme bezeichnen kann. Mit den ersten Worten, mit denen er seinen Gesang moderierte, hatte er schon die Brücke zum Publikum geschlagen, weil jedes Wort von Herzen kommt. Und zu seinem liebenswerten österreichischen Akzent kommt auch sein persönlicher Charme, seine schauspielerische Begabung, die Geste des großen Pathos, die aber auch die feinen Töne ausdrucksstark vermitteln kann.
Es war ein weiteres Konzert in der Reihe „Leben im Schloss“, das Hornung zusammen mit seinem Freund Robert Bauch (Klavier und Akkordeon) und Dagmar Welsch (Klavier) gab. Die beiden begleiteten den Sänger einfühlsam mitgehend, Bauch setzte auch gelegentlich Akzente, die die Interpretation des Stücks, wie sie Hornung bot, noch unterstrich. Allen drei Künstlern war die Freude an ihrer Kunst anzumerken. „Lieblingsmelodien“ bot Hornung dem Publikum an, Lieder und Arien, sagte er, die die Seele fordern, die ein bisserl sentimental seien, einige auch todernst. Die einfach das Leben ausdrücken in seiner ganzen Bandbreite.
Und was waren das für Melodien? Sie waren nach Kategorien gruppiert. Am Anfang stand das Volkslied: das „Hobellied“ aus dem „Verschwender“ von Ferdinand Raimund, das mit großer Zartheit vorgetragene „Fein sein, beieinander bleiben“ aus der Steiermark und das mit schauspielerischem Talent gesungene „Grad aus dem Wirtshaus“ von Heinrich Müller, bei dem ein alter Zecher die Straße verdächtigt, dass sie berauscht sei, weil sie gar so schwankt.
Bei den Kunstliedern löste Dagmar Welsch ihren Mitstreiter Bauch am Klavier ab. Hornung sang von Joseph Haydn das melodiöse Lied „Gleichsinn“, dann von Mozart „Liebes Mädchen“, von Franz Schubert „Das Wandern ist des Müllers Lust“ und „Des Müllers Blumen“ – alles auswendig, wie auch die übrigen Lieder bis auf ganz wenige Ausnahmen. Die beiden folgenden Humoresken „Die Grille“ und „Der Hahn“ mit Texten von Köhler hatte Robert Bauch selbst vertont, darum gab er dazu eine kurze, humorvolle Einleitung. In Hornung hatten die beiden vertonten Lieder aber einen perfekten Interpreten gefunden.
Nach Aussage seines Würzburger Stimmbildungsprofessors, bei dem Hornung einst Gesangsunterricht genommen hatte, habe er eine besondere Begabung für die Kunstlieder von Franz Schubert. Mag sein, aber sicher nicht weniger als für das Wiener Lied und die Wiener Operette. Denn mit „Ich hab‘ die schönen Maderln nit erfunden“ und „Heut kommen d’Engerl auf Urlaub nach Wien“ und der Operettenarie „Grüß mir mein Wien“ (von Emmerich Kalmán), hatte er repräsentative Lieder für diese Genres ausgewählt.
Auch Opernarien brachte Hornung zu Gehör: „Der Vogelfänger bin ich ja“ aus der Mozartschen Zauberflöte, das Lied des Veit aus Lortzings romantischer Oper „Udine“ und „Ach, wie so trügerisch“, in italienischer Sprache gesungen („La donna e mobile“). Hornungs komisches Talent bewährt sich auch beim Parodieren von Gesangskollegen wie Johannes Heesters und Iwan Rebroff. Mit den jeweils passenden Accessoires versehen, brachte er bei mitreißendem Gesang den typischen Zungenschlag der beiden Herren rüber, den niederländischen von Heesters und den russischen von Rebroff (der selber gar kein echter Russe ist). „Da geh ich ins Maxim“ und „Ein Glück, dass man sich so verlieben kann“ sang Hornung von Heesters und „Natascha“ und Kalinka“ von Rebroff. Und zwei Zugaben waren auch noch drin, zuletzt sein Glanzstück „Wenn ich mit meinem Dackel von Grinzing heimwärts wackel“.