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Seltsame Osterbräuche: Eieieieiei und kaum zu glauben
Eigenwillige Osterbräuche: Vom Mistfahren an Karfreitag bis zur bisweilen anrüchigen Ostereiersuche in der Schule in Sternberg. Eierschalen auf dem Dachgebälk soll das Heu frisch halten.
Ohh, der Osterhase: Den staunenden Gesichtern der Kinder in Herbstadt lässt sich ablesen, welche Sensation dieser Besuch im Kindergarten 1935 darstellte.
Foto: Fotorepro Reinhold Albert | Ohh, der Osterhase: Den staunenden Gesichtern der Kinder in Herbstadt lässt sich ablesen, welche Sensation dieser Besuch im Kindergarten 1935 darstellte.
Reinhold Albert
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:41 Uhr

Die Tage vor Ostern waren früher vor allem auf dem Lande reich an kirchlichen und weltlichen Bräuchen, die oft heute in Vergessenheit geraten sind. Noch weitgehend erhalten geblieben ist das Klappern von Gründonnerstagabend bis Karsamstagabend und natürlich die Osternestsuche.

Einstmals wurde in der Karwoche nur das Notwendigste gearbeitet. Es durfte kein Hausbrot gebacken, nicht geschlachtet, keine Wäsche gewaschen und aufgehängt, nicht gesponnen, gestrickt oder geflickt, überhaupt keine neue Arbeit in Haus und Hof aufgenommen werden. Und natürlich musste die Kirche blitzblank geputzt sein. In Sternberg etwa verkündete der Pfarrer am Palmsonntag, welche Haushalte an der Reihe waren. Die Ministranten wienerten mit „Sidol“ kirchliche Geräte wie Leuchter, Weihrauchfass oder Schellen.

Nicht nur äußerlich sollte alles sauber und rein wirken zur Auferstehung Christi, auch die Seelenhygiene durfte nicht zu kurz kommen. Größere Verfehlungen beichtete man früher im Grabfeld nach Möglichkeit bei den Kapuzinern in Königshofen oder in der Rhön im Kloster Kreuzberg. (Wo der Sünder hoffen durfte, unerkannt zu bleiben).

Der Andrang reuiger Schafe war so enorm, dass in der Karwoche einst auch in so kleinen Landgemeinden wie Sternberg, wohin auch noch Katholiken aus umliegenden Dörfern kamen, drei Pfarrer gebraucht wurden. Der Ortsgeistliche und der Alslebener Pfarrer hörten sich die Sünden in einer der beiden Sakristeien an und der Obereßfelder Pfarrer im Beichtstuhl.

Andrang vor dem Beichtstuhl

Jüngere werden es kaum glauben, aber noch bis in die 1970er wurden in jeder katholischen Pfarrei Beichtzettel mit dem Aufdruck: „Hl. Osterkommunion“ verteilt. Bis in die 1950er Jahre war am Beichtzettel ein perforierter Zettel angebracht. Auf diesen musste man seinen Namen eintragen. Um Christi Himmelfahrt trennte man den Streifen ab und brachte ihn mit einem Ei oder zumindest 10 Pfennig zum Pfarrer. So konnte er nicht nur kontrollieren, wer zur Beichte ging, sondern hatte auch noch ein kleines Zubrot.

Noch heute durchaus üblich ist es, am Gründonnerstag zu Mittag Spinat und Spiegeleier zu essen. Dazu gibts „Schafmälleszolot“ (Feldsalat, der einst auf unseren Wiesen weit verbreitet war). Eier, die am Gründonnerstag gelegt werden, soll man essen, heißt es, denn sie haben besondere Heil- und Nährkraft. In Haselbach wurden die Schalen gesammelt und auf die Balken der Heuschuppen und Scheunen gelegt. Sie sollten das Heu vom Verderben bewahren. In Irmelshausen zogen die Frauen am Gründonnerstag außerdem mit Körben in den Wald und holten den so genannten Wald- oder Holzkörl. Dieser besteht aus verschiedenen Kräutern, die sie dann ähnlich wie Spinat zubereiteten.

Der „Karfreitag ist still, wie das Grab“, hieß es früher. Niemand wäre auf die Idee gekommen – so wie heute – Diskussionen darüber anzuzetteln, ob Tanzveranstaltungen erlaubt sein sollten. Er gilt in der evangelischen Kirche als höchster Feiertag. Auch bei den Katholiken verstärkte sich durch die Liturgiereform als Folge des Konzils von 1962 immer mehr der Charakter des Feiertags. Zuvor galt der Karfreitag nur als ein „halber Feiertag“, weswegen man auch profaneren Beschäftigungen nachgehen konnte.

In gemischtkonfessionellen Gemeinden soll es sogar vorgekommen sein, dass die Katholiken am Karfreitag und die Protestanten an Allerheiligen Mist fuhren, nur um den Andersgläubigen zu zeigen, wie wenig man von ihnen hielt.

Besonders fromme Leute aßen in der Fastenzeit, in der übrigens auch keine Betten überzogen werden durften, überhaupt kein Fleisch. Erst ab Ostersamstag um 13 Uhr war das Fastengebot aufgehoben.

Am Nachmittag des Karfreitags versammelt sich die Gemeinde zu einem eigenen Gottesdienst. Einst erschienen Männer wie Frauen ausschließlich in Schwarz. Die Männer trugen bis zu Beginn der 1950er- Jahre bei solch festlichen Anlässen „Schöß“ (knielange Mäntel) und Zylinder. Die Erinnerung an die Passion bestimmt an diesem Tag die Bräuche. Ältere Irmelshäuser erzählten, dass sie am Karfreitagmittag Erlen oder Weiden schnitten und zu Kränzchen drehten, die ähnlich wie Dornenkronen aussahen. Diese Kränzchen hing man überall in Haus, Stall und Scheune auf. Sie sollten den Blitz vom Hof abhalten.

Früher war es in Ober- und Untereßfeld Brauch, dass die Klapperbuben am Karfreitag eine Puppe („den Judas“) fertigten (sie stopfen alte Kleider mit Stroh aus), sie an einen Baum in der Nähe der Kirche aufhängten, um sie im „Judasfeuer“ zu verbrennen.

In alter Zeit wurde am Karsamstagmorgen in Obereßfeld das Osterfeuer bereits um 4 Uhr entzündet. Dort wurden die Osterkerze, das Öl sowie das Wasser geweiht. Die Gottesdienstbesucher hatten ein kleines Eimerchen mit in die Kirche gebracht, mit dem sie das geweihte Osterwasser mit nach Hause brachten. Jedes Familienmitglied trank sofort nach Rückkunft eine Tasse. Das Wasser sollte gegen Halskrankheiten helfen.

Osterwasser gegen Halskrankheiten

Aus Kleinbardorf überlieferte Lehrer Otto Mölter 1956: „Am Karsamstag legen Vater oder Mutter vor dem Schlafengehen einen Arm voll Heu ins Freie. In aller Frühe des Ostertages steht die Mutter auf, eilt in den Garten, benetzt ihre Hände mit dem Ostertau und spricht: „Ich wösch mei Hend mit Oasderdaa, woß ich ooback söll nedd verblah.

“' Dann rafft sie das angefeuchtete Heu zusammen, geht damit in den Stall und gibt jedem Tier eine Handvoll“. In Herbstadt war es Brauch, dass der Schäfer am ersten Ostertag die Schafe auf die Wiese trieb und sie das nasse Gras zupfen ließ, damit sie gesund blieben.

Hierzulande legt der Osterhase die Ostereier entweder am Gründonnerstag (der „Grühos“), am Ostersamstag oder Ostersonntag. Einst sammelten die Kinder im Wald Moos, legten damit Backschanzen aus und stellten sie am Mittwoch in der Karwoche bereit. In der einklassigen Volksschule Sternberg brachten die Kinder am letzten Schultag vor den Osterferien Eier mit, die sie versteckten und die vom Lehrer gesucht werden mussten. Der Lehrer begann, begleitet von seinen Schützlingen, mit dem Suchen. Gefunden wurden irgendwann alle, manche aber erst nach Wochen, wenn sie zu stinken begonnen hatten.

Beim Abendmahlsgottesdienst am Gründonnerstag trugen die Frauen in evangelischen Ortschaften als Kirchentracht Kirchenmäntel, die heute nahezu vollständig aus dem Ortsbild verschwunden sind. Das Foto entstand um 1940 in Aubstadt.
Foto: Albert | Beim Abendmahlsgottesdienst am Gründonnerstag trugen die Frauen in evangelischen Ortschaften als Kirchentracht Kirchenmäntel, die heute nahezu vollständig aus dem Ortsbild verschwunden sind.
Am Karfreitagnachmittag wurde in katholischen Gemeinden einst mit Vorliebe Mist gefahren. Das Foto entstand in den 1930er Jahren in Althausen im Grabfeld.
Foto: repro: Reinhold Albert | Am Karfreitagnachmittag wurde in katholischen Gemeinden einst mit Vorliebe Mist gefahren. Das Foto entstand in den 1930er Jahren in Althausen im Grabfeld.
Einstmals wurde in der Karwoche nur das Notwendigste gearbeitet. Es durfte nicht geschlachtet und kein Brot gebacken werden. Das Foto entstand vor einem halben Jahrhundert in Höchheim und wurde von Lehrer Werner Karl aufgenommen.
Foto: Albert | Einstmals wurde in der Karwoche nur das Notwendigste gearbeitet. Es durfte nicht geschlachtet und kein Brot gebacken werden.
 
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