Bekommt der Steinway-Flügel im Konzertsaal des Klosters Wechterswinkel bald Gesellschaft in Form einer Truhenorgel ? Thomas Eckert von der Kreiskulturagentur könnte es sich zumindest vorstellen nach dem tollen Gastspiel des Ensembles "Concert Royal" aus Köln, das die Besucher gleichermaßen fasziniert wie begeistert hatte. Erstmals war dabei neben einer Barock-Oboe eine Truhenorgel zum Einsatz gekommen. Willi Kronenberg präsentierte sich dabei als wahrer Meister seines Faches auf den Tasten, während ihm Karla Schröter, die Leiterin des Ensembles - dessen kleinste Ausführung als Duett ins Kreiskulturzentrum gekommen war - , auf ihrer Barock-Oboe in nichts nachstand.
Reise in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts
Die beiden ausgezeichneten Künstler nahmen das Publikum an diesem Abend mit auf eine Reise zurück in die musikalische Vergangenheit, in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, als man aus der Strenge des Barock ausbrach und begann, mit der Musik die inneren Gefühlswelten auszudrücken. Eine Epoche , die man "Zeit der Empfindsamkeit in der Musik" nannte und die in die Klassik und später in die Romantik mündete. "Musik der Empfindsamkeit" - so auch der Titel des Konzertabends, der angesichts des ungewöhnlichen Instrumentariums neugierig machte. Äußerst angenehm erlebten die Besucher die Darbietungen. Orgel und Oboe harmonierten nicht nur großartig, Karla Schröter und Willi Kronenberg verzauberten auch mit ihrem virtuosen Spiel, mit der Klangvielfalt der Instrumente und den gelungenen Kompositionen. Im Mittelpunkt des Abends standen dabei Werke von Johann Wilhelm Hertel (1727-1789), dessen "Trio C-Dur für Oboe und obligate Orgel" den passenden Einstieg in das Konzert darstellte. Eine mal sehr fröhliche, beschwingte, mal schwermütige Oboe ergänzte ideal die bunte Vielseitigkeit der Truhenorgel. Bei Hertels "Partita F-Dur für Oboe und obligate Orgel" kam die opernhafte Musik mit zwei Oberstimmen (Oboe und "rechte Hand des Orgelspielers") und der Bassstimme (linke Hand des Orgelspielers) ebenso wie beim symphonischen Stück "Trio d-Moll für Oboe und obligate Orgel", das den Abschluss des Konzerts darstellte, besonders gut zum Ausdruck. Dazwischen konnten die Besucher ein Choralvorspiel des Dresdners Gottfried August Homilius (1714-1785) "O Gott, du frommer Gott" sowie dessen "Sonata á Oboe solo col Basso" ebenso genießen wie das mitreißende "Befiel du deine Wege", ein Choralvorspiel von Gotthilf Friedrich Ebhardt (1771 - um 1840).
Fröhlich, heiter und beschwingt
Am Vorabend des Geburtstages von Wolfgang Amadeus Mozart hatte Willi Kronenberg auch ein kleines musikalisches Geschenk für den weltberühmten Komponisten in Form seines "Andante F-Dur KV 616 für Orgel" mitgebracht, das fröhlich, heiter und beschwingt den Abend zusätzlich bereicherte. Unbeschwert, verträumt, fast zärtlich die "Sonata VIII in C für Orgel" von Giovanni Battista Pescetti (1704-1766), die ebenfalls von Willi Kronenberg vorgetragen wurde. Natürlich durfte in dieser illustren Schar von mehr oder weniger gut bekannter Komponisten Johann Sebastian Bach (1685-1750) nicht fehlen. Seine beiden Duette aus dem 3. Teil der Klavierübung für Orgel verdeutlichten den damaligen sehr ernsten und konstruierten Stil. Ein Klasse-Zug der beiden Künstler und Hauptakteure des Abends: Gerne stillten sie den Wissensdurst der Besucher. So stellte Karla Schröter ihre Barock-Oboe vor, das "schöne barocke Stuhlbein". Tatsächlich haben Stuhlbeindreher anfangs die Oboen kunstvoll gedrechselt, bevor sie im 19. Jahrhundert dann mit viel mechanischem Zubehör angefertigt wurden. Auch Willi Kronenberg öffnete bereitwillig seine Truhenorgel, um dem Publikum einen Blick ins Innere zu gewähren. Nach der Zugabe, einem Stück von Johann Georg Linike, stand er den vielen Fragen der Besucher Rede und Antwort.