
Beim Bauerntag in Wechterswinkel machte der neue Präsident des Bayerischen Bauernverbands, Walter Heidl, seinen Antrittsbesuch im Landkreis Rhön-Grabfeld. Vor gut eineinhalb Jahren löste der Niederbayer Gerd Sonnleitner ab, der 21 Jahre das Amt inne hatte und kurz vor seinem Wechsel in den Ruhestand in Bad Neustadt seinen vielleicht letzten öffentlichen Auftritt hatte.
Die Sitzplätze im Kloster von Wechterswinkel reichten nicht aus, um die Zuhörer zu fassen, die die Premiere miterleben wollten. Mit viel Umsicht und Liebe hatten die Gastgeber des Kreisverbands ihrem obersten Sprecher einen würdigen Empfang mit Spanferkel, Blasmusik und später im Saal mit Darbietungen des Landfrauenchors „Agrapella“ bereitet. Allerlei Prominenz aus Wirtschaft, Fachbehörden und Politik nahm zudem den Gast in Augenschein etwa wie auch Landrat Thomas Habermann, dem der Bauernpräsident aus dem Herzen gesprochen habe, wie er nach dessen Rede eingestand.
Heidl hatte nach der Begrüßung durch Kreisobmann Mathias Klöffel und einem Grußwort von Bastheims Bürgermeisterin Anja Seufert sowie Klaus Klingert, Leiter des Bad Neustädter Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, seine Standesgenossen zu mehr Selbstbewusstsein aufgefordert, um die ihnen zustehende Bedeutung mit Nachdruck und Stolz wahrzunehmen.
Heidl sah dabei vor allem auf drei Felder, auf denen die Bauern agieren und unverzichtbare Bestandteile zum Funktionieren des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens darstellen: bei der Produktion hochwertiger Nahrungsmittel sowie nachwachsender Rohstoffe und dem Erhalt der Kulturlandschaft. Forderungen nach einer Beschränkung auf die Produktion von Lebensmitteln in einer Größenordnung, die im eigenen Land verbraucht werde, erteilte er eine Absage. Es sei nicht nachvollziehbar, vorhandene Kapazitäten nicht zu nutzen und Wertschöpfung in der Region aufzugeben.
Export ist existenziell
Der Export von Nahrungsmitteln sei von existenzieller Bedeutung und daher werde er den Ansätzen einer neuen europäischen Agrarpolitik, wo es um eine Kürzung der Mittel für die Lebensmittelproduktion geht, mit aller Macht entgegentreten.
Als eine zukunftsorientierte Neuausrichtung beschrieb Heidl auch die Rolle der Landwirtschaft auf dem Gebiet einer nachhaltigen Energiepolitik. Mit der Herstellung von nachwachsenden Rohstoffen bauen sich die Landwirte nicht nur ein wirtschaftliches Standbein auf, sie stellen damit auch ein unverzichtbares Mosaikstein des Energiemixes dar, mit dem der künftige Bedarf gedeckt werden kann. Schließlich hob Heidl den Bauernstand in seiner Bedeutung für den Erhalt der Kulturlandschaft hervor, die gerade in Bayern in seiner Funktion für den Fremdenverkehr von größter Wichtigkeit sei. In diesem Fall muss die Politik die Rahmenbedingungen schaffen und der Landwirtschaft die notwendigen Mittel bereitstellen, damit sie diese Aufgabe wahrnehmen kann.
In der Diskussion unterstrich Heidl, dass er nicht nur rhetorisch versiert die grundsätzliche Funktion der Landwirtschaft beschreiben kann, sondern sich als praktizierenden Landwirt im Dschungel des bürokratischen Alltags eines Betriebs auskennt. So gab er sich auch weniger als Politiker und verzichtete weitgehend auf Polemik - lediglich Seitenhiebe auf die Grünen und ihren Veggieday konnte er sich nicht verkneifen - sondern vielmehr als ein Vertreter seines Standes, der sachlich Zusammenhänge erklärt und selbstbewusst Ziele ansteuert.