Seit 75 Jahren ist Willi Döll aus Bad Königshofen Mitglied der BRK Bereitschaft in Bad Königshofen. Damit dürfte der heute 93-Jährige wohl eines der ältesten Mitglieder des BRK in Bayern sein.
Wenn er in seinem Fotoalbum blättert, kommen die Erinnerungen zurück. Das Bild eines jungen Soldaten nimmt er in die Hand, zeigt es und sagt: „Das bin ich damals 1941“. Das war das Jahr, als er Mitglied des Roten Kreuzes in Königshofen im Grabfeld wurde. Auf Heimaturlaub war Willi Döll und wurde von Walter Zschech, damals Vorsitzender beim Roten Kreuz Königshofen, angesprochen ob er nicht in die Sanitätsgruppe Königshofen eintreten wolle. Willi Döll, der schon immer hilfsbereit war, sagte zu und wurde damit aktives Mitglied in der Bereitschaft Königshofen im Grabfeld.
Wenn der 93-Jährige heute auf diese Zeit im Roten Kreuz zurückblickt kommen die Erinnerungen nur langsam. Beim Blättern im Fotoalbum aber findet man neben den Bildern aus Kriegstagen dann aber doch einige Seiten aus seiner Rotkreuzzeit.
Transport mit Holzpritsche
„Die Anfänge damals? Heute unvorstellbar“, sagt der Senior. Er erzählt von einer Holzpritsche, auf der einst die Patienten abtransportiert wurden. Natürlich wurde das Rote Kreuz recht bald motorisiert. „Ein VW war unser erster Rotkreuzwagen in Königshofen, später kam ein Opel-Kapitän dazu“, weiß Döll. Namen wie Georg Geuss oder Josef Friedrich fallen ihm spontan ein. Ebenso der Rotkreuzmann Göbel, der immer Erste Hilfe Kurse abgehalten habe. „Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, wie das in den 1950er-Jahren abgelaufen ist. Einen Notarzt oder ein Fahrzeug, das mit Rettungsgeräten ausgestattet war, das gab es damals noch nicht. Wir hatten ein Auto, oft nur mit dem Fahrer besetzt, sind dann zum Patienten gefahren, haben ihn eingeladen und ins Königshöfer Krankenhaus gefahren.“
Zur Ausstattung gehörte damals zunächst eine Ersthelfertasche mit Verbandsmaterialen. Später kam eine Sachs-Kiste, die sogenannte K-50 dazu. Darin war dann schon einiges mehr an Verbandszeug und auch Brechschalen und weitere Gerätschaften vorhanden. Aber mehr als vor Ort schnelle erste Hilfe leisten, den Patienten zum Beispiel zu verbinden und die Blutung zu stillen, konnte man damals nicht. Die „Rettungswache“ war in den 1950er-Jahren zunächst in der alten Kaserne in Königshofen, später im sogenannten „Gefängnis“ dem heutigen Jugendzentrum. Hier gab es ein Telefon, das mit Ehrenamtlichen besetzt war.
Es gab aber auch Kontakte mit anderen Rotkreuzhelfern, die man anrufen konnte, wenn zum Beispiel ein größerer Unfall war. Die Notfallversorgung wurde medizinisch immer wieder aufgerüstet. Später kam zum Beispiel ein Beatmungsbeutel hinzu.
„Blaulicht und Martinshorn gab es natürlich schon auf unseren Autos“, sagt Willi Döll lachend. Vieles könnte er erzählen meint er abschließend, aber so perfekt ausgestattet wie die Rettungswagen heute seien, war man damals nicht. Gut erinnert er sich an 1974, als bei der Bad-erhebung Königshofens auch der von der Bevölkerung durch Spenden ermöglichte erste Rettungstransportwagen vom damaligen Ministerpräsidenten Alfons Goppel vorgestellt wurde. Interessant für ihn war, rückblickend, die rasante Entwicklung, die der Rettungsdienst in diesen 75 Jahren genommen hat. Willi Döll erinnert sich noch an die graue Uniform mit der Schildkappe, daran, dass er selbst im Kreiskrankenhaus als Pfleger im Operationsbereich tätig war. Beim Roten Kreuz in Bad Königshofen war er Kreisstellengeschäftsführer und Ausbilder bei der Frauenbereitschaft für den Bereich Grabfeld. Seine spätere Frau hat er selbst zur Rotkreuzhelferin ausgebildet.
Mit dem Rad zur Ausbildung
Doch nicht nur in Königshofen bildete er aus. Willi Döll: „1947 fuhr ich mit dem Rad nach Wülfershausen, Kleineibstadt, Alsleben, Sulzfeld und Leinach, um dort Kurse zu halten“. Döll hatte nach dem Schulabschluss in Königshofen in der Bäckerei Firnschild Bäcker erlernt und war dann von 1938 bis 1939 als Geselle in einer Backstube in Schweinfurt tätig. 1940 meldete er sich zum Reichsarbeitsdienst. Ein Jahr später wurde er einberufen. Als Soldat war er in Frankreich, Russland und Holland. In Russland wurde er durch Granatsplitter schwer verletzt.
Königshöfer Urgestein
Willi Döll ist ein Bad Königshöfer Urgestein und nicht nur im Grabfeld wegen seiner Aufgeschlossenheit und Freundlichkeit bekannt. Insgesamt war er 33 Jahre im Kreiskrankenhaus aktiv, bis zu seinem Ruhestand 1985. Wenn Willi Döll in seinem Album blättert gibt es auch einige Seiten, die seine Arbeit im Roten Kreuz dokumentieren.
Beim Umblättern zeigt er auf eine Fotografie, die ihn mit Kollegen sowie Mitgliedern der Rot-Kreuz-Frauenbereitschaft vor einem Lkw zeigt. „Das war 1952, als die ersten Spenden aus der amerikanischen Stadt Arlington zu uns gekommen sind. Da war ich als Rotkreuzler mit meinen Helferinnen und Helfern dabei“. Wenn Willi Döll auf sein aktives Leben im Roten Kreuz, als OP-Helfer im einstigen Königshöfer Krankenhaus oder sein Ehrenamt in der Soldatenkameradschaft blickt, stellt man schnell fest, dass der 93-Jährige viel erlebt hat. Vor allem natürlich in der Zeit des Aufbaus des Roten Kreuzes so um 1950 bis 1980. Es war die Zeit, in der es keine Leitstelle gab, keinen eigenen Funkkanal und keinen Notfallrettungswagen oder gar Hubschrauber. Arbeitszeit war oft rund um die Uhr und meist ehrenamtlich. 1975 wurde das erste bayerische Rettungsdienstgesetz verabschiedet. Das hatte die Gründung von Rettungszweckverbänden zur Folge. Es gab danach Rettungsleitstellen, Notärzte und Notarztwagen, sowie die Ausbildung zum Rettungssanitäter. Die Arbeitszeit lag damals bei 55 Stunden pro Woche.