„Ohne die Auswilderung gäbe es in der Rhön wohl kein Birkwild mehr!“ Nicht nur der Schutzgebietsbetreuer für die Lange Rhön, Torsten Kirchner, zog zum Ende des fünfjährigen Projektes eine positive Bilanz über die Auswilderung von schwedischem Birkwild in der Rhön. Auch nach Ansicht von Enno Piening, dem Vizepräsidenten des bayerischen Jagdverbandes, sowie für Landrat Thomas Habermann hat sich das einzigartige Engagement für den Erhalt das „ornithologische Juwel der Rhön“ gelohnt.
Nachdem seit 2010 insgesamt 68 schwedische Tiere in der Rhön ausgewildert wurden, ist nun die Genehmigung der schwedischen Behörden ausgelaufen. Zeit für die Verantwortlichen, vor Vertretern der Regierung von Unterfranken, der Jägerschaft, von Sponsoren und des Biosphärenreservats auf das Projekt und seine Vorgeschichte zurückzublicken. Dabei wurde deutlich, dass die von der internationalen Fachwelt mit Spannung beobachtete Auswilderung geglückt ist, aber auch, dass die Arbeit noch nicht beendet ist und in den kommenden Jahren intensiv fortgesetzt werden muss.
Ursache für den starken Rückgang des Birkwild-Bestandes in der Rhön, der in den 60er Jahren noch bei mehreren Hundert gelegen hat, ist der Rückgang des für die sensiblen Tiere geeigneten Lebensraumes. Der reduzierte sich durch Aufforstungen und geänderte landwirtschaftliche Nutzung von 12 000 Hektar 1970 auf 1400 Hektar im Jahr 2009. Entsprechend sank auch die Zahl des Birkwilds. Als dann auch noch über einige Jahre ungünstiges Klima die Aufzucht von Nachwuchs erschwerte, stand der Rhöner Bestand nicht zuletzt wegen Inzuchtproblemen vor dem Verschwinden.
An diesem Punkt wurde die Wildlandstiftung als Naturschutzstiftung des bayerischen Jagdverbandes aktiv und startete mit Gebietsbetreuer und Wildlandmitarbeiter Torsten Kirchner das fünfjährige Auswilderungsprojekt zur genetischen Auffrischung der Rhöner Population.
Finanziert über Sponsorengelder, maßgeblich von Rhön-Sprudel, fuhren Rhöner Helfer in den vergangenen fünf Jahren immer wieder nach Schweden, fingen dort Birkhähne und – noch lieber – Birkhühner, die dann in die Rhön gebracht wurden.
Nachdem in den ersten Jahren kaum Nachwuchs verzeichnet wurde, konnten heuer wieder fünf Gesperre – das ist die Brut samt Henne – nachgewiesen werden. Davon überlebten drei mit neun Jungvögeln. „Trotz natürlicher Verlustraten durch Überalterung, Verkehrsopfer, Abwanderung, Verlust durch Fressfeinde konnte gezeigt werden, dass die schwedischen Vögel den Lebensraum der Rhön akzeptieren, an der Balz teilnehmen und sich als Gen-Spender etablieren konnten“, freute sich Enno Piening, für den der Birkwildschutz ein Beispiel für die erfolgreiche Arbeit der Jägerschaft im Naturschutz darstellt.
So wurden bei der Herbstzählung vor einigen Wochen 14 Hähne und elf Hennen, darunter die neun Jungvögel, beobachtet. Dieser Aufwärtstrend stimme optimistisch. Er belege, dass sich das Engagement gelohnt habe, so Piening. Das sei ein erster Schritt, aber die Population sei damit noch nicht gesichert. „Die Frage, warum so ein Aufwand für Birkwild betrieben werde, stellt nur, wer die herrlichen Tiere noch nie gesehen habe“, erwiderte Piening der Skepsis mancher Rhöner zum Projekt. Das Birkwild sei eine Leittierart. Geht es dem Birkwild gut, passe der Lebensraum auch für viele andere seltene Tier- und Pflanzenarten und sei dann auch touristisch attraktiv.
Dieser Argumentation konnte sich Landrat Thomas Habermann nur anschließen. Zum einen sei der Erhalt jeder einzelnen Tierart an sich wichtig. Zum anderen stehe die Leitart Birkwild für die Rhön als „Hotspot“ der Biodiversität. Das mache die Landschaft attraktiv für Einheimische und Gäste. Wenn es gelinge, die Rhön als derart wertvollen Lebensraum zu erhalten, „bewahren wir etwas für die Zukunft, was sonst keiner hat“, betonte Habermann. „Passt auf jeden Vogel auf. Das Birkwild braucht weitere Hilfe“, forderte er die Verantwortlichen auf, weiter am Birkwildschutz zu arbeiten.
Wildland-Stiftung
Die Wildland-Stiftung Bayern hat sich als Naturschutzorganisation des bayerischen Jagdverbandes zum Ziel gesetzt, den Artenreichtum der Tier- und Pflanzenwelt in Bayern zu bewahren. Zahlreiche verschiedene Artenschutzprojekte werden unter der Trägerschaft der Wildland-Stiftung umgesetzt. Neben dem Schutz des Fischotters und des Rebhuhns bildet das Großprojekt zum Schutz des Birkhuhns in der Rhön einen Schwerpunkt dieser Arbeit. Wie in der Rhön auch sollen von derartigen Projekten nicht nur die Leitarten, sondern auch weitere Tier- und Pflanzenarten der jeweiligen Lebensraumgemeinschaften profitieren.
Entsprechend der Überzeugung, dass Flächenerwerb der sicherste Weg ist, Lebensräume auf Dauer zu erhalten, hat die Wildland-Stiftung inzwischen 17 Hektar Flächen im Bereich der Lagen Rhön, 31 Hektar an Rhöner Bächen wie Kleiner Sinn oder Schmalwasser sowie 12,5 Hektar an der Kissinger Hütte auf dem Feuerberg erworben.
Neben Berufsjäger Christian Lintow beschäftigt die Stiftung in der Langen Rhön Gebietsbetreuer Torsten Kirchner, dessen Stelle vom Europäischen Sozialfonds und dem Bayerischen Naturschutzfonds cofinanziert wird.
Die Wildland-Stiftung ist gemeinnützig und wird ausschließlich in Bayern tätig. Wichtige Grundlagen der Finanzierung ihrer Projekte sind private Spenden.