
Nachdem sie beim "Blattmacher-Wettbewerb" bayernweit Erster wurden, kam in diesem Jahr der nächste Preis dazu: Die Schülerzeitung "Konturen" des Rhön-Gymnasiums gewann beim Bundeswettbewerb in der Kategorie "Eure Beiträge zu Europa". Ausgelobt war der Preis von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland.
Was sie von anderen Schülerzeitungen unterscheidet oder was man bei den Konturen lernt, erklären die Lehrerin Christine Maier-Fürsich und der damals zuständige Redakteur Philipp Wohlfart im Interview. Philipp Wohlfart ist als Freier Mitarbeiter in der Sportredaktion dieser Zeitung tätig.
Philipp Wohlfart: Unser Überthema der Ausgabe war Liebe. Wir haben uns schon beim Brainstorming gedacht, dass Liebe total viele Facetten hat. Dann ist mir dieses Thema eingefallen.
Christine Maier-Fürsich: Wir haben versucht, das Thema sehr breit aufzustellen und nicht nur auf die romantische Liebe zu beschränken. Da war für uns klar, dass die Geschichte mit den beiden Ukrainerinnen dazugehört. Wir versuchen immer, einen Schulbezug herzustellen und nicht abstrahiert über politische Verhältnisse zu reden, und dieses Thema betrifft uns alle.
Wohlfart: Das Interview beinhaltet Fragen, die sich auf ganz verschiedene Themenbereiche bezogen haben. Auf der einen Seite, wie die beiden Mädchen den Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine erlebt haben. Das war interessant zu beobachten, da die beiden den Tag unterschiedlich erlebt haben. Dann thematisierten wir ihre Ankunft in Deutschland, ihre Fluchtrouten, wie sie aufgenommen wurden und sich an der Schule fühlen, ob sie schon neue Freunde gefunden haben und wie ihre Pläne für die Zukunft aussehen.
Maier-Fürsich: Ich würde sagen, dass prinzipiell an unserer Schule schon ein Bewusstsein für den Angriffskrieg vorhanden war, weil viele Lehrer die Situation im Unterricht thematisiert und wir auch Brückenklassen haben. Man muss fairerweise sagen, dass die ukrainischen Jugendlichen schon noch etwas isoliert sind, dadurch dass sie in einem eigens für sie eingerichteten Kurs sind. Allerdings hatten wir gerade den Projekttag, an dem die Schüler jahrgangsstufenübergreifend in verschiedene Gruppen aufgeteilt waren. Beispielsweise arbeiteten 5.-Klässler mit 9.-Klässlern zusammen. Da waren unsere Brückenkurskinder natürlich auch dabei, die Integration hat gut geklappt, auch wenn das nur ein kleiner Schritt war.
Wohlfart: Zuerst wollten wir den ganzen Brückenkurs in das Interview involvieren, aber das war natürlich aufgrund der Anzahl der Schüler schwer umsetzbar. Wenn man sich hingegen ein oder zwei Personen heraussucht, lässt das die Geschichte viel nahbarer und greifbarer wirken. Wir mussten uns zuerst auf zwei Personen einigen, die sich bereiterklärten, dieses Interview mit uns zu führen.
Maier-Fürsich: Das war tatsächlich ein großes Problem. Wir wollten keine Traumata befeuern, niemanden verletzen oder bloßstellen. Viele der Kinder sind traumatisiert hier hergekommen, haben große Verluste erlitten, sowohl materieller als auch personeller Art. Das war natürlich die große Sorge der betreuenden Lehrkräfte, dass niemand verletzt wird. Wir haben uns daher im Vorfeld mit der Formulierung der Fragen viel Mühe gegeben.
Maier-Fürsich: Eine gefühlte Ewigkeit! Im alten G9 war die Schülerzeitung komplett in Schülerhand und ich als Beratungslehrkraft musste nur Korrektur lesen, die Schüler waren sehr selbstständig. Mit dem Wechsel zum G8 hatten die Schüler mehr Nachmittagsunterricht und waren nicht mehr bereit, so viel Zeit in der Schule zu verbringen. Daher gab es eine kurze Durststrecke für unsere Schülerzeitung, aber zum Glück währte das nicht lange. Ich bin sehr froh, dass wir die Konturen haben. Auch unsere Schulleitung schätzt und fördert unsere Arbeit sehr.
Wohlfart: Wir versuchen immer nah am Puls der Schüler und der Zeit zu sein. Wir möchten keine abgedroschenen Themen oder die große Weltpolitik behandeln. Das zeigt beispielsweise unser Interview, das eine gewisse politische Relevanz hat, aber auf einer ganz anderen Ebene stattfindet. Wir versuchen immer, diesen Kontakt mit der Schule oder den Schülern herzustellen.
Maier-Fürsich: Unsere Schülerzeitung ist außerdem ein Ort für viele Schüler, die eine starke Meinung zu gesellschaftlich relevanten Themen haben. Die Konturen bieten ihnen eine Möglichkeit, diese Meinung einer Öffentlichkeit kundzutun.
Maier-Fürsich: Im Juni ist eine kleine Delegation der Konturen zu der Preisverleihung in Berlin im Bundesrat und im Kanzleramt eingeladen. Allein das ist eine tolle Anerkennung! Der Preis ist mit 1.000 Euro dotiert. Vermutlich werden uns davon eine neue Kamera kaufen.
Maier-Fürsich: Das Wichtigste für uns ist erstmal, dass es jedes Jahr die Schülerzeitung gibt. Das heißt, dass sich immer genug Schüler finden, die an den Konturen mitschreiben wollen. Um den Nachwuchs heranzuführen, haben wir auch eine kleine Sonderausgabe, die Mini-Konturen, die fest in der Hand von Unter- und Mittelstufenschülern ist. Für die Mini-Konturen schreiben hauptsächlich 5.- und 6.-Klässler für die 4.-Klässler und stellen unsere Schule vor.
Maier-Fürsich: Auf jeden Fall Selbstständigkeit, Teamarbeit und Eigenverantwortung. Inhaltlich lernen die Schüler, Artikel zu verfassen, zu layouten, die Ausgabe zu finanzieren und sich an Deadlines zu halten.
Maier-Fürsich: Wir brauchen uns nicht verstecken und haben uns schon immer bei solchen Wettbewerben beworben. Ab und zu haben wir auch schon etwas gewonnen, wie den ersten Platz beim Fotowettbewerb des Magazins Spiegel. Mich freut das total, wenn die Schüler nach ihrem Abitur in die Richtung Journalismus, Grafikdesign oder Werbung gehen wollen. Das sind alles Bereiche, die aus unserem Feld kommen. Das ist doch schön, wenn die Schülerzeitung Spuren hinterlassen hat, wie bei Philipp, der im Wintersemester (Sport-)Journalismus studieren will.