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FULDA
Schneller nach Frankfurt

Von

Volker Nies und Thomas Pfeuffer

 |  aktualisiert: 15.12.2020 16:34 Uhr

Im Kreis Fulda kommt am Samstag, 13. September, ein Straßenbauprojekt zum Abschluss, das Osthessen seit Jahrzehnten beschäftigt hat: Das letzte Stück der Autobahn 66 zwischen Fulda und Frankfurt wird freigegeben. Auch die Region wird davon profitieren.

Das Projekt hat viel Zeit bis zu seiner Realisierung gebraucht: Allein für die letzten 50 Kilometer zwischen Gelnhausen und der A 7 waren 29 Jahre erforderlich – während der Eurotunnel unter dem Ärmelkanal in nur sechs Jahren, der Suezkanal in zehn Jahren fertig gestellt wurden.

Grund dafür waren nicht technische Herausforderungen, wenn man vom letzten Teilstück absieht. Richtig schwierig waren nur die letzten 3,5 Kilometer durch die Gemeinde Neuhof, in der das Gesamtprojekt jetzt endet. Um die Bewohner vor Lärm und Abgasen zu schützen, wurde die A 66 in der Kali-Gemeinde in einen 1,61 Kilometer langen Tunnel verlegt. Dieser Tunnel verläuft in zwei Röhren zum Teil unter dem Grundwasserspiegel und musste auch mit Tauchern gebaut werden.

Schwierig in Neuhof war auch, dass während der Bauarbeiten der Verlauf der ICE-Trasse, der Standort des Bahnhofs und das Bett des Baches Flieden in einem komplizierten Verfahren verlegt werden mussten.

Eine unendliche Geschichte

Hauptgrund für die lange Bauzeit war jedoch die zögerliche Haltung der Landesregierung, die in den 1980er Jahren die A66 durch den Kreis Fulda für unnötig hielt. Nach dem Fall der Mauer 1989 flossen die Straßenbaumittel des Bundes dann erst einmal in die neuen Länder. Bereits 1967 begann das Land mit den Planungen für die Autobahn Frankfurt-Fulda.

1969, wenige Wochen vor der ersten bemannten Mondlandung, gründete der Fuldaer Oberbürgermeister Alfred Dregger (CDU) eine Aktionsgemeinschaft, die das Projekt voranbringen sollte.

Anfang der 70er Jahre schien eine Fertigstellung bis 1980 möglich. Doch die Landesregierung bremste. Später, als Bundestagsabgeordneter, machte Dregger für das Projekt immer wieder Druck. Im Dezember 1994 rückte die Autobahn aus Richtung Frankfurt kommend bis an die Fuldaer Kreisgrenze heran. Im Oktober 2005 begannen die Bauarbeiten für den letzten Abschnitt durch Neuhof, die jetzt zum Abschluss kommen. Ganz fertig ist die A 66 noch nicht: Am Frankfurter Ende fehlt noch der Riederwaldtunnel. Rechnet man ihn ein, kostete die A 66 etwas mehr als eine Milliarde Euro.

Für Rhöner Autofahrer, die in die Ballungsregion Frankfurt oder zum dortigen Flughafen wollen, dürfte die Fertigstellung eine erhebliche Zeit- und Kilometer-Einsparung bedeuten. Umgekehrt ist die Tourismusregion Rhön einfacher und schneller für die Frankfurter zu erreichen. Hier hoffen die Touristiker auf entsprechende Effekte. Die wiederum machen Naturschützern Sorgen.

Gerade auch die Unternehmen der Region sehnen den Tag der Freigabe der A 66 herbei – nicht nur die Speditionen. Sie sind sich einig: Für die Betriebe in Osthessen ist eine leistungsfähige Verbindung ins Rhein-Main-Gebiet unverzichtbar und bares Geld wert. Für die Supermarktkette „Tegut“ etwa, die ihre Zentrale in Fulda hat, ist der Lückenschluss doppelt wichtig: „Lieferanten kommen pünktlicher, und die eigenen Fahrzeuge kommen leichter zu den Filialen entlang der A 66“, erklärt Geschäftsführer Thomas Gutberlet. Jede Woche werden 8400 Tonnen Ware umgeschlagen.

Die bessere Berechenbarkeit der Anlieferungen sei für das Unternehmen wichtig. „Tegut bekommt über die A 66 vor allem Obst und Gemüse. Wegen des Nadelöhrs A 66 mussten die Lieferanten Zeitpuffer einbauen und früher losfahren. Die Baustelle an der Autobahn ging zu Lasten der Frische“, sagt Gutberlet. Unter dem schwierigen Anschluss ans Rhein-Main-Gebiet litten auch die Unternehmen aus den angrenzenden Landkreisen.

Der Holz- und Pelletslieferant Theodor Herbert aus Motten im Kreis Bad Kissingen ist mit 53 Lastwagen unterwegs. 30 bis 40 Prozent der Kunden kommen aus dem Rhein-Main-Gebiet. Unternehmer Tobias Herbert berichtet, dass es bei dem Nadelöhr nicht nur darum gehe, ob die Fracht eine Viertelstunde früher oder später beim Kunden sei. „Die Lenk- und Ruhezeiten unserer Fahrer werden genau überwacht. Wenn es durch Staus an Engpässen oder Baustellen zu einer Verlängerung der Fahrtzeit kommt, kann es passieren, dass der Lastwagen vor Erreichen des Kunden oder des Firmengeländes eine Pause machen muss.“ Flüssiger Verkehr entlaste auch die Anwohner.

Umweltminister weiht ein

Die Freigabe diesen Samstag erfolgt durch Rainer Bomba (CDU), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, und den Hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). Gegen 12 Uhr wollen sie in einem Oldtimer den Tunnel erstmals durchfahren.

Bis 13.30 Uhr können Fußgänger das Bauwerk erkunden. Die Röhre in Richtung Frankfurt soll ab 16 Uhr, die Röhre in Richtung Fulda ab Mitternacht befahrbar sein. Aus Sicherheitsgründen findet das Eröffnungsfest für die Öffentlichkeit nicht – wie zuerst geplant – im Tunnel, sondern am Gemeindezentrum statt.

 
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