Obwohl es ein Jubiläumsjahr ist, ist es doch ein trauriger Tag. Eigentlich für ganz Mellrichstadt, denn ein alteingesessenes, den Bürgern vertrautes Geschäft schließt mit dem 31. Dezember um 13 Uhr seine Tür; vor allem aber ist es traurig für die Geschäftsinhaberin selbst. Nach 25 Jahren, in denen Tanja Schumacher ihr Fotostudio „Schnappschuss“ geführt hat, gibt sie diesen Beruf auf. Es wird auch kein Unternehmernachfolger in die Geschäftsräume einziehen, sondern diese werden künftig privat genutzt.
Vom Opa übernommen
„Ja, es war ein Entschluss, der mich mit Wehmut erfüllt hat“, bekannte Tanja Schumacher, „loslassen zu müssen von etwas, mit dem ich fest verwachsen war: mit 25 Jahre leidenschaftlicher Arbeit, angefüllt mit schönen Begegnungen mit Menschen aller Art“. Eigentlich waren es weit mehr als 25 Jahre, seit dieses Studio in der Oberen Hauptstraße bestand. Denn sie hatte es von ihrem Großvater Alex Werner übernommen. Der hatte dort seinerseits fünfzig Jahre lang einen Fotoladen geführt, mit angeschlossener Drogerie. Passbild- und Studiobetrieb waren ebenso erfolgreich wie der Handel mit Fotoapparaten, Filmen und Bilderentwicklung samt Fotozubehör.
Das Studio hatte viele Stammkunden, vor allem auch unter den ortsansässigen Betrieben von Mellrichstadt. Tanja Schumacher hatte eine Ausbildung zur Drogistin und Fotografin absolviert und war nach Abschluss in das Geschäft ihres Opas eingestiegen. Nach dem Tod von Alex Werner 1993 übernahm sie das Geschäft, gab die Drogerieabteilung auf und baute es in vierzehn Tagen zu ihrem „Schnappschuss-Fotoladen“ um – Kennzeichen: die Dominanz von Atmosphäre schaffendem Pink überall.
Digitalisierung verändert alles
Doch die Zeiten wandeln sich, nicht zuletzt für die Fotobranche. Das bekam auch Tanja Schumacher zu spüren. Um das Jahr 2000 brandete die digitale Welle voll über das Land, Stammkunden brachen weg, neue Geschäftsfelder mussten erschlossen werden, trotzdem erlitt der Umsatz Einbußen. Tanja Schumacher blieb mit Einschränkungen konkurrenzfähig, indem sie sich verstärkt der professionellen Fotografie zuwandte mit Themen wie Hochzeiten, Kommunion, Landschaften, Werbefotografie, Kinder, Kindergarten und Familie, aber auch Erotik und Pin-up. Sie stattete sich ein mobiles Studio aus, mit dem sie Fotos von Abitur- und Faschingsbällen, von Tanzkursen, Märkten und Stadtfesten mit passenden Kulissen aufnehmen konnte. Trotzdem war die Tendenz eher stagnierend bis negativ.
So beschloss Tanja Schumacher, nicht bis zum bitteren Ende eines zwangsweisen Geschäftsschlusses zu warten. Ihr positives Fazit lautet: „Ich bin froh, mit meinen Aufnahmen etwas Unvergängliches geschaffen und Menschen damit glücklich gemacht zu haben.“ An berührende Momente wie das Fotografieren beim Hochzeitstreuschwur, an lustige Aufnahmen von Kindern und an die für sie spannendste Werbeaufnahme unter Wasser für eine Mellrichstadt Firma erinnert sie sich gern.
Mehr Zeit für die Familie
Aber die geschäftliche Entwicklung war nicht ihr einziges Motiv zur Geschäftsaufgabe. Jetzt wollte sie etwas langsamer treten und auch mehr Zeit für ihre Familie, ihren Mann Peter Schumacher ihre Tochter und ihren Sohn und die drei Enkel haben. Zeit aber auch für sich selbst, um endlich auch ihren vielen Hobbys nachgehen zu können, solchen wie Wandern, Fahrradfahren, Lesen, Nähen, Singen, Bogenschießen und Yoga.
Und vor allem: Sie will sich auch beruflich neu orientieren, in einem Beruf, bei dem sie ihre jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit Menschen einbringen kann. Und man darf getrost hinzufügen: auch ihre herzlich-entgegenkommende, aufgeschlossene Art, zu anderen Menschen Brücken zu schlagen.
Tanja Schumacher ist körperlich und geistig-seelisch in bester Verfassung. Dem neuen Lebensabschnitt sieht sie darum gespannt und mit Vorfreude entgegen. Ihren bisherigen Kunden aber dankt sie für ihre Treue. Diesen bietet sie quasi als Abschiedsgeschenk an, dass sie alle archivierten Bild-Dateien bei ihr gratis abholen können.