
Wenn es in den letzten Jahren ruhig geworden ist um Schilfkläranlagen, dann deshalb, weil sie keine Probleme machen. Nun läuft die Wurzelraum-Kläranlage schon seit 25 Jahren in Neustädtles ohne Reparaturen und mit nur geringem Wartungsaufwand. Das musste gefeiert werden. Folgende Informationen sind einer Pressemitteilung des "Vereins Wurzelraumkläranlage" entnommen.
In seiner Willkommensrede erinnerte Hans-Peter Malawka, Vorsitzender des „Vereins Wurzelraumkläranlage“, an die Kraftanstrengung der ganzen Dorfgemeinschaft beim Bau der Anlage 1997 in Eigenleistung. Diesem Dank für außerordentliches bürgerliches Engagement schlossen sich auch der amtierende Nordheimer Bürgermeister Thomas Fischer und der frühere Bürgermeister Hermann Hippeli an, der das Projekt damals im Dorf realisierte.
Margarita Winter, die Planerin der Schilf-Kläranlage, erläuterte, wie diese dreifach den Erhalt des Klimas unterstützt. Als Null-Energie-Kläranlage werden Geldbeutel und Klima geschont. Zusätzlich kann die Pflanzen-Boden-Kläranlage das von Verbrennermotoren freigesetzte Klimagas CO₂ wieder einfangen und dauerhaft umweltneutral als Humus im nassen Bodensubstrat speichern. Diese Entziehung des CO₂ vor der Klimakrise geschieht hier ohne Risiko von Sturmschäden, Feuer oder Schädlingsbefall und ohne Flächenwettstreit, weil diese Abwasserreinigungsfläche gleichzeitig für Klimaschutz genutzt wird und obendrein auch noch selten gewordenen Tierarten wie Vögeln ein Biotop bietet. Zudem danken es Fische, Bäume, Landwirte und Gärtner, wenn das Abwasser sehr gut gereinigt dezentral im Dorfbach eingeleitet wird, Grünflächen befeuchtet und Grundwasser anreichert.
Wertvoller Phosphor
Phosphor ist für Menschen, Tiere und Pflanzen lebensnotwendig und durch nichts zu ersetzten. Daher werden Lösungen gesucht, Phosphor nicht mehr mit dem Schlamm in der Müllverbrennung zu entsorgen, wo er unwiederbringlich mit Abfall verdünnt wird, sondern der Phosphor-Knappheit vorzubeugen. In der Pflanzen-Boden-Kläranlage entsteht hier durch Phosphat-Entzug aus dem Abwasser über Jahrzehnte ein gut erreichbares Depot. Die Speicherung von Phosphat und CO₂ funktioniert aber nur in Pflanzen-Boden-Kläranlagen, nicht mit Pflanzen-Sand-Kläranlagen, so Margarita Winter.
Während das Wasserwirtschaftsamt die Fortführung der wasserrechtlichen Erlaubnis prüft, verdeutlichte der Verein den Anwesenden, wie wichtig der Einsatz der Kläranlage ist.Malawka und Winter betonten, dass die Anlage nicht nur kostengünstig und instandhaltungsarm ist, sondern durch ihre positive CO₂-Bilanz und die Förderung der Biodiversität einen wichtigen Beitrag in verheerenden Zeiten des fortschreitenden Klimawandels leistet. Nicht zuletzt war diese Feier auch ein gelungener Aufruf an die jüngere Generation und die Politik, sich für den Verein Wurzelraumkläranlage mit dem Schutz von Klima und Artenvielfalt zu engagieren.
Zum Schluss verabredete man sich zum Wiedersehen im Jahre 2100, um den dann knapp gewordenen Phosphor hier zu ernten. Tatsächlich ein guter Grund zum Feiern.