In den zahllosen Rankings, mit denen man uns heute langweilt, belegt die Heimat bekanntlich nicht durchgehend Spitzenplätze. So weist unser Landkreis den größten Bevölkerungsrückgang und das dritthöchste Durchschnittsalter in Unterfranken auf. Bayernweit bestätigt man Rhön-Grabfeld außerdem den höchsten Krankenstand und das zweitniedrigste Durchschnittseinkommen. Dafür liegen wir beim "Kneipensterben" ganz vorne: Minus 69 Prozent in nur fünf Jahren. Tote Hose!
Sogar auf Bundesebene fallen wir auf: Beim öffentlichen Nahverkehr rangieren wir auf dem drittletzten Platz. Und nirgendwo sonst in Deutschland würde laut einer Studie des IW so viel Landschaft sinnlos verplempert wie bei uns. Zwischen 2016 und 2018 seien im Landkreis viermal mehr Wohnungen gebaut worden als nötig. Der Leerstand boomt!
Natürlich stehen diese niederschmetternden Ergebnisse in einem gewissen Widerspruch zur Wahrnehmung unserer Granden, die gerade vor Kommunalwahlen nicht müde werden uns einzureden, wie gut wir "aufgestellt" sind. Wie die Kegel! Nur zu verständlich, dass sie wilde Behauptungen, die nicht in ihr schönes Weltbild, passen mitunter als "Fakenews" abtun. Hier würden Äpfel mit Birnen verglichen, heißt es dann. Die Studien wären "Quatsch". Zumindest in methodischer Hinsicht. Sie bildeten die Realität nicht ab und seien wissenschaftlich "unseriös".
Glücklicherweise liegen aber auch qualitativ hochwertige Rankings vor. Der "Prognos-Zukunftsatlas 2019" zum Beispiel. Er bescheinigt uns „rosige Aussichten“. Rhön-Grabfeld belegt darin unter 401 Landkreisen und Städten den 115. Platz. Respekt! Zum Vergleich: 2007 landeten wir auf Rang 318 und nur sechs Jahre später schon auf Rang 106. Die starken Schwankungen zeigen, dass der Zukunftsatlas auch psychologische Faktoren widerspiegelt. Genau wie die Börse! Denn Risiken wie Überalterung oder Durchschnittseinkommen haben sich objektiv ja nicht verändert. Im Gegenteil!
Neue Bedrohungen zeichnen sich ab. So zählt die Heimat eindeutig zu den "Klimaverlierern". Die ohnehin schon trockene Region wird endgültig zum Klima-Notstandsgebiet. Ein mit Nitrat und Güllebakterien verseuchter Brunnen in Herschfeld musste bereits vom Netz genommen werden. Der Grundwasserspiegel sinkt. Vor unseren Augen verdorren die Wälder. Förster wissen noch nicht einmal, welche Baumarten sie nachpflanzen sollen. Noch ein paar solche Sommer und die Rhön wird zum "Land der offenen Fernen". Buchstäblich. Rosige Aussichten
Aber keine Panik: Der Markt wird’s schon richten. Die Kliniken unseres schönen Industriestädtchens beweisen es. Eine kluge Politik sorgt bekanntlich seit Jahrzehnten dafür, dass es bei uns zu wenige Ärzte gibt, obwohl viele junge Menschen gerne Medizin studieren würden. Es kommt einfach viel billiger, ausgebildete Mediziner in Osteuropa abzuschöpfen, wo noch größerer Ärztemangel herrscht. Der Gewinn der Rhön-Klinikum AG stieg im 1.Halbjahr 2019 auf 20,5 Millionen Euro. Von nichts kommt nichts! Die Aktionäre fühlen sich gut versorgt; der Mensch steht im Mittelpunkt.
Und dank künstlicher Intelligenz (KI) spielen Sprachbarrieren keine Rolle mehr. Ärzte und Patienten kommunizieren über die Übersetzung-Apps ihrer Smartphones. Ab und zu brechen sie dabei in schallendes Gelächter aus. Von wegen "Bauch-Aua"! Gerüchten zufolge soll unsere vhs ab September sogar spezielle Workshops anbieten: "Polnisch für Kranke". Die unselige Allianz einer rumänischen Krankenpflegerin, eines polnischen Chirurgen und eines ungarischen Anästhesisten hätte angeblich schon eine Blinddarmoperation eingespart. Der Patient erhielt stattdessen - ein Brustimplantat. MANN muss sich das vorstellen!