"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben", schrieb einst Hermann Hesse. Auch die Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes sind für Eltern ein neuer Lebensabschnitt. Und ein neuer Anfang, der für Väter und Mütter viele Herausforderungen mit sich bringt.
Vor- und Nachsorge bei Schwangeren ist als systemrelevante Tätigkeit zwar auch in Corona-Zeiten erlaubt - ergänzende Gruppenangebote wie Geburtsvorbereitungs- und Sportkurse sowie Live-Infoveranstaltungen allerdings nicht. Es müssen neue Wege gefunden werden, um Mütter und Väter vor und nach der Geburt ihres Kindes zu unterstützen. Auch im Landkreis Rhön-Grabfeld gibt es viele kreative Ideen. Wir stellen einige Beispiele vor.
Wenn die Hollstädterin Daniela Schneyer "ihre" schwangeren Frauen und Mütter zum "Sporteln" ruft, ist Spaß angesagt. Das merkt man, wenn man als Gast Schneyers Kurse verfolgt, die sie derzeit wegen der coronabedingten Einschränkungen über das Online-Portal "Zoom" anbietet. Da wird beim Schwangeren-Sport mal eben schnell eine breitere seitliche Kniebeuge gemacht, wenn das "Bäuchchen" im Weg ist. Oder so getan, als ob an einem Strohhalm gezogen wird - Mund und Beckenboden sind schließlich eng miteinander verbunden, erklärt die dreifache Mutter Daniela Schneyer.
Fußübungen helfen zu verhindern, dass sich durch die Schwangerschaftshormone das Fußgewölbe absenkt - ein breiter werdender Fuß könnte sonst die Folge sein. Und wenn das Baby beim Mama-Kurs keine Lust mehr hat, in der Trage "mitzumachen", nickt es eben kurz ein.
Schneyers Programm nennt sich "Supermamafitness" und beinhaltet Fitnesskurse für Schwangere und Mütter. Die Kurse tragen unter anderem Namen wie "BauchBeutelPo" oder "HappyBauch". Sie umfassen allgemeine angepasste Fitnessübungen, Rückbildung, Atem- und Beckenbodentraining. Hantel-Übungen, Fußtraining, Marschieren, Seitlift und mehr gehören dazu. Die Frauen sind über das Online-Portal jeweils per Video aus ihren Wohnungen zugeschaltet. Daniela Schneyer korrigiert hier und da etwas die Haltung der Frauen. Mithilfe von Kamera und Mikrofon ist das kein Problem.
Das Gruppenerlebnis beim Sport fehlte
"Als ich mit meinem ersten Kind schwanger war, habe ich etwas gesucht, um fit zu bleiben. Als ausgebildete Fitnesstrainerin wusste ich zwar, welche Übungen gut sind, aber ich wollte lieber in einer Gruppe mit anderen Schwangeren Sport treiben. Da ich kein passendes Angebot fand, bildete ich mich in meiner Elternzeit umfangreich weiter und machte mich 2019 selbständig", erklärt Schneyer.
"Supermafitness" in der Sporthalle Hollstadt und an verschiedenen Orten in der Natur lief von Anfang an sehr gut, sagt sie. Doch im März 2020 kam der erste Lockdown. Sie bot ihre Kurse fortan wie auch jetzt im zweiten Lockdown digital an. Daniela Schneyer: "Das hätte ich mir vor Corona niemals vorstellen können. Das Online-Training war völliges Neuland für mich. Ich musste mich in die Technik erst einarbeiten. Entsprechend gewöhnungsbedürftig war auch die erste Kursstunde für mich. Doch alle Teilnehmerinnen fanden es toll." Und so machte sie weiter mit den digitalen Kursen, teilweise auf Wunsch von Müttern sogar noch, als zwischenzeitlich wieder Präsenz möglich war.
Zwar fehlt ihr das Schwätzchen mit den Frauen zwischendurch schon ab und an. Dennoch zeigt sich Schneyer froh darüber, dass sie bei den Online-Kursen die Möglichkeit hat, die Frauen beim "Sporteln" zu sehen und sie mithilfe von Beschreibungen korrigieren zu können. "Ein Vorteil der Online-Variante ist, dass ich zuhause bin und damit weiterhin für meine Kinder greifbar. Die Babys der Teilnehmerinnen können ins Training mit integriert werden und müssen somit nicht auf ihre Mama verzichten. Und die Mamas müssen nicht auf Sport verzichten."
So bleiben die Teilnehmerinnen nicht nur fit, sondern können sich auch eine Auszeit vom Alltag ganz für sich selbst nehmen, die Körper und Seele guttut. In Zeiten geschlossener Kindergärten und Schulen sonst oft ein rares Gut für Mütter.
Auch auf der Geburtenstation des Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt haben sich die Verantwortlichen Gedanken gemacht, wie werdende Eltern trotz Lockdown unterstützt werden können. So können Interessierte laut Pressesprecherin Josefine Astl auf der Internetseite virtuell den Kreißsaal und die Wochenstation erkunden. Außerdem werden die Infoabende zur Vorbereitung auf die Geburt mittels Online-Konferenz - hier können auch Fragen gestellt werden - angeboten und sind als Video abrufbar.
Als Moderatorinnen fungieren Hebammen der Station. Termine sind auf der Homepage des Klinikums abrufbar, hier können sich die Eltern auch für den Online-Infoabend anmelden. "Das Angebot wird sehr gut angenommen. Die teilnehmenden Eltern sind zufrieden", sagt Josefine Astl. "Sie berichten uns davon, dass es in der kleinen Online-Runde sogar besser möglich ist, individuelle Fragen zu stellen, als beim Live-Infoabend, bei dem oft doch sehr viele Personen dabei sind."
Ebenfalls digitale Wege beschreitet man im Eichenhäuschen in Eichenhausen. Hier arbeiten mehrere Hebammen. Schwerpunkte der Einrichtung sind Geburtsvorbereitung, Elternbetreuung und Yoga. Zu "normalen" Zeiten werden hier auch klassische Geburtsvorbereitungskurse durchgeführt. "Die Schwangerenvor- und -nachsorge findet mit Hygienemaßnahmen zwar weiterhin statt, sie ist systemrelevant. Alles andere wie etwa Gruppen-Geburtsvorbereitung läuft bei uns aber mittlerweile über Zoom", erklärt Inhaberin Ute Gehweiler.
Bereits im ersten Lockdown fing man im Eichenhäuschen recht schnell an, auf die Online-Variante umzusteigen. Man habe sich hier aber auch erst "reinfuchsen" müssen. Nun im zweiten Lockdown bietet Ute Gehweiler über Zoom zusätzlich auch einen Yoga-Kurs für Schwangere an. "Es ist nicht ideal, aber es geht. Die Frauen sind dankbar und gottfroh, dass sie nicht allein gelassen werden." Diese und andere Angebote können dazu beitragen, dass der neue Anfang für Schwangere und frisch gebackene Eltern auch in Corona-Zeiten nichts von seinem Zauber verliert.