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Mellrichstadt
Rhön-Grabfeld: Der Biber - Freund und Feind zugleich
Eine Biberexpertin erklärt, warum das Tier sein schlechtes Image zum Großteil zu Unrecht hat. Was erwidert der Vorsitzende der Fischereigenossenschaft Streu darauf?
Spitz abgenagte Baumstümpfe: das untrügliche Markenzeichen der Biber. Das Tier polarisiert die Menschen.
Foto: Eckhard Heise | Spitz abgenagte Baumstümpfe: das untrügliche Markenzeichen der Biber. Das Tier polarisiert die Menschen.
Eckhard Heise
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:39 Uhr

Weniger als früher steht der Biber auf der Tagesordnung von Gemeinderatssitzungen. Für Aufsehen hatte im Vorjahr allerdings die Austrocknung des Malbachs gesorgt, bei dem auf einer Strecke von sieben Kilometern insgesamt 27 Biberdämme gezählt wurden. Der Biber-Bestand im Landkreis Rhön-Grabfeld ist nicht rückgängig, aber es wird inzwischen deutlich öfter gegen den Biber vorgegangen als noch in der Vergangenheit. Wir erkundigten uns nach der aktuellen Situation in der Region.

Zunächst stellt Dieter Weisenburger, Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde, klar, dass sich an der rechtlichen Stellung des Bibers nichts verändert hat. Nach wie vor zählt der Nager zu den streng geschützten Arten, ein ungenehmigtes Vorgehen hat strafrechtliche Konsequenzen. Allerdings gebe es auf politischer Ebene Überlegungen, den Biber ins Jagdrecht zu übernehmen, da der Bestand im Grunde nicht mehr bedroht sei. In Rhön-Grabfeld habe sich der Biber - nachdem er 2000 zum ersten Mal gesichtet worden war – nahezu in alle Fließgewässer ausgebreitet. Nur noch wenige Abschnitte seien frei von Bibern.

2020 wurden 87 Biber-Reviere in Rhön-Grabfeld registriert

Larissa Renninger, Biodiversitätsberaterin im Landratsamt, zieht eine Statistik heran, nach der im Vorjahr 87 Reviere registriert wurden. Der Durchschnitt liege bei drei bis vier Tieren pro Revier. Dabei ist die Dichte im Bereich des Grabfeldes höher als in der Rhön. Wahrscheinlich, weil die Fließgeschwindigkeit in der bergigen Landschaft höher ist, was dem Biber weniger entgegenkommt. Außerdem scheint es so, dass der Zuwachs sich jetzt verlangsamt habe.

Die Biberexpertin bestätigt außerdem, dass in der jüngsten Vergangenheit der Abschuss erheblich nach oben gegangen sei. Mit 17 Tieren lag der Landkreis 2020 deutlich über dem unterfränkischen Durchschnitt. In 21 Fällen sei die Entnahme von Biberdämmen gestattet worden. Aus einer Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina an den Bayerischen Landtag aus dem Jahr 2018 ging hervor, dass 2018 in den zu diesem Zeitpunkt 68 Revieren in Rhön-Grabfeld kein einziges Tier erlegt worden war.

Biberexpertin: Schlechtes Image des Bibers zum Großteil zu Unrecht

Das schlechte Image, vor allem unter Gewässerpächtern und Vertretern aus Gemeinden, habe der Biber allerdings zu einem Großteil zu Unrecht, verweist Renninger auf eine Reihe von Studien. Danach wird der Biber als Schlüsselart angesehen. Durch seinen Einfluss nähmen die Arten deutlich zu. Biber schaffen neue Lebensräume, die die Vielfalt in Tier- und Pflanzenwelt erhöhten, werde vielfach in Studien nachgewiesen: Bachforellenbestände sollen anwachsen, eine Zunahme von Vogel- und Insektenarten werde festgestellt.

Darüber hinaus verändere sich die Gewässerstruktur, wodurch Wasser besser versickere und dadurch das Grundwasservorkommen erhöht werde. Die Hochwasserpegel fielen niedriger aus und die Fließgeschwindigkeit werde herabgesetzt, was die Bodenerosion verringere.

Patermann: Viele Tierarten brauchen durchgängige Gewässer

Siegfried Patermann, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Streu und Nebengewässer, will die positiven Eigenschaften des Bibers gar nicht ganz von der Hand weisen. Seine Sorge gelte der Vielzahl der Tiere und er verwies auf die Vorgänge am Malbach zwischen Mellrichstadt und Mühlfeld. "Auf einer größeren Länge war der Bach trocken". Dabei brauchen viele Tierarten durchgängige Gewässer, damit sie aufwärts ziehen könnten. Auch wenn inzwischen stärker eingegriffen werde, seien die Bestände noch zu hoch.

Bis zu zwei Meter hohe Dämme sorgten für eine streckenweise Austrocknung des Malbachs zwischen Mellrichstadt und Mühlfeld.
Foto: Eckhard Heise | Bis zu zwei Meter hohe Dämme sorgten für eine streckenweise Austrocknung des Malbachs zwischen Mellrichstadt und Mühlfeld.

Für Schäden, etwa an Bäumen oder landwirtschaftlichen Flächen, stellt der Freistaat jährlich eine halbe Million Euro bereit. Im Landkreis wurden aber gerade einmal zwei Entschädigungen mit einer Gesamtsumme von 400 Euro beantragt, erklärte Renninger. Mehrfach war aber in der jüngsten Vergangenheit auch von Gefährdungen für Kläranlagen die Rede. Für Schäden an den Einrichtungen müssten allerdings die Kommunen selbst aufkommen.  

Entfernung von Biberdämmen nicht immer genehmigungspflichtig

Die Zahlen der Eingriffe deuteten aber bereits darauf hin, dass inzwischen eher versucht werde, das Wachstum der Populationen einzuschränken. Dammentfernungen seien auch nicht immer genehmigungspflichtig, stellt die Biberbeauftragte fest. "Wenn die Dämme zum Beispiel keine schützende Funktion für die Burg haben und außerhalb von Schutzgebieten liegen, braucht es lediglich die Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde und keine offizielle Genehmigung".

Bei gemeinsamen Ortsterminen werde besprochen, ob Biberdämme entnommen werden können oder eine offizielle Genehmigung benötigt werde. In jedem Fall muss aber geprüft werden, ob es mildere Maßnahmen gebe, die ebenfalls zielführend sein könnten. Denn letztlich könnten Biber zur Erreichung der EU-Wasserrahmenrichtlinie ein wichtiges Instrument sein.

 
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  • H. S.
    Die ich rief, die Geister
    werd ich nun nicht los.
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  • S. D.
    prima Kommentar, hier ganz:
    ''Und sie laufen! Naß und nässer.
    Wirds im Saal und auf den Stufen.
    Welch entsetzliches Gewässer!
    Herr und Meister! hör mich rufen! -
    Ach, da kommt der Meister!
    Herr, die Not ist groß!
    Die ich rief, die Geister
    Werd ich nun nicht los.

    „In die Ecke,
    Besen! Besen!
    Seids gewesen.
    Denn als Geister
    Ruft euch nur, zu seinem Zwecke,
    Erst hervor der alte Meister.“

    Von den entbäumten teils kahlen Flussufern spricht auch niemand..In der Flurbereinigung wurden schwere Fehler gemacht, indem die Flüsse begradigt und so das Wasser viel schneller fließt. Außerdem sind die Bäche ausgegraben, was für das Grundwasser kontraproduktiv ist. Felder direkt neben Bächen waren in den letzten Jahren vertrocknet. Daran ist aber nicht der Biber schuld. Vielleicht kommt er auch nur, um die Fehler der Menschen zu beheben.
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  • A. H.
    schon das Wort Flur"bereinigung" war ein euphemistische Fehlleistung einer in Wirklichkeit als FlurVERARMUNG daherkommenden Maßnahme.
    Eigentlich müssten wir dem Biber dankbar sein, dass er wenigstens diese Fehlentwicklung beheben kann und Wasser wieder zurückhält und wohl auch dem sinkenden Grundwasserspiegel aufhalten kann. Davon dass er auch wieder Lebensraum für gefährdete Insekten, Amphibien und auch Pflanzen schafft will ich hier gar nicht reden.
    Persönlich freue ich mich, dass ich ihn praktisch vor meiner Haustüre gel. beobachten kann und dass unsere Umwelt doch noch Platz für so ein faszinierendes Geschöpf bietet.
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