Knapp eineinhalb Jahre ist es her, dass im Landkreis Rhön-Grabfeld eine Selbsthilfegruppe Schlaganfall gegründet werden sollte. "Dann kam Corona und damit lagen alle Aktivitäten auf Eis", sagt Petra Fuchs, Leiterin Sozialarbeit beim BRK Rhön-Grabfeld in Bad Neustadt. Nun soll mit einem ersten Treffen am 28. Juli im BRK Haus in Bad Neustadt ein neuer Anlauf gestartet werden. Unterstützung gibt es davon, wie schon bisher, von Hassan Soda, Chefarzt der Klinik für Akutneurologie, Stroke Unit und Intensivmedizin am Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt und dem BRK Kreisverband Rhön-Grabfeld. "Nun müssen wir nach vorne schauen und unser Angebot erneut den Betroffenen anbieten", sagt BRK Kreisgeschäftsführer Ralf Baumeister. Unterstützt wird die offene Selbsthilfegruppe Schlaganfall auch vom Zentrum für Aphasie und Schlaganfall Unterfranken mit Heino Gövert, Annekatrin Hauke (Campus Bad Neustadt) und Gabi Gohar (Schlaganfallhelferin).
Die Idee dazu entstand im Jahr 2019. Als zwölf Interessierte, die ersten in Unterfranken, am Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt, ihre Ausbildung zum Schlaganfallhelfer beendet hatten, wurde bei einem Besuch im Zentrum für Aphasie und Schlaganfall Unterfranken in Würzburg die Idee zur Gründung einer Selbsthilfegruppe für Schlaganfallbetroffene und deren Angehörige geboren. Was will diese Gruppe vermitteln? "Wir kümmern uns sowohl um vom Schlaganfall Betroffene als auch um deren Angehörige", sagen Petra Fuchs und Gabi Gohar, die Leiterinnen der Selbsthilfegruppe im Rahmen eines Pressegesprächs. Neben der Selbsthilfegruppe unterstützen die ausgebildeten Schlaganfallhelferinnen und -helfer Menschen nach einem Schlaganfall und Ihre Angehörige in vielseitiger Hinsicht. Sie sind motiviere Leute, die sich als Begleitperson zur Verfügung stellen, fügt Dr. Hassan Soda, Chefarzt am Rhön-Klinikum Campus Bad Neustadt an.
Die Selbsthilfegruppe nennt er eine ideale Ergänzung zu den Schlaganfallhelfern - ein Ort für Betroffene und Angehörige, um sich auszutauschen oder Fragen zu stellen.
Austausch ist sehr wichtig
Sie bekommen Informationen über Angebote oder können sich auch untereinander austauschen, "oder sie kommen einfach mal aus ihrem Alltagstrott heraus und treffen sich bei uns", fügt Gabi Gohar an. Gerade auch die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass es trotz aller digitalen Medien und den damit verbundenen Möglichkeiten sehr wichtig ist, Betroffenen nach einem Schlaganfall eine Alternative außerhalb des häuslichen Umfeldes anzubieten, ergänzte Petra Fuchs, Leiterin Sozialarbeit im BRK Kreisverband Rhön-Grabfeld in Bad Neustadt. "Im Vordergrund beider Angebote, soll Hilfe zur Selbsthilfe stehen." Vor allem auch, damit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum einen wieder mehr an Selbstständigkeit und zum anderen Lebensqualität dazu gewinnen können. Dabei spielen zwischenmenschliche Kontakte ebenso eine Rolle wie der Austausch untereinander. Dann können aufkommende Fragen, Sorgen und Nöte der Betroffenen vorgebracht und die entsprechende Hilfe gegeben werden.
Dr. Hassan Soda berichtet dazu, dass in Deutschland jedes Jahr rund 260 000 Menschen Schlaganfälle erleiden. Der Schlaganfall ist laut WHO im Jahr 2016 die zweithäufigste Todesursache und der häufigste Grund für bleibende Behinderungen bei Erwachsenen, was neben einem Verlust der Lebensqualität für die Betroffenen auch zu einer hohen Belastung der Angehörigen und zu drastischen Folgekosten für die Gesellschaft führt. So beliefen sich in Deutschland bereits im Jahr 2004 die lebenslangen Behandlungskosten pro Patient im Durchschnitt auf 43 129 Euro und im Jahr 2017 etwa 51 800 Euro. Der Schlaganfall verursachte 2017 in 32 europäischen Ländern Kosten von über 60 Milliarden Euro. Die Gesamtkosten aller medizinischen Leistungen im gleichen Jahr inklusive der Prävention des Schlaganfalls betrugen rund 9 Milliarden Euro und damit 2,6 Prozent der gesamten Gesundheitskosten in Deutschland. Bei den Pro-Kopf-Kosten des Schlaganfalls lag Deutschland in dieser Analyse an zweiter Stelle hinter Finnland.
Stationäre Behandlung der Schlaganfallpatienten deutlich verbessert
Der Chefarzt meinte: "In Deutschland konnte die akute stationäre Behandlung von Schlaganfallpatienten durch die flächendeckende Etablierung von Stroke Units in den letzten 25 Jahren deutlich verbessert werden." Jedoch erfolge die poststationäre Versorgung von Schlaganfallpatienten dahingegen vergleichsweise wenig standardisiert.
Nach wie vor mangelhaft sei die Information bei den Betroffenen und in deren Familien, wenn es um weitere Hilfe und die posthospitale Versorgung geht. Hier würden eben die Unterstützung des Schlaganfallhelfers und der Selbsthilfegruppe greifen. "Wir haben fast zwei Jahre verloren und müssen jetzt handeln", sind sich Petra Fuchs, Annekatrin Hauke und Gabi Gohar mit Dr. Hassan Soda und Ralf Baumeister einig. Denn durch die Angebote des Schlaganfallhelfers und der Selbsthilfegruppe wird die posthospitale Versorgungskette geschlossen.
Ein erstes Treffen der Selbsthilfegruppe ist für den 28. Juli von 15-17 Uhr für alle Betroffenen, Angehörigen und Interessierten fest gelegt. Diese findet in den Räumlichkeiten des BRK Kreisverbandes Bad Neustadt, Sonnenstraße 1, statt. Um das Treffen vorbereiten zu können, ist eine Anmeldung gewünscht und zwar bei Petra Fuchs, BRK Kreisverband Rhön-Grabfeld, Tel: 09771-6123-43 (sozialarbeit@kvrhoen-grabfeld.brk.de).