"Jesus ist bei allen, die heute die bunte Fahne tragen." Pater Korbinian Klinger, Guardian des Klosters Kreuzberg zeigt Flagge. Eine leuchtend bunte Regenbogenfahne hat er am Freialtar vor der Klosterkirche am Sonntagnachmittag gehisst. Sie unterstützt den Aufruf "Segen für Alle."
Gleichzeitig möchte Pater Korbinian sie als Zeichen der Solidarität mit vielen weiteren Haupt- und Ehrenamtlichen der Katholischen Kirche in ganz Deutschland verstanden wissen, die in den vergangenen Tagen an Kirchen die Regenbogenfahne hissten. Mit dieser Aktion wenden sich die Akteure gegen das Nein der römischen Glaubenskongregation zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. "Nein zum Nein aus Rom", fasst Pater Korbinian zusammen.
Unser Gott ist bunt
Am Sonntagnachmittag habe er beim Spaziergang über den Kreuzberg über die Ansage aus Rom, gleichgeschlechtlichen Paaren den Segen Gottes zu verweigern, nachgedacht. In einem Mülleimer fand er einen zerbrochenen Regenbogenschirm, den wohl ein Besucher entsorgt hatte. "Danach war es für mich gar kein Thema mehr, die Regenbogenfahne zu hissen." Die Fahne hatte er aus Wiedenbrück mitgebracht, dort kam sie allerdings in anderem Zusammenhang zum Einsatz. Sie passe aber hervorragend zum aktuellen Thema. "Unser Gott ist bunt", ist er überzeugt und dies zeige sich in der Vielfalt der Menschen. Freudig überrascht war er, als er spontanen Applaus einiger zufällig vorbeikommender Wanderer bekam, die das Zeichen der Regenbogenfahne zu deuten wussten.
"Ich werde weiterhin alle Menschen segnen, die einen Segen erbitten, und das in einem würdigen und angepassten Rahmen", hebt er hervor. Das betreffe sowohl einzelne Menschen wie auch Paare, Gruppen, in glückenden oder in und nach gescheiterten Beziehungen.
Dazu hat die Kirche kein Recht
Klinger stellt klar, dass es bei gleichgeschlechtlichen Paaren, die den Segen erbitten, ebenfalls um verlässliche Beziehungen gehe. Unverständlich ist für ihn, warum die Katholische Kirchen Menschen gleichen Geschlechts, die sich lieben und miteinander alt werden wollen, den Segen abspreche und gar noch die Sexualität vorschreibe beziehungsweise verbiete. "Es wird ihnen Enthaltsamkeit auferlegt, ein grundsätzlich ein zölibatäres Leben verlangt, dazu hat die Kirche kein Recht." Schon im Theologiestudium habe ein Moraltheologe seinen Studenten mit auf den Weg gegeben: "Haltet euch aus dem Schlafzimmer der Leute raus."
Gleiches gelte für geschiedene Menschen, die wieder geheiratet haben, betont Klinger. Auch ihnen Enthaltsamkeit und ein Leben wie Bruder und Schwester vorzuschreiben, sie irreal und überzogen.
Lebensfremde Sexualmoral
Pater Korbinian Klinger bezieht sich auf die Thesen der Initiative Maria 2.0, die er vor kurzem am Kreuzberg öffentlich aufhängte. Unter These vier heißt es: "Unsere Kirche zeigt eine wertschätzende Haltung und Anerkennung gegenüber selbstbestimmter achtsamer Sexualität und Partnerschaft. Denn die offiziell gelehrte Sexualmoral ist lebensfremd und diskriminierend. Sie orientiert sich nicht am christlichen Menschenbild und wird von der Mehrheit der Gläubigen nicht mehr ernst genommen."
Vielfältige Dinge werden von der Kirche gesegnet. An Dreikönig die Wohnungen und Häuser, an Fronleichnam werde das Allerheiligste durch die Städte und Gemeinden getragen. Es gebe Flursegen und Segen für alle Arten von Dingen. "Und dann schließen wir Menschen aus? Wir sollen doch den Himmel offen halten und segnen."
Seine Erfahrung als Klinikseelsorger in München, im Wohnprojekt Omnibus habe ihm gezeigt wie wichtig, trostreich und stärkend der Segen sein kann. "Für Mütter und deren neugeborene Kinder, deren todgeborenen Kinder, sterbende, verstorbene Kinder und Erwachsene und die um sie trauernden, die Gräber der verstorbenen Kinder und Erwachsenen, Kinder vor der OP, Kinder und deren Betreuungspersonen in der Phase der Besserung. Ich habe Kinder in Lebensgefahr oder im Sterbeprozess getauft. "Es gab nie eine Nachfrage vom Ordinariat München nach Konfession der Eltern, Disposition.
Ihr seid uns willkommen
Dass dieses Tun nicht ganz daneben gewesen ist, ist durch die Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland deutlich geworden. In der Begründung hieß es unter anderem: "…haben sich herausragende Verdienste erworben, die weit über eine normale Seelsorgetätigkeit hinausgehen. … einen bemerkenswerten sozialen und kirchlichen Dienst … ist sozial und pastoral von unschätzbarem Wert …" In diesem Sinne möchte Pater Korbinian nun am Kreuzberg wirken und tätig sei. Sein grundsätzlicher Auftrag als Franziskaner sei, den Fußspuren Jesu zu folgen und durchaus kritisch auf die Entwicklungen zu schauen.
Kritisch stehe er der Aussage von Würzburgs Bischof Franz Jung zum Nein der römischen Glaubenskongregation auf die Frage nach der Segnung homosexueller Paare gegenüber. Jung sagte, dass das Bistum Würzburg, offen für alle Menschen, unabhängig ihrer sexuellen Orientierung sei und diese begleite, wenn sie Hilfe benötigen und wünschen. Pater Korbinian: "Wir haben diese Randgruppen ohnehin schon verloren. Kirche muss aktiv rausgehen und sagen: Ihr seid uns willkommen."
Wäre die Katholische Kirche nach demokratischen Regeln verfasst, müsste sie ihre Inhalte und Themen an ständig wechselnden Mehrheiten, faktisch am Zeitgeist orientieren. Mit einer daraus resultierenden Beliebigkeit, insbesondere bezogen auf Werte, hätte sie in einer demokratischen Herrschaftsform wahrscheinlich keine 2.000 Jahre überleben können. Und sie zwingt ja niemanden, bei ihr zu bleiben.