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Bad Königshofen
Regen bremst die Getreideernte im Grabfeld aus: Warum die Mähdrescher nicht mehr auf die Felder können
Wolfgang Wirsing aus Ottelmannshausen blickt sorgenvoll auf seine Felder. Aus Körnern des nicht geernteten Weizens sprießen kleine grüne Triebe. Das hat schlimme Folgen.
Wenn Landwirt Wolfgang Wirsing seinen noch zu erntenden Weizen betrachtet, bekommt er schlechte Laune. Die Körner taugen nur noch für Futterzwecke.
Foto: Wolfgang Ruck | Wenn Landwirt Wolfgang Wirsing seinen noch zu erntenden Weizen betrachtet, bekommt er schlechte Laune. Die Körner taugen nur noch für Futterzwecke.
Wolfgang Ruck
 |  aktualisiert: 15.07.2024 15:20 Uhr

Unter sehr trockenen Bedingungen hat Anfang Juli die Getreideernte in der Region begonnen. Früh abreifende Früchte wie Wintergerste und Raps sind in nahezu allen Fluren des hiesigen Gebiets geerntet worden. Ab dem 24. Juli einsetzender Regen hat allerdings die Mähdrescher ausgebremst. Seitdem ist es nahezu unmöglich, Getreide von den Feldern zu holen. Die Nerven der Landwirte liegen blank. In einem Gespräch erläutert Wolfgang Wirsing aus Ottelmannshausen die aktuelle Lage und deren Folgen.

Der 50-Jährige bewirtschaftet einen Ackerbaubetrieb mit Schweinezucht im Vollerwerb. Auch er hat – wie alle Landwirte in der Region – noch Flächen zu ernten. "Wir haben sowohl Raps als auch Weizen noch draußen auf dem Halm stehen", erklärt der Landwirt. Lediglich seine Wintergerste konnte er komplett vor der Regenperiode trocken in die Scheune bringen. Die noch nicht gedroschenen Raps- und Weizenflächen waren bis zum einsetzenden Regen einfach noch nicht reif und hätten nicht geerntet werden können.

Kleine grüne Triebe sprießen aus den Weizenkörnern

Der Ottelmannshäuser zeigt uns ein Weizenfeld und veranschaulicht eindrucksvoll, was sich in den vergangenen Tagen und Wochen im Weizen abgespielt hat. Der Landwirt legt eine Ähre auf seine Hand. Man erkennt die kleinen grünen Triebe, die aus den Weizenkörnern sprießen.

Die Nahaufnahme bringt es ans Tageslicht: Die Ähre wird grün, weil die Weizenkörner nach dem vielen Regen zu keimen beginnen.
Foto: Wolfgang Ruck | Die Nahaufnahme bringt es ans Tageslicht: Die Ähre wird grün, weil die Weizenkörner nach dem vielen Regen zu keimen beginnen.

Der Fachmann spricht hier von Auswuchs. Das bedeutet, dass die reifen Körner infolge des ausgiebigen Regens bereits auf dem Halm zu keimen beginnen. Aber auch auf dem Boden in der fruchtbaren Flurabteilung "Ried" finden sich zahlreiche Körner mit grünen jungen Trieben.

Horrorszenario eines jeden Ackerbauern

Der stetige Wind verbunden mit heftigen Regenschauern führten dazu, dass Körner aus der Ähre geschlagen wurden, nun am Boden liegen und keimen. Solche Bilder bezeichnet Wirsing als das Horrorszenario eines jeden Ackerbauern.

Nicht nur, dass Körner am Boden liegen und nicht mehr geerntet werden können. Viel schlimmer sei die Tatsache, dass alle noch nicht geernteten Früchte wie Weizen oder Sommergerste miserable innere Qualitäten aufweisen und nur noch für die Verwendung als Futter taugen.

Zu allem Überfluss kommt jetzt noch eine Mehrarbeit auf die Bauern zu: Die noch zu erntenden Früchte müssen nachgetrocknet werden, mit teurem Heizöl in den Getreidesilos der Bauern. Wirsing kann sich nicht erinnern, schon mal einen derartigen Super-GAU erlebt zu haben. "Man kommt sich vor wie ein Dieb, der in den regenfreien Stunden versucht, die Körner vom Feld zu stehlen", so der Ackerbauer.

Böden können zurzeit nicht bearbeitet werden

Die durch den Regen ausgebremsten Erntearbeiten sind nach Wirsings Worten nur die eine Baustelle. Als zweite Baustelle bezeichnet er die fast unmöglich gewordene Bearbeitung der Böden. Die Ackerböden seien voll gesaugt wie ein Schwamm und ließen sich mit dem Grubber nur sehr schwer bearbeiten.

Die Aufnahme zeigt es: Die Ähren werden grün, weil die Weizenkörner nach dem vielen Regen zu keimen beginnen.
Foto: Wolfgang Ruck | Die Aufnahme zeigt es: Die Ähren werden grün, weil die Weizenkörner nach dem vielen Regen zu keimen beginnen.

Denn eigentlich sollten die bereits abgeernteten Felder jetzt hergerichtet werden für die bevorstehende Aussaat von Zwischenfrüchten und Raps. Derzeit könne man mit jedem Bodenbearbeitungsgang schnell Verdichtungen hervorrufen. Solche Bodenverdichtungen und Strukturschäden können auf Jahre hinweg das Bodenleben und die Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigen.

Wolfgang Wirsing erzählt, dass Meteorologen das Grabfeld gerne auch als "Sahelzone Bayerns" bezeichnen. Denn die hiesige Region werde geprägt von Sommertrockenheit und Hitzeperioden. Das Jahr 2023 scheint diesbezüglich eine Ausnahme zu werden.

Nur zwei Früchte profitieren von dem vielen Regen

Seit 24. Juli bis heute hat der Ottelmannshäuser Landwirt insgesamt 132 Liter Regen je Quadratmeter registriert. Dies entspricht einem Viertel der sonst üblichen Gesamtjahresniederschlagsmenge. Doch nicht nur die Regenfälle – auch die Temperaturen – lassen keine Sommerstimmung aufkommen. Es sei frisch geworden und das Kurze-Hose-Wetter sei vorbei, meint Wirsing augenzwinkernd.

Nur zwei Früchte profitieren nach den Worten des Ottelmannshäuser Landwirts vom vielen Regen. Denn die Zuckerrüben und der Mais bekamen durch die Niederschläge einen ausgiebigen Wachstumsschub.

Diese erst im September und Oktober zu erntenden Früchte lassen heuer sehr hohe Erträge erwarten. Bleibt zu hoffen, dass sich die Witterungskapriolen zugunsten der Bauern ändern, die Felder abtrocknen und die Mähdrescher endlich wieder ungehindert in den Fluren der Region fahren können.

 
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