
Wer im letzten Sommer aufmerksam durch die Fluren des Streutals gegangen ist, dem sind vielleicht auf dem einen oder anderen Feld für unsere Region eher untypische Pflanzen aufgefallen. Zwischen Mais, Weizen oder Gerste konnte man nämlich auch exotische Pflanzen wie Quinoa, Amaranth, Hanf oder Mohn sehen. Verantwortlich dafür sind die beiden Landwirte Markus Werner aus Heustreu und Andreas Türk aus Oberstreu. Sie haben zu Beginn des letzten Jahres die Firma "Rhön-Genuss GmbH" gegründet und sich auf den Anbau von Alternativ-Kulturen spezialisiert.
"Mir war von Beginn an klar, dass ich gerne in diese Richtung gehen möchte", sagt Andreas Türk. Der 27-Jährige hat vor acht Jahren in Triesdorf ein duales Landwirtschaftsstudium begonnen und parallel dazu seine Ausbildung im Betrieb von Markus Werner in Heustreu absolviert. Im Masterstudiengang hat er sich dann auf den Bereich Gartenbau spezialisiert. "Mich haben Gemüseanbau und Sonderkulturen schon immer mehr interessiert als klassische Getreidesorten wie Weizen oder Roggen", erklärt Türk. Mit Markus Werner hat er einen Partner gefunden, der ähnlich denkt und in diesem Bereich bereits über viel Erfahrung verfügt. "Quinoa und Amaranth baue ich beispielsweise schon seit einigen Jahren an", sagt Werner.
Bei einem Züchter in Chile wird die Begeisterung für Quinoa geweckt
Gut fünf Jahre ist es mittlerweile her, dass der 58-jährige Heustreuer bei einem Quinoazüchter in Chile zu Gast war und erstmals mit der in Südamerika weit verbreiteten Kulturpflanze in Kontakt kam. "Mir war sofort klar, dass ich Quinoa unbedingt auch einmal selbst in Deutschland anbauen will", dachte er sich damals. Als er zurück in Heustreu war, startete er schnell einen ersten Versuch. "Die für unser Klima richtige Sorte zu finden, war am Anfang aber gar nicht so einfach. Da gab es schon einige Rückschläge zu verkraften", gesteht Werner. Dennoch war er überzeugt vom Potenzial des Quinoa, der in den Anden bereits seit 5000 Jahren angebaut wird und auch als das Gold der Inkas bezeichnet wird.

Auch in Deutschland werden Quinoa, Amaranth und Co immer beliebter. Aufgrund ihrer guten Nährstoffzusammensetzung erfahren diese als "Superfood" bekannt gewordenen Pflanzen in den letzten Jahren einen regelrechten Boom. Schaut man in die Regale der Supermärkte, sieht man aber, dass diese Produkte zu einem Großteil aus Südamerika stammen und viele Flugstunden hinter sich haben. Hier setzen Markus Werner und Andreas Türk an. "Die Regionalität spielt für den Verbraucher eine immer größer werdende Rolle. Das ist auch unser Anspruch. Wir wollen vor Ort als Produzent hochwertiger Lebensmittel wahrgenommen werden", sagen die beiden Landwirte. Daher haben sie zu Beginn des Jahres auch die Marke "Echt Rhön - Echt Regional" gegründet. Seit einigen Wochen können nun die ersten Produkte mit diesem Label in einigen regionalen Läden der Region gekauft werden.
Unkrautbekämpfung mit der Hand statt Einsatz von Pflanzenschutzmittel
Bis dahin war es aber ein weiter Weg. Nach der Aussaat im Frühjahr steht zunächst die Beseitigung des Unkrautes auf dem Programm. "Bei Quinoa dürfen keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Daher sieht man uns im Sommer mit vielen Helfern auf den Feldern, um das Unkraut per Hand zu beseitigen", sagen Werner und Türk. Unterstützung bekommen sie zudem von einer modernen Satelliten-Unkrauthackmaschine. Die Ernte erfolgt dann im Sommer mit dem Mähdrescher. "Anschließend müssen die Körner direkt getrocknet werden. Das erfolgt noch bei uns vor Ort. Die Reinigung können wir selbst aber nicht vornehmen." Hierfür sind hochmoderne Maschinen nötig, die die bittere äußere Schale von den Körnern trennen. "Dieses Jahr mussten wir die Körner zweimal reinigen lassen, da wir mit der Qualität nicht zufrieden waren. Aber das ist eben das Lehrgeld, das man am Anfang bezahlen muss", sagen die beiden Landwirte.
Die Reinigung ist letztlich auch der komplizierteste Schritt beim Anbau von Quinoa. Die Pflanze selbst ist hingegen relativ anspruchslos. "Quinoa braucht trockene Standorte. Daher eignet sich unser Landkreis, der bekanntlich zu den trockensten in ganz Deutschland zählt, auch gut für den Anbau", findet Werner. Er verweist zudem auf die Vielfalt an Böden und Lagen in Rhön-Grabfeld. "Während die eine Pflanze besser auf einem sandigen Boden gedeiht, ist für die andere ein Muschelkalkboden von Vorteil." Es gelte, mit der Zeit die besten Standorte für die unterschiedlichen Pflanzenarten zu finden. "Wir können den Klimawandel beweinen oder aber wir versuchen, bestmöglich damit umzugehen", machen die beiden Landwirte deutlich.

Nach nur drei Wochen gingen bereits die Tüten aus
Daher haben sie neben Quinoa in diesem Jahr auf gut 15 Hektar Ackerfläche im Streutal weitere Pflanzen angebaut. Egal ob Amaranth, Schwarzkümmel, Hanf, weißer Senf, Mohn, Linsen oder Knoblauch - alle brauchen eine intensive Betreuung. "Man muss die Pflanzen immer im Blick haben. Das ist aber nur möglich, wenn die Felder auch in direkter Nähe zum Hof liegen", betont Türk. Er macht auch deutlich, dass sich das junge Unternehmen noch immer in der Testphase befindet. "Wir haben jetzt gesehen, was gut geht und was weniger gut. Insgesamt sind wir mit dem Verlauf des ersten Jahres aber sehr zufrieden." Nach gut drei Wochen im Verkauf seien Anfang Dezember beispielsweise die Tüten bereits kurzfristig ausgegangen. Auch die noch rechtzeitig vor Weihnachten in den Verkauf gegangenen Weihnachtsboxen mit einer kleinen Auswahl an unterschiedlichen Produkten seien bei den Kunden gut angekommen. Stolz sind Werner und Türk, dass ein Großbäcker aus dem Landkreis von der Qualität des Kümmels und des Mohns sofort begeistert war und seitdem diese Produkte direkt aus dem Streutal bezieht.

Für dieses Jahr haben die beiden Landwirte unterdessen schon einige neue Ideen im Kopf. Andreas Türk denkt dabei an regionale Snacks oder aber Grillsaucen für den Sommer. "Hier probieren wir gerade mit einem befreundeten Koch schon einiges aus. Allerdings gibt es beispielsweise in Sachen Kühlketten und Pasteurisierung hohe Hürden", erklärt Türk. Angesichts des großen Engagements und der Kreativität der beiden Landwirte darf man dennoch gespannt sein, mit welchen Produkten sie die Gaumen der Rhöner in den nächsten Jahren erfreuen werden.