Die Pläne des Landwirtschaftsministers zur Einführung eines fünfstufigen Qualitätssiegels für Schweinefleisch hat ganz unterschiedliche Reaktionen erzeugt. Wir erkundigten uns bei betroffenen Haltern nach deren Meinung zu dem Vorhaben und hörten gegensätzliche Standpunkte.
Landwirt müsste 200.000 Euro in einen Stallumbau investieren
Bei BBV-Kreisobmann Mathias Klöffel kommt das Vorhaben überhaupt nicht gut an. "Bei mir ist es der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt – zum Ende des Monats verlässt das letzte Schwein den Stall". Und er sei nicht der einzige im Landkreis, der die Schweinehaltung aufgibt. Der Fleischbedarf im Landkreis sei ohnehin nur etwa zu 70 Prozent von Landwirten aus Rhön und Grabfeld gedeckt, jetzt sinke die Quote noch weiter. "Dann muss halt noch mehr aus Spanien importiert werden", stellt er resigniert fest.
Schon in den letzten vergangenen Jahren konnten die Erlöse gerade einmal die Kosten decken. Da sich das von Özdemir vorgeschlagene Label am Tierwohl und -haltung orientiert, müsste er 200.000 Euro in einen Stallumbau investieren, um in eine höhere Qualitätsstufe zu gelangen - ohne zu wissen, ob er tatsächlich danach höhere Preise erzielen kann. Derzeit greife die Kundschaft aufgrund der allgemeinen Situation und Preissteigerung wieder mehr auf Billigprodukte zurück.
"Eine Million Euro stehen jetzt ungenutzt da."
Dem Vorhaben fehle nach Ansicht Klöffels ein Gesamtkonzept. Die geplanten staatlichen Investitionshilfen würden bei Weitem nicht ausreichen. Das Vorhaben bringe lediglich die kleinen Betriebe in Bedrängnis und verlagere die Produktion ins Ausland. Der Verbraucher wird am Ende nicht mehr nachvollziehen können, woher seine Ware stammt.
Norbert Kleinhenz hat bereits kapituliert, weil die Preise bei ihm nicht mehr die Betriebskosten gedeckt haben, wie der Landwirt aus Brendlorenzen beteuert. Es tue ihm im Herzen weh, den Stall in dem sonst 1000 Schweine untergebracht waren, leer stehen zu sehen. "Eine Million Euro stehen jetzt ungenutzt da", bedauert der 64-Jährige. Da er bald im Rentenalter ist, sehe er nicht ein, noch einmal Geld in einen Umbau zu stecken, zumal er keine Perspektive sehe und einem Nachfolger guten Gewissens auch keine Aussichten auf Besserung machen könne.
Er sei "schwer enttäuscht von der Politik", die einmal mehr die kleinen Betriebe vernachlässige. Schon jetzt sei im Landkreise die Produktion von mehreren 100.000 Kilogramm Schweinefleisch pro Jahr verloren gegangen. Dieser Trend wird sich fortsetzen.
In die Haltung von "Stroh-Schweinen" eingestiegen
Eine ganz andere Ansicht vertritt Arnold Lurz aus Großeibstadt. Er ist 2017 in die Haltung von "Stroh-Schweinen" eingestiegen, hat einen besonders tierfreundlichen Stall mit Auslaufbereich gebaut und fährt nach eigenen Worten ganz ausgezeichnet mit dieser Entscheidung. Mit dem "Premium-Status" besitze er die höchste Qualitätsstufe der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, zumal er nahezu an Bioqualität heranreiche. Mit der neuen Einteilung würde er etwa in Stufe drei bis vier rangieren.
"Ich begrüße das Vorhaben ausdrücklich". Das staatliche Siegel stütze sich auf objektive Kriterien für die Tierhaltung, die auch nachvollziehbar seien und damit Klarheit bieten. Der Schweinehalter habe so etwas wie einen "Führerschein" in der Hand, mit dem er seine Produktionsbedingungen nachweisen kann.
Für ihn würde sich somit nichts ändern und er müsste keine Investitionen vornehmen, da seine 180 Mastplätze schon Auslauf für die Tiere bieten. Er verkaufe ohnehin nur an zwei Abnehmer in der Region, die die hohe Qualität seiner Duroc-Schweine zu schätzen wissen – und entsprechend bereit seien, mehr als den üblichen Marktpreis zu zahlen.
""Ein Kilogramm Schweinefleisch kostet so viel wie eine Kugel Eis."
Thomas Borst hat für das Vorhaben nur ein Kopfschütteln übrig. Der Rheinfeldshöfer Landwirt hat erst vor zwölf Jahren einen neuen Stall für etwa 900 Tiere gebaut und sich dabei ganz am gültigen Qualitätsstandart des "Tierwohl" Labels orientiert. Um jetzt in eine höhere Stufe zu gelangen, müsste er erneut investieren und das ohne Garantie, dass sich die Investition auch rentiert.
Der Preisdruck sei ohnehin enorm. Es habe geheißen, dass kleinere Betriebe entlastet werden sollten, tatsächlich werden sie aber zum Beispiel bei Investitionen mit höheren Mehrwertsteuersätzen belegt. Hinzu komme eine zeitaufwendige Dokumentationspflicht und ständig wechselnde Auflagen. Die aktuell höheren Preise im Handel kommen jedoch beim Erzeuger nicht an. "Ein Kilogramm Schweinefleisch kostet so viel wie eine Kugel Eis", stellt Borst verbittert fest.
schön für den Strohschweinehalter dass er mit seiner Art von Tierhaltung anscheinend ein auskömmliches Einkommen (zumindest noch momentan) erzielen kann.
Man sollte aber beachten, dass er eine "sehr überschaubare Nische" mit Homöopathischen Einheiten am Markt bedient. Die überwiegende Menge an Fleisch wird leider in dieser Form nicht nachgefragt. Selbst wenn inzwischen der LEH immer höhere Standards im (Frisch-)fleischbereich "bewirbt" ist dem geneigten Verbraucher nicht bekannt dass ein sehr großer Anteil an der Fleischerzeugung nicht im Frischfleisch sondern in der weiterverarbeiteten Menge (z.B. Wurst) landet.
Die Masse läuft über den Preis und dort können Wettbewerber mit niedrigeren Auflagen länger mithalten als unsere Schweinehalter. Leider!!!
Bei Aldi kann man jede Packung scannen und erhält den Steckbrief des Schweines! Ist es deswegen schlecht? Ich kann wählen!
Und ich kann es mir noch leisten; viele leider nicht!
Das Ist pure Polemik!
!Billigfleisch!
!Tierfabriken!
Sie beleidigen mit ihrer Verurteilung einen ganzen Berufsstand!
Nur der Grüne Landwirt ist der bessere?? Das ist eng und kurz gedacht!
Mit Dieser Haltung kann man keine Bevölkerung versorgen! Und ich möchte mir von niemandem vorschreiben lassen was und wie oft ich was zu essen habe! Dass es erklärtes ideologisiertes Ziel der Grünen ist ist durchschaubar!
Ein Schwein des Bauern oder ein Rind aus dem Stsll ist nicht wegen der Haltung glücklicher und gesünder! Es ist der Umgang und der Respekt!
Das haben die allermeisten Tierzüchter!
Das ist eine sehr polemische und teilweise verlogene Diskussion! Diese Befragung der Zeitung soll doch etwas ganz anderes bezwecken, denn die Objektivität des Themas fehlt gänzlich!
Bedeutet das nicht automatisch tiergerechte Haltung mit zB ausreichend Platz? Ist das nicht Voraussetzung für "glücklicher und gesünder"? Was hat das Tier von Respekt?
Natürlich darf jeder essen was er will und wieviel er will. Sollten aber Lebensmittel nicht nach ihrer Nachhaltigkeit bepreist werden? Zb 15. 000 Liter Wasser um 1 kg Rindfleisch zu produzieren.