Nach der Premiere in Schloss Nymphenburg war nun die Stadthalle von Bad Neustadt der zweite Austragungsort des Josef-Göppel-Symposiums. Die nach dem vor knapp zwei Jahren verstorbenen Landtags- und Bundestagsabgeordneten benannte Veranstaltung war gemeinsam von Bauernverband, Agrokraft und Bund Naturschutz organisiert worden und dient dazu, neue Impulse für gemeinsames Handeln im ländlichen Raum zu setzen. Namhafte Vertreter aus unterschiedlichsten und gegensätzlichsten Interessengruppen waren anwesend, lediglich der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber sagte krankheitsbedingt sein Kommen im letzten Augenblick ab.
Den Veranstaltern war es gelungen, eine hochkarätige und illustre Schar an Referenten und Podiumsteilnehmern für das zweitägige Beisammensein mit insgesamt über 300 Zuhörern zu gewinnen. "Nur Mut" war nicht nur das Lebensmotto des Namensgebers, sondern auch Aufforderung und Programm für die Anwesenden. Denn die Rollenverteilung ist für Gesamtmoderator Michael Diestel, Agrokraft-und BBV-Kreisgeschäftsführer, klar: "In der Stadt werden die Probleme diskutiert, auf dem Lande werden sie gelöst". Wie das funktionieren kann, erläuterte zum Auftakt des Programms am Freitagvormittag Professor Dr. Michael Sterner in einem mitreißenden Vortrag mit dem Titel "Mit Begeisterung in die Energiewende".
Viele Aktivitäten sind bislang nur Lippenbekenntnisse
Ernüchternd ist zum Einstieg seines einstündigen Beitrags allerdings seine Bilanz der bisherigen Aktivitäten, die vielfach noch aus Lippenbekenntnissen bestünden. Die viel beschworene Klimaneutralität würde etwa in Bayern nach den bisherigen Ergebnissen in 230 Jahren erreicht werden. Doch gebe es auch vielversprechende Lösungsansätze, die jedoch ideologiefrei von den unterschiedlichen Fachgebieten und politischen Strömungen aufgegriffen werden müssten. Nachdrücklich beschwor der Wissenschaftler die Zusammenarbeit der Kräfte. Dass dabei noch Gräben zu überwinden sind, offenbarte die erste Podiumsrunde.
Als vom Umbau der Landwirtschaft die Rede war und Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands, die vom CSU-Europaabgeordneten Manfred Weber geäußerte Forderung nach einem Weniger an Ökologie verteidigte, erntete er bei Richard Mergner, dem Landesvorsitzenden des Bunds Naturschutz, massive Einsprüche. Und auch Maria Noichl, Bundesvorsitzende des Deutschen Landschaftspflegeverbands, zeigte Unterschiede auf. Zwar verfolgten ihr Verband und der BBV oft gleiche Ziele, wie sie sagte, im Umsetzen sei die Interessenvertretung der Bauern aber "zu langsam".
Allerhöchste Zeit für Lösungen
Dabei hatte Bundesumweltministerin Steffi Lemke zuvor in einer 15-minütigen Videobotschaft zu einem Ende der Krisendiskussion aufgefordert. Es sei allerhöchste Zeit für Lösungen.
Die wurden dann bei einem zweiten Podium am Nachmittag andiskutiert. Beteiligt waren dabei Katharina Schulze (bayerische Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Grüne), Maria Noichl (diesmal in Funktion als Europaabgeordnete der SPD), Marina Jakob (Landtagsabgeordnete FDP), Hermann Färber (Bundestagsabgeordneter CDU), Ingo Bodtke (Bundestagsabgeordneter FDP) und CSU-Kreisvorsitzender Christof Herbert.
Gefühl der Gemeinsamkeit unter den Akteuren
Nach einer Gedenksteinniederlegung zu Ehren des Namensgebers in Unsleben ging es am zweiten Tag stärker in die Praxis. Hatten tags zuvor schon Unslebens Gemeindeoberhaupt Michael Gottwald und Amtskollege Josef Demar aus Großbardorf Projekte im Bereich erneuerbarer Energien vorgestellt, kamen nun Akteure aus der Landwirtschaft zu Wort. Einerseits aus wissenschaftlicher Sicht durch Professor Dr. Ulrich Walz, der sich mit der Funktionalität von Kulturlandschaften auseinandersetzte, andererseits aus der praktischen Umsetzung ökologischer Konzepte mit den Landwirten Michael Reber aus Schwaben und Christian Warnke aus Sachsen-Anhalt.
Den Abschluss machte Michael Diestel mit einem Vortrag über die HTC-Anlage in Bad Königshofen, bei der aus Biomasse Kohle als Brennstoff oder zur Bodenverbesserung hergestellt wird. Diestel zog später ein überaus positives Fazit zur Veranstaltung. "Es ist gelungen, wichtige Akteure zusammenzubringen und am Ende ein Gefühl der Gemeinsamkeit zu erzeugen. Jetzt müssen die Erkenntnisse nur noch umgesetzt werden."