Etliche Jahre war sie Markenzeichen wie Schreckgespenst der Gemeinde Heustreu: die Diskothek „Titanic“ in der Ortsmitte. Das Publikum kam damals teilweise von weit her, teilweise aber auch aus dem nahegelegenen US-Camp Lee, weil die dort stationierten amerikanischen Soldaten Abwechslung suchten.
Im Bildhäuser Hof wurde nun zum zweiten Mal einen Abend lang jene Musik gespielt, die damals in der „Titanic“ lief. Mittlerweile sind 35 Jahre seit der Schließung vergangen. Eine unglaublich lange Zeit, in der sich jede Erinnerung verflüchtigt? Mitnichten! Die Heustreuer Disco ist bis heute einem großen Publikum in guter Erinnerung. Nun ja, „gute“ Erinnerung ist vielleicht nicht ganz der richtige Begriff. Vielleicht eher spektakulärer oder kurioser Erinnerung, so etwas in der Art. Tolle Musik und Drogen ohne Ende. Die „Titanic“ sorgte in den Jahren ihres Bestehens für viel Furore, aber auch für viel Furor.
Gäste von damals
Jetzt haben sich die Gäste von damals wieder getroffen. Im Bildhäuser Hof legte DJ W. die Platten auf, die in den Sechziger, Siebziger und frühen Achtziger Jahren gespielt wurden. Police, Melissa Etheridge, Supertramp, Alan Parsons – die Plattenkiste quillt über vor Klassikern der Rock- und Popmusik. Schnell füllt sich die Tanzfläche, und ein klein wenig stellt sich das damalige Disco-Gefühl wieder ein. Über große Probleme mit genervten Anwohnern in Heustreu und einer Flut von Drogen spricht man dreieinhalb Jahrzehnte später nur noch in Anekdoten.
Wer nun annimmt, die Veranstaltung im Bildhäuser Hof sei ein kleiner, nostalgischer Treff von Leuten, die ihrer Vergangenheit hinterherweinen, der sieht sich getäuscht. Zum zweiten Mal hat die Kulturwerkstatt das „Heustreu Revival“ veranstaltet, und zum zweiten Mal war die Veranstaltung schon Monate zuvor ausverkauft.
Wandelndes Lexikon
„Was läuft da?“ will ein Besucher von DJ W. wissen. Letzterer ist ein wandelndes Lexikon der alten Hits, kann Auskunft zu allem geben, was damals auf die Plattenteller gelegt wurde. Die glitzernde Disco-Kugel an der Decke im Bildhäuser Hof bleibt derweil aber aus. Schickimicki-Kram, das hat es in der Titanic auch nie gegeben. Aus den Lautsprechern ertönt „Music was my first love“ von John Miles aus dem Jahre 1976. „... and it will be my last!“ Die Erinnerung an die Heustreuer Diskothek „Titanic“ verfliegt bei denjenigen, die sie noch live erlebt haben, niemals.