Die zunächst niederschmetternde Nachricht kommt meist im Krankenhaus: Ein Familienmitglied wird pflegebedürftig. Ein Schock für die Angehörigen. Denn es steht die Frage im Raum, wie und wo die ambulante Versorgung erfolgen kann.
Für genau diese Situation gibt es das Pflegeübungszentrums-Rhön-Grabfeld, kurz PÜZ. Das teilt der Caritasverband des Landkreises Rhön-Grabfeld in einem Presseschreiben mit, dem die folgenden Informationen entnommen sind. Das mehrfach ausgezeichnete und geförderte Pilotprojekt für ganz Deutschland, wurde von Pflegefachkräften mit langjähriger Erfahrung entwickelt.
Das Konzept: Probewohnen im PÜZ und unter Anleitung und Schulung ausprobieren, ob und wie Pflege daheim funktionieren kann. Ein neues Video zeigt in aller Kürze Funktionsweise und Vorteile der außergewöhnlichen Einrichtung auf.
In Ruhe die richtige Entscheidung treffen
"Das Wichtigste ist es, in einer neuen Pflegesituation Ruhe zu bewahren und die richtige Entscheidung für die künftige Lebensgestaltung zu treffen", betont Ulli Feder, Pflegedienstleiterin der Caritas-Sozialstation und Tagespflege in Mellrichstadt. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Johanna Dietz hat sie das Konzept des PÜZ entwickelt. In direkter Nachbarschaft zu den Caritas-Einrichtungen in Mellrichstadt befindet sich der moderne Neubau mit zwei Appartements und einem Gemeinschaftsraum mit Küche.
Hier können Pflegebedürftige alleine, mit ihrem Partner oder mit Angehörigen für bis zu drei Wochen Probewohnen. Das Team von Pflegefachkräften steht dabei beratend zur Seite, informiert über notwendige Pflegehilfsmittel und schult die Beteiligten individuell und gezielt für die Pflegesituation zu Hause.
Die pflegerische Versorgung ist durch die benachbarte Sozialstation gewährleistet. Die Kosten für Versorgung und Betreuung können teilweise von der Pflegeversicherung oder den Krankenkassen übernommen werden. Ob dies möglich ist, wird individuell geklärt. Die Kosten der Unterbringung sind als Eigenanteil aufzubringen.
Die Wohnungen haben extra künstliche Barrieren
Die Wohnungen sind behindertengerecht, doch mit künstlichen Barrieren, wie etwa einer Türverkleinerung, wird die Situation zu Hause simuliert. So merken die Gäste schnell, ob zum Beispiel der Rollstuhl durch die Tür passt, ob der Zugang zur Dusche möglich ist und ob in der Küche einfache Handgriffe noch selbst möglich sind.
Gemeinsam mit den Fachkräften wird dann erörtert, ob sich das Zuhause behindertengerecht gestalten lässt, ob die Dienste einer Sozialstation entlastend wirken können oder ob doch ein Platz im Pflegeheim bzw. eine teilstationäre Wohnform die richtige Wahl ist. Bei Fragen der Finanzierung und Antragstellungen steht das PÜZ-Team beratend zur Seite.
Sogar ein rollstuhlgerechter, umgebauter VW Caddy steht für Transporte zur Verfügung und dient ebenfalls als praktisches Beispiel, wie und ob Pflege zu Hause funktionieren kann. Das Unterstützungsangebot des PÜZ-Teams hört nach drei Wochen nicht auf: Bei Bedarf ist auch die Nachsorge bei den Familien zu Hause möglich.
"Im Lauf der Zeit entsteht meist schon im PÜZ die Perspektive für eine lebenswerte Zukunft, sowohl für die Patienten als auch für die Pflegenden", weiß Ulli Feder aus der Erfahrung der letzten drei Jahre. Im Jahr 2019 wurde das PÜZ in Betrieb genommen. Seitdem erfährt es großen Zuspruch. Bewusst ist die Einrichtung so konzipiert, dass auch andere Landkreise und Regionen das Pflegeübungs-Modell übernehmen und so flächendeckend neue Maßstäbe für moderne Unterstützungsformen bieten können.
Info: www.pflege-übungs-zentrum.de