Werden so viele Menschen zusammenkommen, dass wir eine lückenlose Kette zwischen der evangelischen und katholischen Kirche herstellen können und die neuen Ausgaben der evangelischen und katholischen Bibel weitergeben können? Eine Frage, die sich der evangelische Pfarrer Lutz Mertten und sein katholischer Amtsbruder bei der Vorbereitung zur „Nacht der offenen Kirchen“ immer wieder stellten. Schließlich legten sie sich auf eine Wette fest: Wird die Kette geschlossen, dann predigt Pfarrer Karl Feser in der evangelischen Kirche, denn der evangelische Pfarrer Lutz Mertten wettete dagegen: Das ist zu schaffen.
Letztendlich stellte sich heraus, dass so viele Menschen gekommen waren, dass die Kette vollständig war, ja sogar bis zum Altar der katholischen Kirche reichte. Wette verloren, hieß es damit für Pfarrer Karl Feser. Am Sonntag löste er nun seinen Wetteinsatz – eine Predigt in der evangelischen Kirche – ein.
Dazu hatte Pfarrer Karl Feser seine Kerze von der Priesterweihe mitgebracht. Dort sind zwei Aussagen Jesu zu lesen: „Was sucht ihr?“ und „Kommt und seht!“ Aussagen, die sich die Kirche heute auf die Fahnen schreiben sollten. Warum, so Feser sollte man nicht einmal nach anderen Perspektiven fragen. Religiöse Angebote sei heute vielfältig und werden auch von vielen Menschen genutzt. Fragen müsse man sich, ob die Kirchengemeinden, egal ob evangelisch oder katholisch, das Angebot machen und sagen: Kommt und seht? und ob sie die Suchenden im Blick haben, um sie einzuladen. Es gehe um die Frage, wer Kontakte zu solchen Menschen hat und bereit ist eine Beziehung anzubieten. Wie aber gelingt es, dass Menschen erleben: da ist im Glauben Halt zu finden? Man müsste den gleichen Weg einschlagen wie die Jünger im Evangelium. „Wir müssen diesem Jesus folgen, uns einladen lassen.“
Ganz im Geist der Ökumene
Stimmen der Zuhörer: „Es war eine ganz tolle Predigt... ein hervorragender Prediger... wir sind begeistert... einfach toll, wenn ein Wetteinsatz die Ökumene so stärkt...“ Auch der evangelische Pfarrer Lutz Mertten war begeistert: „Der Karl ist ein hervorragender Prediger, das hat er bei diesem Wetteinsatz gezeigt.“ Schmunzelnd fügt er an, dass am kommenden Sonntag (21. Januar) bei der „Woche für die Einheit der Christen“ die evangelischen Gläubigen in die katholische Stadtpfarrkirche kommen. „Das könnte man doch beibehalten, einmal sind wir hier bei uns, dann bei Euch.“ Die Zustimmung der Kirchenbesucher jedenfalls hatte er.
Damit hat sich erneut gezeigt, auf welch festem Fundament mittlerweile die Ökumene in Bad Königshofen steht. Nach dem Sonntagsgottesdienst hatte die evangelische Kirchengemeinde zum Neujahrsempfang in das Gemeindehaus eingeladen. Das Pfarrerehepaar Tina und Lutz Mertten freuten sich über den regen Besuch beider Konfessionen. Sie ließen das „Lutherjahr“ Revue passieren. Viele Fotos zeigten, dass „Pappkamerad Martin Luther“, der gegen eine Spende ausgeliehen werden konnte, sich sehr gut „vermarkten“ ließ.
Immer wieder habe dies auch dazu geführt, dass es Gespräche rund um den Glauben gab.
Als ein besonderes Jahr, vor allem für die Jugend, nannte Lutz Mertten 2017. Jonathan Buchholz habe sich besonders engagiert. Mittlerweile wird ein Jugendheim im Keller des Gemeindehauses eingerichtet. „Das war schon immer mein Wunsch, dass die Jugend selbständig wird,“ sagte Pfarrer Mertten. Gefragt sei mittlerweile auch schon der Zuckerwattestand der evangelischen Jugend bei den Weihnachtsmärkten.
Tina Mertten verwies auf viel besondere Gottesdienste, die die Gemeinschaft und die Ökumene in Bad Königshofen tragen. Die regelmäßigen Beiträge des evangelischen Kirchenchores nannte die Pfarrerin und dankte Monika Oser und Harald Dietrich, die sich engagieren, ebenso dem Organistenteam. Das „Grabfeld-Ensemble“ nannte Pfarrer Lutz Mertten, dankte der Stadtkapelle Bad Königshofen, die beim Gemeindefest aufspielt. Er erwähnte die Konzerte zum Lutherjahr und dankte den Verantwortlichen der Berufsfachschule für Musik Bad Königshofen, die sich dieses Themas angenommen hatte. In der evangelischen Kirche sei die musikalische Verkündigung wichtiger Bestandteil.
Auf ökumenischer Ebene sind verschiedene Altersgruppen aktiv, so die junge Familie, oder auch das Team zum Kinderbibeltag. Eine Besonderheit war beim Familienzeltlager, als sich dort ein Junge taufen ließ.
Reformationsjubiläum groß gefeiert
Als „gloriosen Höhepunkt“ bezeichnete Pfarrer Lutz Mertten den Reformationsgottesdienst der Grabfeldgemeinden in der St. Jakobuskirche Irmelshausen. Hier habe sich gelebte Ökumene gezeigt, weshalb künftig dieser gemeinsame Gottesdienst jeweils zum Reformationsfest beibehalten wird. Ein Lob gab es für die neue Küsterin Edda Wyrwich. Sie sei eine Bereicherung für die Kirchengemeinde, sagte Pfarrer Lutz Mertten. Er verwies auch auf die Lichtstube, die von ihr eingerichtet wurde und gut angenommen wird. Dank galt Christian Buchholz, der in der Vakanz, den Mesnerdienst übernommen hatte.
Im Rückblick wurde an den verstorbenen Pfarrvikar Stefan Beetz erinnert. „Er fehlt!“ Zum Jahr 2018 sagte Pfarrer Lutz Mertten, dass die Kirchenrenovierung weiter voran geht und Gespräche mit Kirchenverwaltung und Architekt stattfinden. Wichtig sei es, dass die gute ökumenische Zusammenarbeit weiter geführt werde. Erinnert hat der evangelische Pfarrer an die Kirchenvorstandswahl im Oktober, bevor Tina und Lutz Mertten zum Weißwurstessen und zum Beisammensein einluden.