
Wer kennt es nicht, das berühmte Kinderbuch von Erich Kästner: Das fliegende Klassenzimmer. Genau der richtige Film für einen der berühmten Bischofsheimer Kinoabende. Doch so ein Böschemer Kinoabend verspricht stets mehr als einen kultigen Filmklassiker. Dazu verwöhnt das Team der Touristinformation auch in diesem Jahr wieder die Gäste.
Das Böschemer Erlebeniskino im Rahmen der Winterwochen gibt es nun seit zehn Jahren. Zum Jubiläum wurde erst einmal tüchtig angestoßen, und dann gab es eine tolle Überraschung. Tourismusreferent Gerhard Nägler hatte im Vorfeld von einem Überraschungsgast gesprochen und tatsächlich, in der ersten Reihe saß ein älterer Herr, der sich als Peter Tost zu erkennen gab. Als 15-Jähriger hatte Tost eine der Hauptrollen in dem Film, er spielte an der Seite von Peter Kraus den jungen Martin Taler, einen der Schüler des Kirchberger Internats.
Schauspieler lebt in Sandberg
Peter Tost lebt heute in Sandberg. Viele Jahre war er als Schauspieler und später als Kameramann tätig. Nach dem Erfolg beim fliegenden Klassenzimmer spielte er unter anderem den Schmiedesohn Mans in den beiden Filmen „Die Mädels vom Immenhof“ und „Hochzeit auf Immenhof“.
Das fliegende Klassenzimmer wurde 1954 gedreht. „Die Aufnahmen entstanden in Kufstein, auf der Burg Marquartstein und im Münchner Atelier“, erinnert sich Tost an die damalige Zeit. „Wir Kinder hatten wunderbare erwachsene Partner, wie Paul Dahlke, Heliane Bei, Paul Klinger und Erich Ponto. Für die älteren Herrschaften sind das bekannte Namen. Diese Schauspieler waren Granaten.“ Außer Peter Kraus, der damals auch gerade mal 15 Jahre alt war, lebt heute keiner der damaligen Akteure mehr, bedauert Tost.
Noch gut kann er sich daran erinnern, wie er die Rolle des Martin Taler bekam. In der Münchner Abendzeitung stand eine Ausschreibung, dass Kinder für die Verfilmung von Erich Kästners Buch gesucht werden. 2000 meldeten sich. „Wir wurden in ein Büro in der Leopoldstraße in München geschleust. Der Andrang war so groß, dass die Polizei die Straße sperren musste.“
Zunächst wurde eine Erstauswahl vorgenommen, an der auch Erich Kästner beteiligt war. Zwei bis drei Wochen hörte Peter Tost nichts mehr, doch dann wurden seine Eltern informiert, er war in die engere Wahl gekommen. „20 Kinder waren wir, es wurden erste Probeaufnahmen gemacht.“
Intensive Probeaufnahmen waren es, denn es wurden schon die Sprechrollen ausgewählt, erinnert er sich. Dann stand es fest, Peter Tost bekam die Rolle des Martin Taler. Die Dreharbeiten begannen. „Wir hatten kaum Schauspielerfahrung. Aber die erwachsenen Schauspieler waren als Profis so traumhaft zu uns, dass auch sensible Szenen wie mit Paul Dahlke kein Problem waren. Er hat mich mit Handbewegungen gesteuert. Ich wusste genau, was er wollte. Es war eine wunderbare harmonische Arbeit.“
Anstachelung und Streiche
Peter Tost kann sich noch an viele Einzelheiten der Dreharbeiten und das Drumherum erinnern. Wie der Aufnahmeleiter die Jungs bei der Prügelei richtig heiß machte, wie dem eitlen Peter Vogel, der den schönen Theodor spielte, ein Brötchen dick mit Abschminke geschmiert wurde, ordentlich garniert mit Pfeffer, Salz und Zwiebelringen und er daraufhin unsägliche Bauchkrämpfe bekam. „Aber im Nachhinein haben wir alle herzlich lachen können.“
Der Film wurde am 2. September 1954 im Luitpold-Theater in München uraufgeführt. „Die Straße musste gesperrt werden, so einen Zulauf hatte der Film von Erich Kästner.“ Zwar musste die Straße in Bischofsheim wegen zu großen Zulaufs nicht gesperrt werden, aber der Kinoabend der Böschemer Winterwochen war wieder restlos ausverkauft. Viele Besucher sind inzwischen zu Stammgästen geworden, die Jahr für Jahr mit dabei sind.
Den Zuschauern in Bischofsheim wünschte Peter Tost viel Spaß und auch sensible Momente mit dem fliegenden Klassenzimmer, dem Schwarz-Weiß-Film aus dem Jahr 1954.